Als letzte Woche Mittsommer war und meine Gedanken rund ums Kochbuch tanzten, statt mit Freunden im Garten rund um einen Baum, war da mal wieder dieser kurze Moment: Mache ich eigentlich das, was ich machen will? Und überhaupt: Wie viel Raum will ich meiner Arbeit in meinem Leben geben…?

Vor einer Weile hatte ich darüber eine hitzige Diskussion mit einer Bekannten bei einem Mädelsabend. „Es wär doch ungerecht!“, schimpfte sie, „dass man nur erfolgreich im Job sein könne, wenn man sehr viel arbeite…“ Ich zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Äh, aber ist doch irgendwie klar?“, sagte ich. „Man muss sich eben entscheiden, was man will.“ Sie piekste eine störrische Tomate auf ihre Gabel. „Warum muss ich mich entscheiden?“, raunte sie. „Warum kann man nicht in 15 Wochenstunden Karriere machen?“ Ich biss mir auf die Lippe. Dann platzte ich raus:

„Weil du auch nicht gleichzeitig rumvögeln und treu sein kannst.“

Die anderen am Tisch lachten. Dabei habe ich das Gefühl, dass das eine der krassesten Einsichten des Alters ist: Nämlich die Einsicht, dass nicht alles geht. Kriege ich Kinder, entscheide ich mich damit gegen ein Leben ohne Kinder. Punkt. Will ich die meiste Zeit des Jahres rumreisen, kann das nichts werden mit dem Haus-Heim-Hühner-Selbstversorger-Traum. Und auch wenn jobmäßig später immer noch was geht – und auch nochmal ganz neu – geht eben nicht alles. Und schon gar nicht alles auf einmal. Und vieles geht eben auch nicht mehr.

„Ist es das denn wirklich wert?“, fragte mich meine Mutter immer wieder, als ich in den Anfangszeiten meines Blogs totmüde stillend und textend auf dem Sofa saß. Stunden, Tage, Wochen, Jahre habe ich dafür gearbeitet, lange Zeit, ohne auch nur einen Cent damit zu verdienen. Gelesen haben es eine Handvoll Freundinnen. Und ja, oft habe ich mich selbst gefragt, ob ich mich nicht lieber mit einer von ihnen im Garten auf einen Kaffee hätte treffen sollen, statt an einer Vision zu arbeiten, die vielleicht nie von schwarzweiß zu farbig wird.

Heute denke ich, der Gedanke, es nicht zu tun, fühlte sich einfach immer noch schrecklicher an, als es zu tun.

Also tat ich es und machte immer weiter. Es wuchs die Erfahrung, dass mir etwas positive Energie geben kann, obwohl es mir gleichzeitig Energie raubt (wie meine Kids!). Ich habe heute das Glück, dass ich jobmäßig das tue, was ich liebe und damit auch noch Geld verdiene. Trotzdem ist es natürlich nicht täglich eine Party. Kein Job ist nur schön. Es war verdammt viel Arbeit, etwas aufzubauen und es ist verdammt noch viel mehr Arbeit, es am Leben zu erhalten.

Als ich in Pandemiezeiten auf dem Zahnfleisch ging und dachte, nach noch einem Tag mehr im Homeoffice mit gleichzeitigem Homeschooling meiner Kinder bringe ich entweder sie oder mich um, meinte die Bekannte von oben: „Dann lass es doch einfach.“ Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Es fühlte sich an, als hätte sie mir geraten, mein Kinder ohne Brotkrumen in den Wald zu schicken, nur weil sie mich mal so richtig nervten.

Für mein Online-Magazin arbeiten seit einer Weile ein paar Mitarbeiter, ich arbeite also nicht mal mehr nur für mich. Ich habe Verantwortung. Das fühlt sich schön an – und gleichzeitig ganz schön beängstigend. Ich muss seither noch mehr Geld verdienen, um den Laden am Laufen zu halten. Und der Vorschlag von oben klingt für mich noch absurder. Aber ich liebe die Kreativität, die Flexibilität und dieses in Phasen arbeiten. Sogar phasenweise Stress ist okay. Weil ich mich dabei so lebendig fühle.

Ich denke, Erfolg hat viele Gesichter. Aber Erfolg hat mit Dranbleiben zu tun.

Mit Arbeit und mit an sich arbeiten. Mit der Entscheidung für etwas und mit Gas geben. Das kann im Job sein, oder in einem Hobby. Bei der Familienorganisation oder auf der Yogamatte. Erfolg ist für mich nie nur messbar an einem hohen Betrag auf der Honorarabrechnung – obwohl vernünftig honoriert werden, sich auch gut anfühlt. Aber hauptsächlich lässt sich Erfolg für mich darin ablesen, ob ich mein Bestes gegeben habe. Dann kann ich mir auf Schulter klopfen, dann kribbelt es Bauch. Dann bin ich stolz auf mich.

Immer wieder mal poppt in meinem Kopf in Leuchtschrift die Frage auf, ob es die viele Arbeit wert ist. Ob ich nicht lieber Lust habe, mehr mein Leben zu genießen. Spazieren zugehen, mit den Kindern zu spielen, ruhiger zu machen. Weil das in meinem Kopf so schön aussieht und sich die Vorstellung so gemütlich anfühlt. Manchmal boxe ich mir dann eine Stunde am Nachmittag frei, schnappe mir ein Memory und mein Kind und wir spielen drei Runden. Danach will mein Kind viel lieber mit der Nachbarin spielen – und mich ziehts an mein gemütliches Laptop, statt auf den Spazierpfad. Ich arbeite die meiste Zeit einfach echt gern. Und ich genieße es, mein Ding zu machen.

Wenn ich genau darüber nachdenke, will ich grad gar nicht spazieren gehen.

Ganz nüchtern betrachtet, möchte ich auch einfach unseren Lebensstandard halten. Den mag ich nämlich sehr. Leider verdienen die allerwenigstens Menschen die ich kenne, mit wenig tun viel. Ich auch nicht. Leider verdienen viele mit viel arbeiten viel zu wenig. Die eine Kleinigkeit, die ich dagegen tun kann: Meine Mitarbeiter fair bezahlen.

Und hier übrigens noch mein Trick, um regelmäßig zu überprüfen, ob ich gerade happy bin in Sachen Job: Einmal kurz überlegen, wie ich rückblickend kurz vor dem Tod darüber denken würde. Oder fröhlicher: „Wenn ich jetzt im Lotto gewinnen würde, was würde ich ändern?“ Ich gerade trotz Stress fast nichts. Ein paar Koops würde ich weglassen, aber sonst dürfte es so bleiben. Gutes Gefühl.

Fotos: Louisa Schlepper

Alles Liebe,

Claudi