Es war wegen des Sturms alles anders gelaufen als geplant: eigentlich wollte ich oben auf dem Berg meine erste Skistunde nehmen – stattdessen stand ich auf einem Spielplatz unten im Tal, mit sechs Stunden Zeit und zwei Kleinkindern an der Hand. Der Schnee war kniehoch und butterweich, die Kinder konnten sich keinen Meter allein bewegen ohne einzusinken. Ich stand neben der Schaukel, gab Anschwung und merkte, dass ich kribbelig wurde…
Arbeit und Kinder,
Ich war gar nicht groß wütend gewesen, dass die Gondel wegen des Sturms nicht fahren konnte: die beiden Kleinen und ich hatten eine schöne Stunde im Zoogeschäft verbracht, waren dann Eis essen gewesen. Hauptsache Zeit miteinander.

Und dann? Tappte ich in die Ehrgeiz-Falle. Vielleicht begann es damit, dass ich bloß kurz meine Mails checkte und darin gleich in drei an baldige Abgaben für Kooperationen erinnert wurde. Meine Kollegin in einem neuen Projekt wollte wissen wie es damit weiterginge und mein Sohn – “Mamaaaaaaaaaa!” – wollte Schaukelanschwung. Ich schwang mit der einen Hand und öffnete mit der anderen kurz Instagram. Sah dort großartige Posts und Stories und hatte sofort das Gefühl, ich müsste auch mal wieder etwas sehr gutes texten. Mein Sohn rief: „Mehr Anschwung…!“ Ich schupste mir selbst beinahe die Schaukel an den Kopf, so sehr überlegte ich, was ich tun könnte, um trotz der zwei Kleinen etwas für die Arbeit zu schaffen. Wenigstens ein bisschen.

Eine Weile später zurück in der Pension: Während sie neben mir am Esstisch malten, versuchte ich einen Artikel zu schreiben. Ich dachte nach – sie plauderten über den Schnee. Ich schrieb einen Satz – dann fiel der Stiftekasten herunter. Ich dachte über den nächsten Satz nach – da wünschte sich mein Sohn, dass ich ihm eine Gondel an seinen Buntstiftberg malte. Der andere malte mein Laptop an. Ich patzte los – und bereute es sofort.

Ich war so wütend auf mich selbst. Ich war wütend, weil ich meinen Text nicht fertig bekam. Es kribbelte in meinem Bauch, wenn ich daran dachte, was ich noch alles tun musste oder wollte. Und was tat ich? Ich malte Buntstiftgondeln.
Das Schlimmste aber war: Ich malte die Gondel ohne Liebe – dabei liebe ich es, mit meinen Kindern zu malen. Meine Arbeit, die liebe ich auch. Ich versuchte beides gut zu machen und machte nichts gut.

Warum, fragte ich mich, fiel es mir so schwer, die Situation so zu nehmen wie sie war? Die Arbeit auf später verschieben, die Mails bis zum Abend zu vergessen, das Handy weit wegzulegen und stattdessen die kleinen Abenteuer mit meinen Kindern zu genießen? Vor lauter Ehrgeiz, alles perfekt machen zu wollen, machte ich nichts perfekt. Und bekam richtig schlechte Laune.

Was mir in solchen Momenten hilft? Raus gehen aus der Situation. Weg von diesem Tisch. Tief einatmen. Im Klo einmal laut fluchen. Vielleicht ein Glas Wasser trinken, als Zeichen für meinen Körper, das sagt: „das war eben“, aber „das kommt jetzt“. Und um die doofen Gedanken aus dem Kopf zu spülen. Dann versuche ich wirklich realistisch zu sein und mir zu sagen: Also arbeiten geht grad eh nicht. Genieße ich doch die Kinder.

Meine beiden Kleinen und ich, wir sind dann rüber ins Spielzimmer gegangen. Ich hab mein Handy im Zimmer gelassen und die Gedanken an meine Arbeit. Ich habe stattdessen ein Magazin mitgenommen. Zum Glück. Es ist nämlich wieder alles anders gekommen: Im Spielraum war noch ein anderes Kind, mit dem meine Kinder nach kurzer Zeit begeistert spielten. Und ich? Hatte plötzlich Zeit für mein Magazin. Es war, als ob sich zwei gestritten hätten – und jetzt die dritte triumphierte. Die dritte hieß: Zeit für mich. Die tat auch mal gut.

Alles Liebe und ein schönes Wochenende,

Claudi