Früh morgens in der offenen Haustür, wenn wir eben noch hektisch den linken Handschuh gesucht und gerade noch an den Turnbeutel gedacht haben, wenn meine Kinder schon auf der Holzveranda stehen, ich sie fest drücke, kurz bevor sie loslaufen zur Schule, rufe ich ihnen jeden Morgen bloß einen Satz hinterher…

Meine Kinder kennen ihn schon auswendig, manchmal verdrehen sie die Augen. Aber sie lächeln eigentlich immer. Ich auch, verschwörerisch. “Na klar, Mama!”, sagen sie jedesmal wenn ich rufe: “Bitte seid freundlich…!”

Natürlich wünsche ich mir für meine Kinder, dass sie gut lernen, dass sie sicher lesen und fehlerfrei schreiben und rechnen lernen. Nicht bloß um gut zu sein (oder weil ich jetzt in der Mitte der Grundschulzeit bereits an eine weiterführende Schule denke.) Sondern vor allem, damit ihre Kindheit möglichst lange leicht und unbeschwert bleibt. Was mir aber am allerwichtigsten ist: dass sie freundlich sind. Und zwar zu allen. Zu ihren Mitschülern, zu den Lehrern, zum Hausmeister, zur Putzfrau.

Ich weiß nicht, ob es immer klappt. Ich hoffe es aber von Herzen. Und hoffe, dass ich aus der Schule sofort Rückmeldung bekommen würde, sollte es mal nicht so sein. Damit wir zuhause drüber reden können. Damit meine Kinder spüren, dass wir ein Team sind, die Schule, sie und ich.

Natürlich lernen Kinder am meisten durchs Abschauen. Ich versuche also, noch viel freundlicher zu allen zu sein, als ich es ohnehin schon war. Niemals, ganz ehrlich, niemals lasse ich vor meinen Kindern ein schlechtes Wort über einen Lehrer fallen (selbst wenn ich mich so richtig über einen ärgere) – weil ich weiß, in was für eine Situation ich mein Kind damit bringen würde. In was für einen Zwiespalt.

In Zeiten Bindungsorientierter Erziehung wünschen wir uns ganz besonders, dass unsere Kinder stark und selbstbewusst sind, dass sie ihre Meinung sagen und für ihre Rechte einstehen. Was meiner Meinung nach dabei manchmal vielleicht ein wenig zu kurz kommt, ist der passende Ton. Sowie ein Gefühl für Respekt und die Fähigkeit, sich selbst auch mal zurückzunehmen.

Wenn ich einen Schüler während des Unterrichts auffordere, doch bitte nicht mit dem Stift herumzuspielen und er verzieht bloß die Stirn und sagt genervt: “Das ist ein FÜLLER!” Wenn Schüler im Sitzkreis lautstark Witze über den Namen des Lehrers machen oder immer und immer wieder einfach ihre Aufgaben verweigern und sagen: “Ich habe aber keine Lust” – dann hat das für mich nichts mehr mit Selbstbewusstsein zu tun, sondern mit fehlendem Respekt. Für mich bedeutet Bedürfnisorientierte Erziehung, Kindern zu vermitteln, die Bedürfnisse von allen wahrzunehmen und zu respektieren. Je älter sie sind, desto besser können sie lernen ihre Bedürfnisse auch mal zurückstellen.

Mir ist es daher wichtig, zuhause immer wieder zu reflektieren, wie wir miteinander sprechen. Ich mache meine Kinder dabei darauf aufmerksam, wenn ich ihre Worte nicht angebracht finde (genauso wie sie mich gern freundlich daran erinnern dürfen, wenn ich mich im Ton vergreife). Ich frage sie, wie sich manche Worte und Sätze und Tonlagen anfühlen und erzähle darüber, was bestimmte Kommentare mit mir machen.

Was ich in diesem Zusammenhang übrigens absolut von niemanden als Entschuldigung hören möchte ist: “Das sind eben Jungs…”

Freundlichkeit ist zum Glück absolut genderneutral.

Und was rufst du deinen Kindern morgens nach?

Alles Liebe,

Claudi