Eine der der seltsamsten Erkenntnisse mit größeren Kindern ist die, dass du nicht mehr alles toll findest, was dein Kind macht…

Als es klein war, konntest du Spinatspritzer und Wutanfälle unter “Das ist eine Phase” verbuchen.

Aber irgendwann ist dein Kind so groß wie du oder größer und was es macht, lässt dich mit dem Kopf schütteln, auf den es spucken könnte. Macht dich wütend, traurig, sprachlos. Und: es findet dich doof. Ja dich, nicht nur, was du machst. Hard Times…

Sein Blick auf deinen Körper im Bad sagt etwas, ohne etwas zu sagen. Ich erinnere mich an ihn. So hab ich meine Mutter angeschaut, als sie älter wurde und ich dachte: O Gott. Weil es mit 14, 15, 16 einfach unglaublich ist, ebenfalls mal ähnlich knittrig zu werden. Und weil ich mich doch immer noch so jung fühle. Dieser Blick sagt mir, dass ich es nicht mehr bin. Was gleichermaßen logisch, wie unglaublich ist. Oder bilde ich mir den Blick bloß ein? Weil ich mich gerade so kritisch betrachte…?

Ich frage nicht.

Soooo viele Themen grad, bei denen ich stattdessen mich frage, ob ich etwas dazu sagen, oder besser meinen Mund halten soll. Ob ein ernstes Wort das richtige wäre oder lieber Humor. Obwohl bei Humor immer die Frage ist, ob Teeniekinder ihn lustig finden. Harharhar. Cringe.

Ist es meine Pflicht, ihnen meine Meinung aufzudrängen oder meine Pflicht, zurückzutreten und sie machen zu lassen. Ihre Sichtweise zu akzeptieren? Das beginnt bei der Herangehensweise an Schule, geht weiter über Klamotten und Style, Hobbies und das, was ich an Filmen und Computerspielen für gut empfinde, während sie etwas ganz anderes gut finden.

Ständig Entscheidungen. Ständig die Frage, haue ich raus oder halte ich mich zurück.

Ich will, dass sie offen mit mir sind. Das ist mir wirklich wichtig. Also kann ich nicht immer bloß kritisch sein, weil sie mir dann vermutlich demnächst nichts mehr erzählen. Schon gar nicht das wirklich Wichtige. Da spreche ich aus eigener Erfahrung.

Wo geht Erziehung weiter und fängt loslassen an? Bei den Serien, die sie schauen, bei den Klamotten, die sie tragen? Bei der Musik, die sie hören. Nur weil es mir nicht gefällt, ist es doch Teil ihrer Kultur. Und ich natürlich kann mir nicht mehr jeden Song anhören und jede Serie zur Probe angucken.

Jetzt muss ich drauf vertrauen, dass meine bisherige Erziehung fruchtet. Und ihnen vertrauen.

Dass sie zu mir kommen, wenn wirklich was ist.  Ich möchte, dass sie ihren Style entwickeln dürfen. Ich finds sogar spannend, durch sie an den aktuellen Entwicklungen dran zu bleiben und nicht meine nostalgisch geprägte Kultur für das Maß aller Dinge halten. Auch wenn ich den Rich Kids Look seltsam finde. Auch wenn das nicht immer leicht zu ertragen ist. Aber das bin ich auch nicht für sie. Das spüre ich. Und das zwickt millionenmal mehr als ein Wutanfall auf dem Supermarktboden.

Ich möchte mir angewöhnen zu fragen, ob ich was dazu sagen darf.

Muss dann aber auch den Mund halten, wenn sie nein sagen. Ob ich das schaffe? Ich fürchte nicht. Grad versichere ich ihnen ständig, dass sie immer mit mir reden können und dennoch fällt es mir schwer, im Alltagswahnsinn die kleinen Momente zu erkennen und wirklich alles stehen und und liegen zu lassen, wenn sie  etwas wollen.

Leider poltere ich noch zu oft raus. Weil ich bin wie ich bin. Oft poltern wir uns dann an, aber danach ist alles wieder gut. Und dann sagen wir insidermäßig diesen einen Satz, der hier geheim bleibt, der für uns aber den Wahnsinn des Zusammenlebens und unseren Zusammenhalt beschreibt. Und wie ein Codewort für unsere Liebe ist.

Ich habe ein paar Wege entdeckt, im Gespräch zu bleiben..

Mich auf Krampf kurz in einen Sport oder ein Computerspiel einzulesen, nur für mein Kind, klappt nämlich überhaupt nicht. Es muss schon was sein, was uns wirklich beiden echte Freude macht: eine Folge einer englischen Serie am Abend zum Beispiel. Manchmal schweigen wir gemeinsam dabei, manchmal reden wir, beides schön.

Teenieliebe-Sprache 2: Essen. Teeniejungs haben immer Hunger, interessieren sich oft für Rezepte und kochen gern. Also kochen wir gemeinsam, oder sie freuen sich über mein Essen, oder sie kochen und ich freue mich riesig. Und wir schicken uns Koch-Reels.

Schon rein beruflich lasse ich mir gern ihre liebsten Tiktoker zeigen und frage sie nach Trends oder wie sie meine Ideen finden. So kann ich auch nebenbei in einem Gespräch einfließen lassen, wenn ich etwas dort richtig scheiße finde. Weil sie wissen, dass kein generelles „Allesscheiße“ ist.

Auch gut: Teenie doch zum Sport fahren, weil es zu doll regnet für Fahrrad. Radio an, oder Musik, von meinem Tag erzählen, zuhören. Verbindet so sehr, dass wir dabei sogar schon mal die Ausfahrt verpasst haben.

Überhaupt ein Lieblingstipp: von mir erzählen. Und zwar nicht von mir als Teenie in so einer cringen Damals-im-Ferienlager-Art und Weise, sondern von Struggeln heute. Von meinen Gedanken und Ängsten. Weil ich hoffe, dass sie zwischen den Sätzen was mitnehmen. Und weil sie gefühlt auch viel besser von sich reden, wenn das Spotlight nicht auf ihnen liegt.

Hast du noch einen Teenie-Tipp? 

Foto: Shutterstock

Claudi