Gerade kuschel ich mich jeden Abend mit meinen Kindern in unser Elternbett und flüchte. Vor Ungewissheit, Sorgen und Ängsten in eine kleine, heile Welt. In ein Paralleluniversum, in dem die größten Ärgernisse Marder mit Hühner-Hunger und die Wirrungen der ersten Liebe sind. Wir reisen gemeinsam nach Sommerby, der fiktiven, kleinen Stadt an der Schlei, in die uns Kinderbuchautorin Kirsten Boie in ihren mittlerweile drei Bänden mitnimmt. Und selten habe ich das so gespürt wie gerade jetzt: Manche Bücher sind wie tröstende Umarmungen. Und davon können wir derzeit nicht genug bekommen…
Geschichten können einen warmen Kokon um uns weben, in dem wir eine Weile Schutz vor der realen Welt finden. Uns zudecken mit dem guten Gefühl von Geborgenheit. Eigentlich scheue ich in Büchern ansonsten keine schwierigen Themen, auch nicht komplexe Handlungen oder Protagonisten, die eher Anti- als Helden sind. Aber gerade ist mir nach sehr überschaubaren Settings und Entwicklungen. Nach kleinen und großen Freuden, die beim Lesen für einen Moment wahr werden. Nach viel Herz ohne Kitsch. Wenn es euch auch so geht – hier kommen ein paar Empfehlungen für die nächsten Wochen.
Das kleine Glück wohnt oft in Kleinstädten.
Oder an Orten, die ein wenig aus der Welt gefallen scheinen. Ich warte seit über einem Jahr darauf, dass mich ein Buch noch einmal so froh macht wie “Der Gesang der Flusskrebse”. Aber vielleicht ist der Roman über das Marschmädchen Kya eine dieser unerreichbar guten Geschichten, die immer über allem thronen. Solltet diese Perle aus irgendeinem Grund an euch vorbeigegangen sein: Lest sie. Sofort!
Und wenn es euch wie mir geht: “Im letzten Licht des Herbstes” ist auch so ein kleiner Seelenstreichler: In einer kanadischen Kleinstadt Anfang der 70er werden die Schicksale der siebenjährigen Clara, von Liam, dessen Leben in Scherben liegt und der alten Mrs. Orchard miteinander verwoben. Eine Geschichte wie ein ruhiger Fluss – und nicht umsonst auf der Longlist des diesjährigen Booker Prize.
Warmherzig und wahnsinnig anrührend…
…sind so gut wie alle Romane der US-Amerikanerin Elizabeth Strout. Ich mochte besonders ihren Putzlitzerpreis-Roman “Mit Blick aufs Meer” und seinen Nachfolger “Die langen Abende”. Weil ihre Hauptfigur Olive Kitteridge ein echtes Original ist – sperrig, aber liebenswert. Alle von Strouts Geschichten erzählen von ganz normalen Menschen, ihren Träumen und ihrem Streben nach dem Glück im Kleinen. Und das so empathisch und weise, dass ich mir dauernd ihre Sätze abschreiben und sie aufhängen will, weil sie immer direkt ins Herz treffen.
Auch bereits ein wenig älter – aber dieses Buch hat ausnahmslos jeden, dem ich es empfohlen habe, zum Weinen gebracht. Die Liebesgeschichte in “Das Licht zwischen den Meeren” ist aber auch herzzerreißend schön: Tom und Isabel sind einander genug, als sie Anfang der 1920er auf die Leuchtturminsel Janus Rock ziehen. Zum Glück fehlt ihnen nur ein gemeinsames Kind – doch Isabel erleidet mehrere Fehlgeburten. Als eines Tages ein Ruderboot mit der Leiche eines Mannes und einem kleinen Säugling angetrieben wird, treffen sie eine folgenschwere Entscheidung… O, ich muss jetzt schon wieder fast heulen. Freut euch, wenn ihr diesen Roman noch nicht kennt!
Eine Soap zwischen Buchdeckeln.
Ok, ich komme hier echt mit ein paar Klassikern um die Ecke. Aber manche Geschichten sind einfach so zeitlos gut erzählt – und die legendären “Stadtgeschichten” von Armistead Maupin haben nichts von ihrem Zauber verloren. Im knallbunten 1970er-Kosmos von San Francisco ist die Wohngemeinschaft der exzentrischen (und cannabisanbauenden) Anna Madrigal Zuflucht und Wohnort ganz unterschiedlicher Menschen: Hier macht die naive Mary Ann Singleton erste Großstadtschritte und wird die beste Freundin des schwulen Michael Tolliver und des Herzensbrechers Brian.
In mittlerweile neun Bänden erzählt der Autor ihre über mehrere Jahrzehnte gespannte Geschichte. Und macht wie jede gute Soap einfach süchtig. Ich habe den Überblick verloren, wie häufig ich die Reihe schon gelesen habe – übrigens immer dann, wenn ich dringend Ablenkung von meinem Leben und der Welt da draußen haben musste…
Welche Bücher geben euch gerade ein gutes Gefühl?
PS: Ich muss diesen Beitrag wegen der Verlinkungen als Werbung kennzeichnen, aber alle Empfehlungen sind meine ganz persönlichen und nicht Teil einer beauftragten Kooperation.
Alles Liebe,
Hejhej Katia,
ich schon wieder! Erst Hamburch-Vibes und nun Bücher! Perfekt für meine Weihnachtszeit! 🙂
“Gesang der Flusskrebse” ist auf meinem Stapel das nächste, die anderen Empfehlungen merke ich mir – danke dafür!
“Altes Land” & “Mittagsstunde” von Dörte Hansen – die haben mich beide sehr, sehr glücklich gemacht (auch wenn sie zum Teil traurig sind). Und ich als absolute NICHT-Krimi-Leserin habe gerade “Klein Sibirien” von Antti Tuomainen verschlungen. Schön, absurd, lustig und traurig UND ein schönes Ende! Absolut toll! (Fun Fact: ich habe es mitgenommen, weil ein Meteorit eine wichtige Rolle spielt und ich das als Geologin echt charmant fand!)
Ich freu mich schon aufs lesen heut abend,
Happy Christmas,
Astrid
Hello again, liebe Astrid, wie schön, von dir zu lesen – und dass du ein paar Inspirationen mitnehmen und teilen magst. 🙂 Oh, ich bin fast ein wenig neidisch, dass du “Gesang der Flusskrebse” noch vor dir hast – das hat mich total umgehauen! (Fun Fact: Mein Papa hat es gerade zum zweiten Mal gelesen, obwohl er NIE Bücher zweimal liest…) Dörthe Hansen hab ich auch gelesen und gern gemocht – gerade habe ich den letzten von Joachim Meyerhoff – “Hamster im hinteren Stromgebiet” – auf dem Stapel. Vom Plot nicht gerade heiter, aber ich liebe seinen Stil, seine Sprache und seinen Witz, auch wenn das Leben es gerade nicht so gut mit ihm meint. Wenn du ihn noch nicht kennst: Fang mit dem ersten an – hab so sehr gelacht über seine komplett absurde Kindheit in der Psychiatrie seines Vaters. Viel Spaß beim Schmökern und auf bald! Alles Liebe und auf bald, Katia
Hallo Katja, mir geht es grade ähnlich mit dem Weg-Beamen auf Buchdruck… wir haben alle Bände von sommerby im Sommer, Herbst und jetzt in den letzten Winterwochen verschlungen. Ich liebe diese 3 Bände ganz besonders.
Der Gesang der Flusskrebse liegt bei mir auf dem Nachttisch, noch unangerührt. Danke nochmal für den anstupser es in Angriff zu nehmen!
Hej Hannah, beamen auf Buchdruck – das gefällt mir sehr ! 🙂 Danke für dein liebes Feedback, ja, Sommerby ist seit Erscheinen des ersten Bandes hier ein absoluter Schmöker-Liebling, der es locker mit Bullerbü aufnhemen kann: So schön, warm und wohlig ists mir selten in einem Kinderbuch geworden. Und wie toll, dass du die Flusskrebse noch vor die hast – so, so wunderschön! Ganz viel Freude dabei und jede Menge gute Gefühle. Alles Liebe, Katia
Liebe Katja,
vielen Dank für die tollen Tipps!! Ich liebe gute Buchtipps.
Gesang der Flusskrebse habe ich auch sooooo geliebt. Schwierig nach einem solchen Highlight neues Lesefutter zu finden. Da wachsen die Maßstäbe – haha!
Aber folgende Bücher habe ich auch total geliebt:
– Tiger (Polly Clark)
– Zugvögel (Charlotte McConaghy)
– Was man von hier aus sehen kann (Mariana Leky)
– Vom Ende der Einsamkeit (Benedict Wells)
– Unsere Seelen bei Nacht (Kent Haruf)
Mit meinem Sohn lese ich gerade die Reihe „Die fabelhafte Miss Braitwhistle“ und lieben sie sehr! Einfach so lustig!
Liebe Grüße,
Sabrina
Hej Sabrina, absolut! Wie toll, dass du noch neue Inspirationen für uns zusammengetragen hast – vom Titel kenn ich alle, vom Plot keinen. Ha! Klingt nach Weihnachtsferien-Lektüre! Ein good read machen jede Ferien doppelt so gut! Alles Liebe!
Liebe Katia,
dein Artikel kommt mal wieder genau zur richtigen Zeit! Ich werde gleich mal gemütlich deine Liste in Angriff nehmen und mir eins zum lesen auf meinen kindl, runterladen. Das mach ich inzwischen ganz gerne.
Das letzte Buch, was mich zu richtig weggebeamt hat, war ACHT BERGE
https://www.zeit.de/angebote/buchtipp/cognetti/index?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de
Ich hab das Buch in meinem ersten Wanderurlaub ever diesen Herbst in den Alpen gelesen, umgeben von Kuhglockengeläut, den Bergen, absoluter Stille und diesem Buch in der Hand überkam mich das Gefühl von großen Glück. Ich würde ja fast raten sich das Buch für die Berge aufzuheben.
Lg!
Hej Mathilda, o ja, so was liebe ich auch: thematisch passende Bücher zur Umgebung. Sommerbücher fühlt man auf der Liege einfach erst so richtig 🙂 Toller Tipp – danke dafür. Und: Entspannte Feiertage mit viel Lese-Muße 🙂 Alles Liebe, Katia
Liebe Katia, Vielen herzlichen Dank für diesen wunderbaren Artikel und die schönen Empfehlungen! Olive Knitterigde mag ich auch sehr gerne.
Ergänzend möchte ich noch den Roman „Americanah“ von Adichi. Es ist eine wunderbare Geschichte, in der auch das Bloggen eine besondere Rolle spielt. Ich freue mich schon, wenn du wieder diese Empfehlung gibst. Den Gesang der Flusskrebse habe ich noch vor mir. Liebe Grüße! Charlotte
Hej Charlotte, stimmt, da klingelt auch irgendwas bei mir. Kommt auf meine stetig weachsende Leseliste – vielleicht schaffe ich es über die Feiertage, die ein wenig zu dezimieren. Und ich wünsch dir von Herzen viel Freude mit “Der Gesang der Flusskrebse” – so ein tolles, mitreißendes Buch! Alles Liebe, Katia
Hi!
Danke für die tollen Tipps!
Hier kommt noch einer für dich:
Ewald Arenz, hier mag ich besonders „der Duft von Schokolade“, aber Arenz kann so wunderbar mit Worten umgehen, dass mir bisher alles gefallen hat. Ich versinke in einer anderen Welt, was ich zu dieser Jahres- ( und Pandemie-) Zeit herrlich finde.
Grüße Christina
Ich brauch definitiv länger Weihnachtsferien, wenn ich all die tollen Schmökertipps hier bewältigen will…! 🙂 Liebesten Dank dafür, Christina und schönen Sonntag noch. Alles Liebe. Katia