Kürzlich habe ich mir mein selbst angerührtes Müsli mitgebracht, als ich zum Frühstück eingeladen war. Weil ich ja nicht wusste, ob die Gastgeberin Lein- und Flohsamen vorrätig hatte oder Früchte, wie ich sie zu meinem Frühstücks-Skyr mag. Ich habe vorher nur kurz überlegt, ob es sehr seltsam von mir ist, “Definitiv!” gedacht – und es trotzdem so gemacht. Weil ich weiß, wie viel besser ich mich meist fühle, wenn ich an meinen Routinen festhalte. Aber spleenig ist es trotzdem…

Je älter ich werde, desto mehr merke ich, wie sehr ich an Gewohnheiten hänge. Wie wichtig es für mich und mein Wohlbefinden ist, nicht zu sehr an Vertrautem zu rütteln. Nicht, weil ich keine Lust auf etwas Neues hätte. Sondern eher, weil meine Wellbeing-Routinen das Ergebnis nach vielen Fails sind, die mir und meinem Körper nicht guttun.

Was Essen, Schlaf und Sport anbelangt, bin ich mittlerweile eine ziemlich rigorose Routine-Anhängerin.

Ich starte nicht mit Brötchen in den Tag und esse nicht nach 19 Uhr, weil das meinen Bauch stresst. Ich trinke ab 15 Uhr keinen Kaffee, weil ich damit später nicht einschlafen kann. Ich gehe ungern nach 23 Uhr schlafen, weil der nächste Tag dann immer so zäh ist, vertrage keinen Alkohol mehr und zu viel Schoki auch nicht.

Was im Alltag für mich meist kein Problem darstellt, wird schräger im Kontakt mit anderen. Weil ich plötzlich das Gefühl habe, mich positionieren, erklären zu müssen, was für mich sonst selbstverständlich ist. Plötzlich wieder vor der Entscheidung zu stehen:

Mach’ ich jetzt bei den anderen mit – oder bleibe ich bei mir?

Schließlich ist es für den Moment meist lustig (und oft einfacher), sich dem gemeinsamen Flow zu ergeben. Doch zwei Glas Wein zu trinken. Doch noch kurz vor Mitternacht die Chips zu öffnen und anschließend über die Salted-Caramel-Tafel herzufallen. Doch erst viel zu spät ins Bett gehen, weil man noch so nett gequatscht hat. Für den Augenblick immer ganz wunderbar – und am nächsten Tag gibt’s den schlechte-Gewohnheiten-Kater. Weil: Es rächt sich mittlerweile immer. Wirklich immer.

Oder – wenn man seinen Wellness-Prinzipien treu bleibt – mit dem etwas schalen Gefühl der spießigen Spaßbremse zurückzubleiben: Nicht ausgelassen mitzuessen, zu trinken, zu feiern – und als Erste ins Bett zu gehen. Dabeisein ist alles? Vielleicht. Aber es fühlt sich trotzdem schrullig an, sich vornehm zurückzuhalten, während es die anderen krachen lassen.

Die Stolperfallen meiner Spleens wurden mir kürzlich besonders bewusst.

Da waren wir mit zwei befreundeten Familien ein paar Tage an der Nordsee – und hatten eine richtig gute Zeit. Jeden Abend kamen wir in der größten Wohnung unseres Ferienhauses zusammen und haben zusammen gekocht: In geselliger Runde gequatscht und den Abend mit großem Dinner zu später Stunde zelebriert. Wie man sich das so vorstellt im Urlaub.

Nur: Eigentlich esse ich im Alltag immer mittags und nicht abends. Mein Hunger meldete sich also immer bereits vehement zur Lunchzeit. Bis zum Abend hatte ich mich deswegen oft so satt gesnackt, dass ich eigentlich nicht mehr wirklich Appetit hatte. Aber das gemütliche Abendessen deswegen ausfallen lassen “Danke, für mich bitte nichts…?” Auch doof. Also habe ich meist Fünfe gerade sein lassen – und bin mit Blähbauch durch unsere Tage gekommen.

Manchmal bin ich dennoch ziemlich genervt von dem Gewohnheitstier in mir.

Ich werde komisch, wenn ich nicht genug Gemüse esse, kriege schlechte Laune. wenn ich morgens keinen Sport mache und Verstopfung von zu viel Comfort Food. Mein Körper sagt mir also ziemlich deutlich, was er braucht und will. Eigentlich nicht verkehrt. Aber in Gesellschaft von Menschen, die gänzlich andere Routinen (Spleens?) haben, fühle ich mich mit meinem persönlichen Routine-Rhythmus einfach oft so schrullig. Seufz.

Blame it on the Menopause? Im Zweifel ja. Wäre ja nicht erste Thema, das mit dem Überschreiten der 45 plötzliche eine andere Dringlichkeit bekommt. Das vieles, was vorher klar und irgendwie unkomplizierter war, gehörig durchrüttelt. Bitte sagt mir, dass ihr auch schon Schrulligkeiten an euch entdeckt habt, damit ich mich damit nicht so allein fühle…

Alles Liebe,

Katia