Letztens, beim Einladungkarten basteln, fiel es mir wieder auf: Mein viertes Kind wird einfach ganz anders groß als seine Geschwister. Und das hat für ihn sicher Vor- und Nachteile, wie alles im Leben…

Die Einladungskarte hatte ich mir in fünf Minuten ausgedacht. Während ich bei Kind eins und zwei sicher Stunden gegrübelt hätte. Ich wäre in den Papierspezialmarkt gefahren, hätte bestimmten Tonkarton gekauft und spezielle Stifte. Dieses Mal druckte ich die Vorlage auf Kopier-Papier aus und wir malten sie gemeinsam mit Filzstiften an. Ich war immer eine Bastelmama und bin es immer noch. Aber ich bin viel lässiger geworden. Oder faul.

Zack Zack statt Zirkus

Das arme Kind, mögen jetzt einige Mütter schreiben. (Tun es auch manche bei Instagram) Ich allerdings hatte nicht das Gefühl, dass mein vierter Sohn mit seinen fixen Karten weniger glücklich war, als Sohn eins mit seinen aus strukturiertem Spezial-Bütten-Papier. Woran sich hoffentlich beide erinnern: Mama und ich haben gemeinsam etwas für mich gemacht. (Darunter fällt auch liebevoll gemeinsam im Laden ausgesucht.)

Noch viel mehr ist anders: Während Sohn 1 bis zum sechsten Geburtstag nur Bilderbuch-Kino geguckt hat, kann mein vierter besser auf dem IPad scrollen als ich,  er ist Profi in Netflix und sogar schon mal bei Fortnite zusgeschaut. Nein, ich finde das nicht gut. Aber manchmal passiert es eben.

Er erlebt weniger Familienessen (weil die großen Brüder so sportlich unterwegs sind und oft erst spät zurück) und  konnte erst total spät Fahrradfahren (weil keiner Zeit hatte, es im beizubringen. Noch mehr vermutlich, weil er liebend gern mit dem Gokart der Großen durchs Dorf pest.

Mein Vierter hat allerdings schon mit vier in der Nachbarschaft geklingelt, um sich zum Spielen zu verabreden und – falls das Kind nicht da war – mit den Eltern zu quatschen.

Armes Kind? Oder glückliches Kind?

Beides vermutlich, wie jedes Kind mal. Er kann auf jeden Fall ganz schlecht allein sein und mag auf keinen Fall allein schlafen, er ist mutig, und liebt es, einfach bloß bei seinen Geschwistern zu sein.

Klar, vielleicht wird mein Vierter irgendwann sauer auf mich sein. Nein, ganz sicher wird er das, denn irgendwas nervte bei Eltern ja immer. Vielleicht aber wird er auch von seiner Familienkonstellation profitieren. Weil er zum Beispiel lauter sprechen, sich besser durchsetzen und schneller rennen kann, als andere Sechsjährige. Weil er Kinder von der Vorschule bis zur siebten Klasse kennt.

Es mag hart klingen, aber ich habe mir ohnehin schon lange abgewöhnt, meine Kinder alle gleich zu behandeln, weil das einfach nicht möglich ist. Ich fahre besser damit, das anzunehmen. Und jeder hat ja auch andere Bedürfnisse. Ich erkläre ihnen das auch immer wieder.

Ehrlich gesagt, beneide ich ihn oft. Ich hätte es mir als Kind gewünscht, öfter in der Menge untergehen zu können, anstatt die komplette Aufmerksamkeit und Erwartungen immer nur auf mir lasten zu haben.

Spielschluss-Panik?

Über all das denke ich nach, während ich ein falsch gelochtes Loch auf seiner Karte mit einem Aufkleber-Z zu kaschieren. Fakt ist: Bei Kind eins und zwei hätte ich sie neu gemacht, bei Kind drei vielleicht, aber bei Kind vier mache ich das ganz sicher nicht. Nicht weil ich ihn nicht liebe. Sondern weil ich weiß, dass meine Liebe nicht an einem Loch hängt.

Manchmal habe ich Angst, dass ich es irgendwann bereuen könnte, genau jetzt nicht mehr mit ihm gemeinsam zu malen und zu spielen. Aber immer wenn ich es mal vorhabe, dann ist er längst in der Nachbarschaft unterwegs. „Ich spiel später mit dir, okay, Mama?“, sagt er dann. Und ich muss grinsen.

Manches machen wir Mamas in Sachen Kind eben auch mehr für uns.

Welche Mama ich lieber mochte? Ich mag beide! Die von früher hätte sich nie vorstellen können, so zu werden, wie die, die sie geworden ist. Und die von heute kann und mag nicht mehr zurück.

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Alles Liebe,

Claudi