Wir machen Ferien zu Hause. Was ich mir wünsche? Einen Reiseleiter! So einen mit beiger Outdoorweste und Mikro wie damals im Bus. Einer der mir sagt: “Jetzt machen wir einen Ausflug!”, oder “links sehen Sie den Kölner Dom!” und der für den Rest des Tages “zur freien Verfügung” ins Programm schreibt. Fakt ist, wenn wir zuhause Urlaub machen, will ich alles: “Den Kindern mit Lagerfeuer, Stockbrot, Kreativprojekten und Kinoabenden einen gute Zeit machen, endlich den Dachboden entrümpeln, das Arbeitszimmer aufräumen, die Wäscheberge erklimmen, 1000 Bücher lesen und, ha, mich entspannen…
Ich bin einfach nicht gut darin. In Daheimien ist immer was. Wenn wir hier sind, gehe ich trotz Ferien ans Telefon, mein Mann schickt keine Mandanten weg und wir sagen auch nicht “Nein”, wenn jemand auf unserem Mehrgenerationen-Hof etwas von uns will. Natürlich nicht. Ich ärgere mich nicht über die, die anrufen und vor der Tür stehen. Ich ärgere mich über mich.
“Entspann dich doch mal!”, zische ich mir zu. Es sind schließlich Ferien. FERIEN! Ich bin selbst schwer genervt von meiner Ruhelosigkeit. Ich wäre so gern die lässige Staycationerin, die alles auf einmal schafft. Beziehungsweise eine, die es schafft, für eine sonnige Stunde im Garten zu buddeln, sich dann auf die Gartenliege zu legen und abends entspannt mit allen zu kochen.
Bei mir werden aus einer Stunde Gartenbuddeln sechs. Das Unkraut wird immer widerspenstiger, die Kinder auch. Meine Stimme zischt genervt, trotzdem streiche ich erstmal die Gartenliege, beantworte siebzehn Mails im Stehen, bin völlig alle und koche abends allein, weil zusammen kochen noch mehr Energie bräuchte.
Ach menno, das ist doch blöd.
Dieses Mal kommt noch dazu, dass wir vorsichtshalber in Quarantäne sind, jegliche Ausflüge also wegfallen. Als ich da vorgestern in meiner Instagram-Story drüber gesprochen habe, haben mir so viele geschrieben, dass es ihnen ähnlich ginge. Was ich irgendwie beruhigend finde. Und ihr habt ein paar Tipps geschickt. Die waren so toll, dass ich dachte, ich sammele die hier mal, als Inspiration für meine restlichen Ferientage, fürs nächste Mal – und für euch.
Abschreckendes Beispiel: “Ich plane gleich am Anfang eine große Ausmist- und Aufräumaktion ein. Dann hat man etwas geschafft und es hinter sich. Und auf die Kinder wirkt das meist so abschreckend, dass sie danach eine Weile viel besser Ordnung halten.”
Spa at Home: “Bei mir hilft eine tägliche Yin Yoga Einheit von Mady Morrisson. Dazu ein Duftöl und hinterher ein Schaumbad mit abgeschlossener Tür, einem Glas Sekt und Lieblingsmusik.”
Chaosverbot: “Bei uns ist das Wohnzimmer in den Ferien nur noch zum Fernsehen frei gegeben. Sprich, es ist spielzeugfreie Zone. Das bringt so viel Ruhe rein und abends gibt es keinen Streit ums Aufräumen.”
Kulinarisch weg: “Wir probieren dieses Jahr einen Themenurlaub zuhause. Wir suchen uns eine Region aus, in die wir gerne mal reisen würden. Dazu suchen wir ganz viele Rezepte zusammen und kochen uns schon mal vorab dahin.”
Was hilft: Rappeldicker Kühlschrank und weise Worte von Steve
Perfekte Vorbereitung: “Ich wasche vorher die ganze Wäsche weg, wir putzen gemeinsam das Haus, füllen den Kühlschrank rappeldicke, auch mit Dingen, die wir sonst nicht kaufen würden öffnen den ganzen Urlaub über keine Post. Dazu kochen wir ein paar mal gemeinsam und machen ein paar schöne Ausflüge.”
Wechselmodell: “Wir machen im Urlaub immer abwechselnd einen Ausflug und Chillaxen. Das funktioniert super bei uns.”
Kluge Worte: “Ich schreibe außer einer TO-DO-Liste auch immer eine LET-IT-BE-Liste, mit Dingen, die ich bewusst weglassen. Ein Zitat von Steve Jobs hilft mir dabei sehr: Viele Leute glauben, sich zu fokussieren bedeutet JA zu den Dingen zu sagen, auf die ich mich konzentriere. Aber das stimmt nicht. Es bedeutet NEIN zu den hundert anderen guten Ideen zu sagen, die es auch noch gibt. Ich bin genau so stolz auf die Dinge, die wir nicht getan haben, wie auf die Dinge, die wir getan haben. Innovation heißt NEIN zu tausenden Dingen zu sagen.”
Klare Ansage: “Jeder von uns darf mal da und doch weg sein. Wir sagen den Kindern ganz klar, wer jetzt zuständig ist, der andere darf sein Ding machen. Funktioniert ganz gut.”
Ich war mir gestern ab sechzehn Uhr ein Reiseleiter. Immerhin. Hab mich vom Computer weggejagt, wie der beigewestige damals die langsamen von der letzten Busbank. Hab mir streng ins Mikro gesagt, dass jetzt Schluss ist mit Arbeiten und Haushalt. Hab mich eine Runde um den Block geschickt, ohne Podcasts auf den Ohren, einfach so. Dann haben die Kinder gekocht und ich habe ihnen geholfen. Abends standen eine halbe Stunde “Gesellschaftsspiele” auf dem Programm. Danach hatte ich “Zeit zur freien Verfügung” – und mein Reiseleiter Feierabend. Es war ein Anfang.
Foto: Louisa Schlepper
Schönstes Wochenende!
Ein richtig richtig guter Anfang!!!
Toll gemacht!! Und wer darf heute Reiseleiter sein?
Schöne Tipps, dir du bekommen hast! Vielen Dank fürs Teilen! Ich picke mir für heute Kluge Worte und klare Ansage raus! Und du? Neuer Tag, neues Glück 😉
Hab(t) einen schönen Tag!
Herzensgrüße, Madlen
Absolut! Danke dir für dein Feedback. Heute bin ich es, und nach einer kleinen Arbeitseinheit schicke ich mich selbst auf die Couch! Alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi, ich mache morgen aus dem Wochenende einen Nein Tag. Ziehe mir Freitag abend die Outdoorweste über und notiere den Fall in mein Notizbüchlein. Am Montag wird abgerechnet. Ich merke immer am Montag, das ich Sachen getan habe, die ich überhaupt nicht mag und nicht gut für mich sind….so wie lange Internet, zu viel geputzt, keinem Hobby nachgegangen…..Ich danke dir für deine Worte. Liebe Grüße von Elke
Liebe Elke, ganz genau das ist es! Super Idee! Ganz viel Freude dabei, dir selbst ein Reiseleiter zu sein!
Alles Liebe, Claudi
Urlaub zuhause ist kein Urlaub. Die Osterferien waren da und dann weg und erholt war ich überhaupt nicht. Wie du es schilderst: es ist immer was da, was erledigt werden sollte. Je nach Wetter Fotos aus 2019 einkleben, das Unkraut im Garten bekämpfen, die verstopfte Dachrinne reinigen,… ich persönlich will einfach mal wieder weg hier und Abstand zu allem – und vor allem mal wieder Neues entdecken (bin heute mit meinem Mann gefühlt das zweihundertste Mal die gleiche Corona-Spazierrunde gewandert).
Es hat mir Freude gemacht, Ihren Blog zu lesen.
Danke für euren guten Impuls!
Ich habe unserer drei Pfingsttage kurzerhand als „Urlaub“ deklariert. Über Nacht sind wir nach „Daheimien“ verreist. Faktisch hat sich gar nicht sooo viel verändert gegenüber einem anderen langen Wochenende – nur in meinem Kopf, da stand dick „Urlaub!“. So konnte ich NICHT die Kinderklamotten bei eBay einstellen, und musste auch NICHT das Chaos im Keller aufräumen, (das hatten die „Vormieter“ in unserer „Ferienwohnung“ hinterlassen ;-)) und habe mich NICHT gefragt wie ich all die Gartenarbeit schaffen soll – ich war ja schließlich im Urlaub! Stattdessen habe ich einfach den Kindern vorgelesen oder auf der Couch gelegen und geträumt oder einen Familienausflug mit großem Picknick gemacht. Und wenn meine Laune zu kippen drohte sagten meine Kinder: „Aber Mama, fröhlich sein, wir sind doch im Urlaub!“ 🙂
Ein echter Urlaub war es nicht, aber immerhin deutlich erholsamer als so viele der vergangenen Wochenenden!!
Oh, dein Kommentar rührt mich gerade sehr.
Das klingt doch wirklich gut, ich finde man kann regelrecht zwischen den Zeilen lesen, wie nett es war. und ich freue mich so, dass du uns daran teilhaben lässt.
Alles Liebe,
Claudi
Ein sehr lehrreicher Artikel. Ich lese ihn mit Freude.