Vor einer Weile haben André und ich die beiden Großen ins Auto gepackt und sind im Dunkeln losgefahren. Die Kleinen bei Oma schliefen schon. Bereits beim Einsteigen kribbelte es im Bauch vor Aufregung: Nur wir vier. Als wollten wir ein Ding drehen. Ganz schön mutig. Unser Ziel: da, wo ich mit Kindern eigentlich nicht hinfahren würde…

Auf den Kiez. Wie hakten uns unter, gingen an Neonwerbung, Dildoregalen und lederbejackten Typen vorbei. Unser Ziel: noch dunkler als Sternenhimmel. Und irgendwie immer noch rauchig, obwohl auch dort nicht mehr geraucht werden darf. Vielleicht klammert sich der Rauch beleidigt an den haushohen Vorhängen fest. Kurz vor dem Ziel eine Menschenschlange, einen ganzen Bürgersteig lang. Wir stellten uns hinten an, froren ein wenig, wurden beinahe ein wenig müde – bis die zwei Türsteher mit Tattoo uns endlich durchwinkten.

Da waren wir: abends um acht, mitten auf dem Kiez, im Nachtclub Docks. Zum Konzert der Band Das Lumpenpack. Erstes richtiges Konzert für die Jungs.

Die Lieder begleiten uns vollaufgedreht bereits seit dem letzten Urlaub. Alle über einen Meter haben irgendwann begeistert mitgegrölt. Endlich mal keine Kindermusik. (Und keine gewünschte Helene Fischer in Dauerschleife). Einer meiner Söhne hat gerade mit Gitarre angefangen. Als ich irgendwo zufällig las, dass die Band demnächst in Hamburg spielt, buchte ich vier Karten ohne nachzudenken.

Zum Glück. Sonst hätte ich nicht gebucht. Hätte mir Sorgen gemacht, um ihre Ohren, ihren Schlaf, meine Nerven. Ohne nachzudenken stand ich jetzt zwischen meinen drei großen Jungs, hüftewackelnd mitten in der Menge. Zwei von vier mit Mickey Mäusen auf den Ohren, tellergroßen Augen und hubbabubbafarbenen Wangen. Unsere Finger ineinander verwoben, wie beim Finger Twist, früher in der Grundschule. Einer meiner Söhne hatte seine verschwitzen Haare aus dem Gesicht gestrichen, sie standen hoch in Richtung Funkellicht. Ich starrte ihn an, konnte nicht glauben, wie groß er aussah. Und wie hübsch. Er bemerkte meinen Blick, zwinkerte und lächelte. Dann sangen wir beide laut mit der Menge den Refrain.

Das Beste: Es war nicht nur ein guter Abend. Es war ein Erlebnis, dass uns dauerhaft zusammenklebt wie Zuckerguss. Bei jedem gemeinsam gehörten Lied der Band lächeln wir. Und zwinkern uns zu.

Und am nächsten Morgen waren wir vier übrigens nur ein kleines bisschen müder als sonst.

PS. Für alle, die den Kiez doch zu dreckig und laut und dunkel finden, und für alle, deren konzertwillige Kinder einfach noch kleiner sind, gibt es demnächst eine Reihe von Familienkonzerten. Ausgedacht hat sich das Ganze Sängerin Phela, die ich euch mit ihrem Song Mama hier schon mal vorgestellt habe. Außer Phelas Auftritt wird es an den Nachmittagen noch Essen und Trinken, Kinderschminken und Spiele geben. Das erste Familiär Konzert findet am 18.1.2020 in Hamburg statt. Wir kommen – ihr auch?

Alles Liebe,

Claudi