Ich bin immer noch überwältigt von eurem Feedback zu meiner Kochbuchidee. Wow, tausend Dank dafür! Neben der Frage, ob das Buch bereits vorbestellbar sei (ihr seid echt der Wahnsinn!), habe ich zig Dutzend Mal die Frage geschickt bekommen, wie ich das um Himmelswillen zeitlich alles schaffe. Und ob mein Tag mehr Stunden hätte als eurer…
Hat er natürlich nicht. Und ich schaffe natürlich nicht alles. Und bin oft wahnsinnig frustriert. Oder weine wirklich abends im Bett kurz, weil mal wieder alles zu viel ist. Trotzdem liebe ich es, genauso wie es ist. Und wenn ich darüber nachdenke, sind mir diese kleinen Zeitbonbons eingefallen, die ich im Alltag öfter mal platzen lasse. Eigentlich nix wildes, aber vielleicht sind sie ja doch eine kleine Anregung auch für dich…
1. Ich traue mich, um Hilfe zu bitten. Erst gestern wieder: Am Donnerstag shooten wir für mein Buch, der Mann ist ebenfalls unterwegs, also habe ich eine liebe Kindergartenmama gefragt, ob sie die beiden Großen mitnehmen könnte. Mir ist das nicht leicht gefallen, gerade weil es gleich zwei Kinder sind, aber ich habe es einfach gemacht. Opa von nebenan übernimmt außerdem an drei Tagen das Hobby-Taxi. Ein riesengroßer rosa Zeitbonbon.
2. Ich vernachlässige meinen Haushalt. Im Wohnzimmer liegen gerade mal wieder überall Haufen: halb ausgepackte Pakete auf dem Sofa, Bücherstapel, Spielzeug, Gedöns auf der Kücheninsel. Der Flur ist beinahe so sandig wie der Vorgarten, im Hauswirtschaftsraum warten seit Tagen drei übervolle Wäschekörbe, das Spielzimmer ist kaum zu betreten. Ja, es stört mich. Aber ich schaffe es, das Chaos (zumindest für eine Weile) zu ertragen. Weil ich weiß, dass beides, ein- oder mehrere Herzensprojekte und ein ordentliches Haus – nicht geht. Ich mache mir also einen Kaffee und setze mich zum Arbeiten in den Wintergarten, in dem ich das Chaos nicht sehe. Im Kopf wiederhole ich mein Mantra: “Nach dem Buch, sieht es hier wieder besser aus – besser aus – besser aus.” Und am nächsten Morgen werden die Socken eben wieder unten aus dem Korb gefischt, statt aus dem Schrank.
3. Ich versuche mich nicht zu stressen, sondern nach dem “Most important things first”- Prinzip zu handeln. Das sind zuallererst: die Kinder. Montag hatte ich mir wahnsinnig viel vorgenommen: ein paar Sachen fürs Kochbuch Probe kochen (und die Rezepte immer noch weiter verbessern), endlich die drei Körbe Wäsche zusammenlegen, das Gemüsebeet umgraben. Was ich gemacht habe: Nach dem Tennistraining der Großen noch eine Feierabendrunde mit allen vieren zum Spielplatz. Sie hatten sich das schon seit ein paar Tagen gewünscht, ich hatte sie mehrmals vertröstet. Jetzt war ihr Wunsch most important. Ich wusste: alles andere würde abends auch noch gehen. Zeit mit ihnen nicht. Bäm, schnell entschieden. Hinterher war ich froh drüber, trotz Streiterei auf dem Weg und langem abendlichen Tastentippen.
4. Überhaupt: Ich schlafe wenig. Ich gehe meist zwischen Mitternacht und ein Uhr nachts ins Bett. Ich arbeite an den allermeisten Abenden für den Blog. Bei manchen Sachen (Fotos bearbeiten, Pinterest-Pins erstellen) schaue ich manchmal eine Serie nebenbei (oder ein dusseliges Format im Fernsehen zur Entspannung). An manchen Abenden kann ich Artikel texten, an manchen bin ich zu müde.
5. Ich versuche weniger online zu sein. Ich poste nicht mehr täglich etwas auf Social Media, ich denke nicht täglich in Instagram Stories. Ja, ich könnte dadurch viel schneller wachsen, aber online sein ist und bleibt ein riesiger Zeitfresser. Ich versuche nachmittags mein Handy weit, weit wegzulegen. Vormittags während ich texte sowieso.
6. Ich erinnere mich permanent daran, dass 95 Prozent gut genug ist. Meine Bluse ist nicht hundertprozentig perfekt gesteamt – egal. Die Kücheninsel ist endlich frei geräumt, das Sofa noch nicht – immerhin ein Anfang. Ich bin ganz sicher, ich könnte diesen Artikel noch witziger, noch pointierter texten, wenn ich noch ein paar Tage länger drüber nachdenken und daran herumfeilen würde – aber ich klicke ihn heute hinaus. Weil die anderen in den allermeisten Fällen gar nicht merken, dass es nur 98 Prozent sind.
7. Meine Arbeit ist meine Me-Time. Vielleicht das Wichtigste: Ich gehe nicht gern zur Kosmetik, sehr selten shoppen, wenig in Cafés, nicht schwimmen, verabrede mich sogar selten zu Mama-Dates (das könnte ich mal wieder öfter). Ich arbeite wirklich gern. Für den Blog schreiben, Bücher schreiben, Dinge für den Shop erfinden ist mein Hobby, auch wenn es längst ein bisschen mehr ist. Im Schreib-Flow zu sein ist wie Meditation für mich.
8. Ich habe keine festen Sport-Termine. Außer eine Abmachung mit mir selbst. Wenn ich Sport mache, gehe ich joggen. Das versuche ich gerade wieder zwei mal in der Woche, klappt fast immer, einmal morgens, einmal am Wochenende. Es klappt, weil ich es zeitlich spontan reinpacken, wenn es gerade passt. Ich habe keine Anfahrt, keine Rückfahrt, dusche in meiner Dusche – und plaudere dabei meist schon wieder mit einem meiner Kinder.
8. Ich entscheide schnell. Ein wichtiger Tipp, weil nachdenken so viel Zeit kostet und einen sehr einnimmt. Ich habe lange Zeit lange über alles gegrübelt, ewig hin und her überlegt. Habe ich abgeschafft. Wenn eine Bloganfrage reinkommt – entscheide ich meist binnen Sekunden. Wenn wir überlegen, ob wir den weißen oder grauen Kaninchenstall wollen – höre ich knickknack auf mein Herz und wir nehmen den grauen. Abends lieber Hühnchen oder Pfannkuchen? Dürfen die Kids entscheiden, also Pfannkuchen. Eine Diskussion mit einem meiner Kinder? Ich überlege blitzschnell – zack, entschieden. Und raus damit aus dem Kopf.
9. Ich nutze jede Minute. Wenn ich morgens schreiben will, lasse ich das Küchenchaos Küchenchaos sein und die Wäscheberge Wäscheberge. Dann schreibe ich. Meist gehe ich nicht mal ans Telefon. Spielen die Kinder nachmittags eine Weile im Garten, setze ich mich so, dass ich sie sehe und fahre mein Laptop hoch. Einen schmissigen ersten Satz finden, einen Absatz schreiben, ein paar Fotos einpflegen geht immer. Was ich dringend noch üben muss: meine Arbeit sofort zu unterbrechen, wenn sie wieder herein kommen. Der Nachmittags gehört nämlich bis auf wichtige Ausnahmen ihnen.
10. Ein großes Glück: Mein Mann hilft mir. Er macht die Steuern, die Technik, kümmert sich um Verträge und den Shop. Er holt in der Woche öfter die Kinder ab und schaufelt mir damit noch eine halbe Stunde frei, er liest oft zwei von vier Gute-Nacht-Geschichten vor, selbst wenn sich in seinem Büro die Aktenberge stapeln. Er motzt nicht, wenn es drei Mal hintereinander Nudeln gibt und fragt immer wieder: “Was kann ich dir abnehmen?” Und manchmal überredet er mich zu einer gemeinsamen Folge unserer derzeitigen Lieblings-Serie nebeneinander auf dem Sofa. Das ist dann kein Zeitbonbon. Aber eine Bonbonzeit.
PS. Hast du Zeitbonbons, die du mit uns teilen magst?
PPS. Wie wir uns Alltag organisieren.
Alles Liebe,
Du machst das alles so wunderbar und richtig und bist eine große Inspiration. Mir hat kürzlich mal geholfen bei einer Freundin, die wie wir zwei kleine Kinder hat, zu Besuch zu sein: neues tolles Haus, Putzfrau, Kinderfrau. Als ich ankam, sah das Wohnzimmer aus wie ein Schlachtfeld. Sie hat sich tausendmal bei mir entschuldigt und ich war einfach nur glücklich und dachte: Wahnsinn, sieht ja noch schlimmer aus als bei uns (keine Kinderfrau, keine Putzhilfe). Ich dachte vorher immer, es sieht NUR bei uns so chaotisch aus. Jetzt weiss ich wieder, ist gar nicht so schlimm. Das weiß man natürlich vorher aus, aber manchmal hilft es, daran erinnert zu werden. Jetzt lass ich auch manchmal wieder was liegen, wenn ich schreiben will/muss. Liebe Grüsse!
Haha, das finde ich echt super! Wenn es bei einem selbst gerade richtig chaotisch aussieht, kann man sich immerhin sagen, dass die anderen, die das sehen, sich dann ein bisschen besser fühlen und man damit quasi ein gutes Werk getan hat. Außerdem ist es ja total lebendig und das finde ich dann auch schön.
Liebe Grüße
Du machst das alles 1a & genau richtig, auch wenn es ein Mega Spagat jeden Tag ist hört sich alles so wunderbar einfach bei Dir an 🙂
Liebe Grüße Steffi
Danke für das Teilen deiner Zeitbonbons, vor allem “Entscheide schnell” hat mich sofort angesprochen. Ich verbringe oft viel Zeit mit Recherchen, ob ich nicht doch noch was Schöneres, Passenderes, Preiswerteres, Originelleres … finde.
Trotz allem muss man schon sehr diszipliniert sein, um eine Großfamilie und Herzensprojekte unter einen Hut zu bekommen. Ganz großen Respekt! ♥
Was uns mit unseren vier Kindern tatsächlich viel Zeit einspart ist, dass wir nur noch Termine wahrnehmen, die mindestens einem in der Familie wichtig sind. Zwar hat es am Anfang Überwindung gekostet, Einladungen oder die Teilnahme an Veranstaltungen abzusagen. Aber man muss nicht auf allen Hochzeiten tanzen …
P.S. Ich hoffe in deinem Kochbuch finden sich auch einige Ruck-Zuck-Rezepte ☺
Liebe Claudia, vielen Dank für Deine Worte! Ich finde mich selbst sehr in Deiner Situation wieder. Der Spagat zwischen Kindern, Haushalt und selbstständiger kreativer Arbeit von zu Hause aus ist eine wirkliche Herausforderung. Prioritäten setzen und diese dann beherzt umsetzen, das ist das Geheimnis. Und die anderen Bereiche, vor allem das zeitweilige Chaos um einen herum, einfach ausblenden. Kinder gehen natürlich vor, da müssen die anderen Aufgaben dann auch mal warten. Und früh aufstehen- im Moment stehe ich zum Beispiel tatsächlich um 5:00 Uhr auf und genieße die Ruhe, in der ich schon die erste Runde arbeiten kann. Oder einfach mal nur dasitze und Ideen aufschreibe. Und genau- ohne unsere tollen Partner wäre das Ganze auch nicht so zu wuppen.
Ich finde es toll, was Du auf die Beine stellst und lese Deine Texte sehr gerne. Vielen Dank für die vielen tollen Inspirationen und Einblicke!!!
Liebe Grüße aus Berlin!
Liebe Claudia, das ist wieder mal ein Textbonbon von Dir 🙂 Vielen Dank, das klingt nach seeeehr viel Power, die da in Dir steckt – gepaart mit gesundem Selbstverständnis (und -bewusstsein) und einer tollen Entspanntheit bei allem Trubel. Liebe Grüße und ganz viel Erfolg beim Kochbuch! Dorothee
Bonbonzeit – Wunderbar
Ganz wichtig finde ich: es gibt mehr Lücken im Tagesablauf wenn man mehr als ein Kind hat. Das fällt mir immer wieder auf! Wenn zusammen gespielt wird, kann man neben dem gelegentlichen Streit schlichten nämlich viel besser essen vorbereiten, bisschen Wäsche aufhängen oder einen Stapel Zeug sortieren. Und ist ja nicht schlimm wenn man nicht alles am Stück schafft. Diese kleinen Inseln gibts immer wieder.
Bei uns geht im Moment die Zeit zu zweit ziemlich komplett für Arbeit drauf, dafür achten wir drauf dass es Nachmittags Zeit zusammen gibt- Kinder und beide Eltern. Das ist uns wichtiger.
Und die Kinder mal jemandem anvertrauen finde ich ganz wichtig! Gerade ohne Großeltern in der Nähe total gut! Einen Nachmittag alle bei uns, den nächsten alle bei den anderen und ich habe Zeit für die Arbeit.
Gutes Gelingen mit dem Kochbuch! Ich habe gerade ein ziemlich ähnlich klingendes Kochbuch als Master Projekt gemacht. Rezepte. Bilder. Anekdoten.
Bin gespannt auf deines!
Da finde ich mich auch wieder in deinem schönen Bonbontext… Oft fällt es mir schwer, einfach etwas stehen zu lassen, da ich sehr perfektionistisch bin. Aber ich lerne es mit jedem weiteren Kind besser.
LG von Maria (mit 6 Söhnen + Mann ist es hier auch gerade nicht so ordentlich wie ich es gern hätte… Aber das Frühlingswetter genießen geht heute vor)
Dazu fällt mir doch gleich mein Lieblingssatz von der wunderbaren Steffi vom Blog Ohhhmhhh ein: “Hinter jeder erfolgreichen Frau steht … eine Menge Chaos. Never forget!”
Du machst das wunderbar und das neue Kochbuch wird großartig werden!
Alles, alles Liebe
Marion
Danke für deine Zeitbonbons… Auch nicht von zuhause, sondern extern arbeitend, sind das so einfache, und doch wirksame Anregungen.
Viele davon praktiziere ich ähnlich, schnell entscheiden schaffe ich nie bei anstehenden Kindergeschenken. Da überlege ich viel zu lange hin und her. Das könnte ich jetzt zu Ostern üben.
Bei Zweien ist es sowieso einfach, und dem Kleinsten ist momentan nichts recht zu machen. Da kann ich noch so lange Ideen wälzen. Ich weiß ja, es geht vorbei, er macht es nicht mit Absicht, letztes Kindergartenjahr und ein bevorstehendes Geschwisterchen sind schon große Veränderungen… aber kombiniert mit der Zeitumstellung diese Woche würde ich mir die doppelte Zeit wünschen, um mich zwischendurch von den Krisen erholen zu können. Vielleicht dann direkt heute mit Bonbonzeit statt Wäschebergen.
Liebe Claudia,
Dein Blogpost hier war für mich heute DIE “Bonbonzeit”. – Ich finde mich darin sooo wieder.
Herzensprojekt UND weiterhin Perfektionismus in allen Dingen ist einfach nicht stemmbar.
Meine allerersten Zeitbonbons mit Start meines KreativBusiness waren:
* Ich bin nicht mehr der “Garten-Sklave”… nur vor dem Haus wird noch das nötigste gemacht ;-)))
* Kochen: Alles was schnell geht
* Meine “Männer” sind groß, die können nun vieles auch selber. Oder es bleibt eben liegen und soll auch mich nicht weiter stören 😉
Und es entwickelt sich…
* Das neue Hobby meines Mannes: Kochen :-)))
* Nach 5 Jahren entdeckt nun auch mein Mann den “Dschungel” im Garten. Hihi, und: Nun wird hier gemeinsam im Garten geschuftet. – Das geht mindestens doppelt so schnell und macht dreimal so viel Spaß.
Vielen Dank für diese schöne Text-Auszeit.
Liebe Grüße
Andi(-amo)
Super ehrliche und konkrete Tipps. Danke. Vor allem für den „Schnell-entscheiden-und fertig“-Tipp. Da muss ich dran arbeiten.
Liebste Grüße
Eva