“Nichts verändert sich, bevor wir uns selbst verändern. Dann ändert sich plötzlich alles.” Als ich diesen Titelzeile Ende Januar auf einem Magazin im Zeitschriftenregal las, steckte ich schon mitten drin in der Erfahrung weniger zu machen. Was ich dabei wirklich lernen musste: Dass weniger machen oft auch weniger haben bedeutet…

Am Ende des letzten Jahres stand fest: Ich mag mich nicht mehr selbst so stressen. Die Betonung liegt auf ICH. Es ist so leicht, die Stressschuld jemandem anders zuzuschreiben: einem Auftraggeber, der eine Deadline setzt, den blöden Zeugnissen am Halbjahresende, den wuseligen Kindern, dem Mann, der mir den Einkauf aufgrund eines wichtigen Termins gerade nicht abnehmen kann.  Aber letztlich sind es die Ziele und Ansprüche, die ich mir in den Kopf gesetzt habe, die mich stressen.

Ich liebe meine Jobs, alle beide. Ich liebe es in der Schule Kinder für Kunst und Theater zu begeistern. Ich liebe es Texte zu schreiben, für mein eigenes Blogazin und für andere Medien, ich möchte nebenbei Bücher schreiben und am liebsten noch ganz viele andere Ideen verwirklichen. Ich möchte außerdem ganz viel Zeit mit meinen Kindern verbringen, regelmäßig etwas mit meinem Mann unternehmen, Sport machen, Freunde treffen, Zeit für mich haben. Und ach ja: Ich hätte gern ein allzeit perfekt aufgeräumtes und tiptop geputztes Haus.

Fakt ist, natürlich, das geht nicht. Das schafft niemand, nicht mal mit Hilfe von Mann, Schwiegermama und/oder Putzhilfe. Alles geht einfach nicht und schon gar nicht alles auf einmal. Klingt jetzt nicht sonderlich neu. Dennoch musste ich es mal wieder neu überdenken.

In der zweiten Hälfte des letzten Jahres bin ich nämlich in einen Sog geraten. Ich habe mir viele Dinge ausgedacht, viele Projekte angenommen und hatte nebenbei den Plan, es mir zuhause endlich mal wieder schöner mit mir selbst zu machen. Ich habe eine Sache erledigt, nebenbei noch drei andere, dann das nächste und wieder nächste. Bei jeder Sache habe ich gedacht: Komm, das jetzt noch durchziehen, dann wird es ruhiger. Wurde es aber nicht.

Ich glaube, ich bin wirklich ziemlich belastbar. Ich verliere selten meine gute Laune. Ich rocke auch müde noch. Ich mag sogar Stress ganz gern, er rockt mich. Ich stand nicht kurz vor dem Burnout oder so, aber ich habe gemerkt: So mag ich nicht mehr. Ich habe immer mehr bloß von Deadline zu Deadline, von Wochenende zu Wochenende gelebt. Von Urlaub zu Urlaub gehangelt. Immerzu “Dann wirds weniger, nein dann, aber dann!” gedacht.

Ich habe nachgedacht und beschlossen: Ich will weiterhin viel machen, aber nicht mehr alles auf einmal. Ich habe Anfang Januar sofort damit losgelegt. Ich wollte nämlich schon ewig etwas aufschreiben, habe es aber immer aufgeschoben. Mir war klar, dass es neben dem normalen Tagesgeschäft niemals etwas werden würde, also habe ich mich eine zweimonatige Blogpause getraut und zwei Monate lang fast jeden Morgen an meinem kreativen Schreibprojekt gearbeitet. Ich weiß wirklich nicht, ob es jemals veröffentlicht wird – aber das ist auch nicht wichtig. Ich bin so froh, es gemacht zu haben. Und ich habe mal wieder gemerkt, wie viel mehr Spaß mir das Schreiben macht, wenn ich mich bloß auf ein Projekt konzentrieren kann. Wie viel Spaß Dinge machen können, wenn man sie in Ruhe macht.

Was ich auch gemerkt habe: So etwas geht nicht ohne Verlust. Ich finde in Social Media, in Magazinen und Reportagen sieht das “langsam machen” immer so einfach aus. Da wird von “weniger tun” und “80 Prozent reichen aus” geschrieben, aber daneben zeigen perfekte, bonbonbunte Fotos das Gegenteil. Erzählen Aussteiger-Geschichten von der Erleuchtung in der perfekt geputzten Wohnung.

Ich habe wirklich öfter Bauchschmerzen gehabt, als keine Kooperationsanfragen reinkamen – was natürlich klar war – und die Nutzerzahlen sanken – was natürlich auch klar war. Es schwarz auf weiß zu sehen tat weh, nicht nur meinem Ego, sondern auch meiner Vernunft, schließlich sorgen diese Werbekooperationen dafür, dass ich das Medium WASFÜRMICH überhaupt finanzieren kann.

Noch schlimmer war es bei Instagram. Die Reichweiten purzelten sofort in den Keller, ich konnte dabei zusehen, wie erst keine neuen Nutzer mehr kamen, wenig später sogar viele gingen. Ganz ehrlich, das auszuhalten fiel und fällt mir nicht leicht. Ich würde gern denken: “Was interessiert mich diese Zahl da oben?” Aber für meine Arbeit ist die Zahl natürlich nicht unwichtig. Ach was, sie ist SAUWICHTIG. Ich halte es dennoch aus. Ich kaufe keine Follower, ich setze nicht auf Dutzende Gewinnspiele. Ich hoffe einfach, die Zahlen werden wieder besser, wenn ich regelmäßig spannenden Content liefere.

Noch was: Ich würde gern noch so viel mehr machen. Und alles noch so viel besser machen. Aber: es geht alles bloß Schritt für Schritt und manches auch gar nicht. Ich hätte zum Beispiel gern nur professionelle Fotos auf meinen Kanälen – aber ich sehe gar nicht die zeitliche Kapazität, ständig eine professionelle Fotografin kommen zu lassen. Meine Spontanität, die ich am Medium Blog (im Vergleich zu Print) so liebe, würde leiden, weil ich ja immer geplant produzieren müsste. Und außerdem würden mir meine fünf Männer glaube ich einen Vogel zeigen. Was ja auch manchmal ganz gut ist.

Meine Männer können es übrigens sowieso so viel besser, das Hinnehmen. Ich hatte ausgerechnet an Weihnachten einen “Schrecklichste-Mutter-der Welt-Schreianfall”, weil ich an meinem “Ich-will-weniger-machen-und-es-trotzdem-perfekt-haben”-Anspruch gescheitert bin. Kurz erzählt: Wir hatten ganz gemütliche, entspannte Feiertage geplant. Die hatten wir auch – allerdings auch im entspannten Feiertagschaos, was ich plötzlich gar nicht mehr entspannt fand. Schuld war – mal wieder – das Bild in meinem Kopf. Ich hatte uns alle perfekt relaxen sehen, allerdings in einer perfekten Umgebung. Weil ich mich doch so sehr nach Ruhe sehnte. Womöglich noch mit einem perfekten Dinner am Abend, perfekt aufgebauten Gesellschaftspielen, Puzzlen, was weiß ich. Pustekuchen, das geht natürlich nicht. Versuchten mir meine Männer zwischen Bücherstapeln, Schachfiguren, Sofahöhlen, überall verstreuten Puzzleteilen und Kuchenkrümeln gleich zu erklären. Ich habe es (leider!) erst viel später verstanden.

Was ich also in meiner Pause gelernt habe, ist erstens: Es wird nicht von selbst etwas anders, bloß weil Weihnachten war oder Silvester oder ein neues Jahr oder Urlaub oder eine Pause. Eine Pause ist keine Fernbedienung, die für mein Leben ein neues Programm einstellt. Das muss ich tun. Und zweitens: Durch das Ändern werden Dinge höchstwahrscheinlich nicht nur gut. Es wird auch Sachen geben, die fehlen, sinken, nicht gemacht werden, verloddern oder ähnliches. Sei es Gehalt, Kleidergröße, instagrammable Wohnräume, Schlaf. Das betrifft natürlich nicht nur meine selbstständige Arbeit und Social Media, sondern lässt sich auf ganz viele Bereiche anwenden. Es wird einfach anders, wenn man etwas ändert. Und das ist ja auch gut so.

Es geht nicht alles auf einmal. Schauen wir also mal, wie es mit meinem Plan weitergeht. Beziehungsweise auch mit der Verlodderung…

PS. Eigentlich, ja eigentlich, wollte ich ein cooles Fotos für diesen Post machen. Das hier war ja schon mal da. Habe ich aber nicht geschafft.  Und wisst ihr was: Vielleicht stört es euch ja gar nicht?

Alles Liebe,

Claudi