Fünf ist eine runde Zahl. Ich bin gern ein Teil von fünf: Zwei Erwachsene plus drei Kinder. „Just the five of us“ steht auf unserem Letter-Board im Wohnzimmer. Meistens finde ich es großartig sagen zu können: Wir sind fünf. Aber manchmal wird mir fünf zu viel. Oder die drei, die dazu summiert wurden. Denn ursprünglich waren wir ja mal nur zwei. Eine Frau plus ein Mann. Und manchmal wünsche ich mir temporär dieses „Just the two of us“ zurück…

Immerhin hatten wir acht ziemlich wunderbare, wilde, intensive Jahre, bevor die Kinder in der Überzahl kamen. Damals waren wir nicht überwiegend Mama und Papa, es ging nicht permanent um die Belange und Bedürfnisse einer kleinen Großfamilie, sondern in erster Linie um uns Zwei. Um unsere Wünsche, Träume, Leidenschaften. Um das, was wir füreinander waren, was wir füreinander sein wollten: Liebhaber, Weltentdecker, Freunde. Als ich irgendwann darüber nachdachte, fragte ich mich: was ist von unserer großen Liebe eigentlich übrig, nachdem wir sie durch ein Vielfaches teilen? Bleiben auf Dauer mehr als versprengte Liebeskrümel für uns Zwei allein? Die schlichte Wahrheit lautet: Nein. Im Alltag mit drei kleinen Kindern nämlich kaum mehr als von einem Schokokuchen, den ich meinem stets hungrigen Trio zum Vernaschen überlasse.

Nur: Ich will mittlerweile wieder mehr als Krumen. In der hormonübersteuerten Baby- und Kleinkindzeit reichte mir die Summe aus Säuglingsduft und drei Kinder im Ehebett, um mein generelles Liebesbedürfnis zu stillen. Aber jetzt, aus dem gröbsten Schlaflos-im-Wickelwahn raus, scheint es manchmal, als würde mein Herz vor ungestilltem Liebeshunger nach Zweisamkeit vernehmlich knurren.

Aus diesem Gefühl heraus habe ich kürzlich unser erstes Paar-Wochenende seit sehr, sehr langer Zeit gebucht. Einen Nostalgie-Trip ins wunderschöne Wendland, wo wir mal ein Wochenendhäuschen hatten. Nur wir beide und 48 Stunden ohne Alltags-Orga, Geschwisterzwist und Küchen-Chaos. Das sollten Oma und Opa für uns rocken. Halleluja, wie H-E-R-R-L-I-C-H! Oder…?

Schon auf der Autofahrt kam ich ins Grübeln. Es fühlte sich ungewohnt an: das Familienauto ohne Familie, die Stille, die nicht durch „Ich will ein Brötchen!“ und „Wann sind wir endlich da?“-Rufe unterbrochen wurde. Und ich fragte mich: Können wir das eigentlich noch so von jetzt auf gleich, nur ein Paar sein, meine ich? Ist es wie mit dem Fahrrad fahren, das man nie verlernt – oder doch eher wie französische Vokabeln, die irgendwo im Nirvana meines Ichs auf ewig verschollen sind? „Ist ein wenig seltsam, oder?“, fragte mein Mann in die Grübeleien hinein und schob seine Hand auf mein linkes Knie. So wie früher, wenn wir Auto gefahren sind. „Mmmh“, gab ich zur Antwort und verschränkte meine Finger mit den seinen. Und fand die einvernehmliche Stille auf einmal ziemlich schön.

Das Wochenende war ein vorsichtiges Abklopfen vermeintlich vertrauter Dinge. Fast so, als würden wir uns nicht schon seit 15 Jahren kennen – in jeder nur erdenklichen Lebenslage. Hat mein Mann immer noch Verständnis dafür, dass ich jetzt unbedingt für eine Stunde in mein Buch abtauchen muss, auch wenn wir wer-weiß-was machen könnten? Bin ich immer noch geschmeichelt, dass er sich mitten am Tag ins Bett legt – um auszuruhen und dann wer-weiß-was zu tun? Was für ein Glück, dass sich 48 Stunden so irre ausdehnen können, wenn nur Erwachsene den Takt vorgeben. Denn mit der unerwartet langsam dahinfließenden Zweisam-Zeit kamen sie nach und nach wieder: diese Momente, in denen uns wieder einfiel, wer wir beide waren, WIE wir beide zusammen waren, bevor wir eine wachsende Familie wurden.

Bei den Autofahrten zu früheren Sehnsuchtsorten, auf denen wir wünsch-dir-was-Disco und unser eigenes Carpool-Karaoke machten. (Ach ja: Es gab ein musikalisches Leben vor Rolf Zuckowski, Deine Freunde und Unter meinem Bett!) Beim Essen im Lieblingslokal, in dem wir uns dekadent von der Vorspeise bis zur Käseplatte durcharbeiteten. (Ohne Kinder kann man ja einfach mal drei Stunden entspannt am Tisch sitzen bleiben.) Oder beim gemeinsamen Betrachten des verregneten Waldes. (Weil: Wann kann man sich sonst schon solchen scheinbar sinnentleerten Muße-Momenten widmen?)

All das hatte den aufregenden Anstrich eines ersten Dates – und gleichzeitig war es ein Abgleich der unausgesprochenen Frage: Passen wir eigentlich immer noch zusammen, wenn der Familien-Alltag uns keinen definierten Halt gibt? Am zweiten Abend – wir saßen vorm prasselnden Kaminfeuer, eine Flasche Rotwein zwischen uns auf dem Tisch – schaute mich mein Mann an und fragte plötzlich grinsend: „Weißt Du was? Wir haben heute kein einziges Mal über die Kinder gesprochen…“ Und ich stutzte und lächelte und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, denn da war sie, die Antwort.

Jajaja, wir können immer noch WIR sein. Und noch so viel mehr als das: Wir sind nach wie vor Freunde, Liebhaber – und obendrein Eltern, Alltagshelden, Welterklärer. Wir haben uns, unsere Liebe, locker vervielfacht. Und aufsummiert ergibt das eine riesige Liebes-Schichttorte. Von der gibt es zwar nicht immer das fetteste Stück – aber glücklich macht auch eine kleine Portion.

Wir haben jetzt einen Deal: zweimal im Jahr steht auf unserem Letterboard „Just the two of us“. Und dann nehmen wir uns ein Wochenende Zweisam-Zeit für was-auch-immer… Und ihr? Gönnt ihr euch mitunter eine Paar-Auszeit? Wie fühlt sich das für euch an? Könnt ihr auf Knopfdruck wieder Paar sein? Ich bin gespannt auf eure Geschichten!

PS. Unsere Paarzeit haben wir übrigens in dieser hübschen Ferienwohnung Kediol in Mützingen im Wendland verbracht. Sehr zu empfehlen! Und lecker gegessen haben wir im Alten Haus in Jameln.

Alles Liebe,

Anna