Er drängelte sich bereits am Wochenende zur mir durch. Am Samstag konnte ich ganz schnell einen 35-Liter-Sack Blumenerde davor stellen. Rumms, Ruhe. Sonntag brauchte es eine Aussprache. Da musste ich mich ganz bewusst mit einem Kaffee hinsetzen und überlegen, wie wir weiterhin klarkommen: Der Gedanke, dass die nächste Woche mal wieder übervoll werden würde. Und ich…
Auf meiner Liste und im Terminplan standen (unter anderem): Drei Artikel für den Blog, ein wichtiges Zoom-Meeting, eine näher rückende Abgabe für ein 130 Seiten-Riesenprojekt, ein Fotoshooting-Tag für drei bis vier Kooperationspartner inklusive Vorbereitung, mein Schulvormittag als Lehrerin mit Theaterprobe, Abtippen aller handgeschrieben Theatertexte der Schüler…
Dazu der übliche Familien-Wahnsinn aus nachmittäglichen Verabredungen und Verabredungs-Wunsch-Diskussionen, dazu Musikunterrichts-Übebegleitung, Einmaleinsüberunden inklusive Einmaleinsüberunden-Diskussionen und eine Deutscharbeit am Dienstag. Ich stöhnte beim Gedanken daran. Drückte der Woche einen fetten “Anstrengend-Stempel” auf.
Dann fasste ich mir an den Kopf. Das hatte sie nicht verdient.
Die Woche lag vor mir – reinweiß und unschuldig – und wollte nichts Böses. Ich war es, die sie mit tiefschwarzer Farbe bemalte, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Und noch was stellte ich erschrocken fest.
Es war echt soweit gekommen, dass ich die Deutscharbeit meines Sohnes mit auf meine To-Do-Liste schrieb. Dabei hatte ich mich bis vor kurzem noch über die Eltern lustig gemacht, die mit ängstlichem Blick erwähnten: “Nächste Woche schreiben wir Mathe.” Fakt ist: Ich hatte mir hoch und heilig geschworen, in Sachen Schule niemals krankenschwestermäßig á la “Dann wollen wir mal Fieber messen…” zu sprechen. Sondern mein Kind sein Ding machen zu lassen. Klar, mal Vokabeln abzufragen. Oder eine Aufgabe erklären. Aber ich wollte nie die Social- and School-Managerin meiner Kinder werden. Ich wollte ihnen sanfte Schulterstupser in Richtung Selbstständigkeit und Eigenverantwortung geben.
Ich strich in Gedanken die Deutscharbeit. Auch in Sachen Einmaleins verordnete ich uns – nein mir!!!! – mehr Gelassenheit. Einmal erinnern statt fünf Mal. Ich nahm mir – mal wieder – vor, mich aus dem Date-Booking meiner Kinder herauszunehmen. Mehr als ein fester Freund geht gerade eh nicht. Das Instrumente üben versuchte ich positiv zu sehen, nämlich als Solo-Zeit mit jeweils einem Kind, das spielt, während ich furchtbar schief singe. Und wir es eigentlich lieben. (Wenn nicht nebenbei das Nudelwasser überkocht und drei andere Kinder etwas wollen).
Blieben noch MEINE vielen To-Dos. Plötzlich war da aber Raum im Kopf, um mit mir eigenverantwortlich umzugehen. Ich nahm noch einen Schluck Kaffee und tippte kurz eine Liste ins Handy: Erst drei fixe Arbeitstitel der Artikel, die ich plante. Hinter einen setzte ich gleich ein Fragezeichen, weil er mir sehr aufwendig erschien. Ich gestand mir selbst ein, dass ich ihn gern diese Woche machen würde – aber überlebenswichtig war das nicht.
Was war schon überlebenswichtig? Ich notierte noch schnell ein paar Gedanken zu den Texten, damit ich am Montag fix starten konnte. Dann machte ich ein Ausrufungszeichen hinter die Sachen, die in dieser Woche wirklich wichtig waren. (Riesenprojekt, Theatertexte!) Und ein Fragezeichen hinter die, die ich notfalls auch nächste Woche machen konnte.
So kam mir alles plötzlich machbar vor.
Letztens habe ich etwas Spannendes in der ersten Folge des “Faustdick”-Podcasts gehört: Nämlich die Idee, die Termine einer Woche als Tischtennisschläger zu betrachten. Die uns, den kleinen Ball, pingpongmäßig hin und her spielen. Klingt doch alles plötzlich viel weniger stressig, oder nicht? Oder um es mit den beiden Lieblingstieren meines Sohnes zu sagen: Termine und To-dos muss man nicht als knurrenden Wolf betrachten, der uns permanent jagt, sondern wir können sie auch als Adler wahrnehmen, der uns von hier nach da und von da nach hier durch die Woche trägt. Ich finde die Vorstellung irgendwie beruhigend. Es ändert nichts an meiner vollen Liste, aber es ändert etwas daran, wie ich darüber denke.
Aus der Psychologie kenne ich noch weiteren Tipp. Nämlich der, dass wir nicht unsere Gedanken sind. Sondern, dass wir entscheiden können, was wir über etwas denken. Und so legte ich am Sonntag mein Handy weit weg, nachdem mein Kaffee ausgetrunken war und buddelte weiter in der Erde. Ich drehte keine Instastory, obwohl die Sonne schien und die Mirabelle blüht und die Sonntagsabend-Stories immer Primetime-Views haben. Man kann nicht alles haben. Ich fing abends auch nicht an, schon mal einen Text zu tippen, damit ich was von meiner Liste streichen konnte. Ich schaute gemütlich einen Film mit meinem Mann.
Ich habe am einem Montagmorgen schon lange nicht mehr so effektiv gearbeitet wie an diesem.
Da drängeln sich ein paar neue Gedanken – und ich winke sie rüber. Es sind ein paar persönliche Tipps, die mich daran erinnern, wie ich mit vollen Wochen umgehen möchte:
Und wie überlebst du eine übervolle Woche?
Alles Liebe.
Ach – so schön und ermutigend.
Das freut mich sehr. Oft sind es ja die kleinen Dinge, die echt großes Bewirken. Und manchmal auch echt bloß Gedanken. Alles Liebe,
Claudi
Niemand kann die Dinge so in Worte fassen wie du. Sobald ich einen neuen Beitrag hier entdecke, freue ich mich und sauge die Worte in mir auf. Es ist so wichtig am eigenen Denken zu arbeiten und ich sage mir immer (und übrigens sage ich auch das Studierenden, die ich als Zweitprüferin in ihren Abschlussarbeiten prüfe): „Du darfst nicht den ganzen Berg auf einmal sehen. Atme einmal tief durch und geh einen Schritt nach dem anderen. Der ganze Berg auf einmal macht dir Angst, aber wenn du einen Schritt nach dem anderen gehst, wirst du merken, dass es sich viel besser anfühlt.“
Liebste Grüße!!
Ich danke dir! Und ja! Egal was man sich vorstellt, einen Berg, einen Elefanten oder eine Salami – alles immer Stück für Stück.
Ganz liebe Grüße,
Claudi
Wie aus Michael Endes “Momo” Beppo, der Straßenkehrer so schön sagt: “Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.” (…) “Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein.” (…)
“Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie und man ist nicht außer Puste.” (…) “Das ist wichtig.”
Oh ja, danke fürs Erinnern. In einer neuen Momo-Variante würde ich noch einbauen, ab und zu ein paar Straßenzüge auszulassen, und sie bloß jede zweite Woche zu fegen. Und einen Liegestuhl mitbringen, um zwischendurch Pausen zu machen.
Alles Liebe, Claudi
Claudi, das ist großartig! Woher wusstest du, dass ich sonntags schon immer den Montagsblues habe?! 😉
Der Gedanke “die Woche kann doch nichts dafür” ist super, das hilft mir total, den vielfältigen Anforderungen unvoreingenommener gegenüber zu treten.
Mir hilft es im Moment sehr, mir jeden Morgen eine kurze To-Do-Liste nur für den Tag zu machen. Die ist dann so überschaubar, dass ich guter Dinge ans Werk gehe.
Ich mache außerdem eine “Brain Dump” am Wochenende, da kommt einfach alles rein, damit der Kopf frei ist. Aus dieser wüsten Sammlung kann ich dann ganz gut streichen, sortieren und terminieren und die Sachen für die einzelnen Tage rausziehen.
Grobes Brain Dump klingt gut. Und am Montag dann daraus präsziser und machbarer takten, was möglich ist, oder?
Dann ist es auch gleich raus aus dem Sonntagskopf ; )
Alles Liebe,
Claudi