Tanzen, Trägheit, Tränen: Dieses Jahr war ein Teenie! Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt lagen oft nur Stunden. Und ja, ich kann sagen, ich denke es wird Zeit, dass 2021 endlich auszieht…

Jedes Mal kurz vor Weihnachten, stelle ich mir das Jahr als Mensch vor. Ich überlege, was es für ein Type ist, der oder die uns da besucht hat. Männlich, weiblich, welche Macken? Was haben wir gemacht, worüber geredet? Und was bitte hab ich von diesem Jahr gelernt?

Erste Lektion: Es drückt plötzlich von beiden Seiten.

Irgendwann geht’s los. Da werden bei Treffen mit Freunden keine Schwangerschaften verkündet, sondern Krankheiten der eigenen Eltern. Die ersten sterben, die Endlichkeit kommt näher – auch die eigene. Man googelt plötzlich Krebs statt Kinderturnen.

Dazu kommt, dass größere Kinder so viel mehr aus der Schule mitbringen, als Schwungübungen. Und ich stecke überall dazwischen, bin mittelalt zwischen alt und jung, und werde gefühlt von beiden Seiten angerumst und von Stoßstangen hin und her geschoben. Ich schwinge oft gar nicht mehr rund.

Wo muss ich loslassen, wo muss ich festhalten?

Und wo bleibe ich? Ich habe dieses Jahr leise geweint, laut geflucht und oft nach dem Warum gefragt. Und 2021? Hat trotzig mit den Schultern gezuckt und „Darum…!“ gezickt. Ich musste in den letzten Monaten so oft an den Spruch denken, dass ich entweder schwimmen oder sinken kann. Klar ist: Nass werde ich bei beidem. Leben ist einfach eine verdammt feuchte Angelegenheit.

Ich habe es gerade zum Ende hin gemacht, wie mein Mann, der unserem dritten Sohn dieses Jahr das Schwimmen beibrachte. Auf sein verzweifelt gegluckertes „Wie lange noch?“ beim Bahnenschwimmen, entgegnete André immer: „Erstmal noch diesen einen Zug. Und dann den nächsten. Und dann nur noch ein paar Züge mehr.“

Ich habe mich über mich selbst gewundert.

Da dachte ich, ich könnte nie verzeihen – und plötzlich ging’s doch. Nicht zu hundert Prozent, aber sagen wir mal zu 70. Weil anderes einfach wichtiger war, als sauer zu sein. Und weil Verzeihen nichts an der Vergangenheit ändert, aber an der Zukunft.

Überhaupt brauche ich für nächstes Jahr einen Booster in Sachen Freundschaftspflege. Mehr Zeit, mehr Kopf, mehr Raum für meine Mädels. Irgendwie war in letzter Zeit immer der Job wichtiger. Oder die Familie. Corona hat mich nicht nur pandemüde gemacht, sondern kontaktmüde. Da will ich ran. Ich muss immer daran denken, was eine meiner alten Schulfreundinnen nach unserem traditionellen und sehr, sehr schönen Weihnachtstreffen in unsere WhatsApp-Gruppe schrieb:

„Was ist wichtiger?“, fragte der kleine Panda, „Der Weg oder das Ziel?“

“Die Weggefährten!“, antwortete der kleine Drache. 

Ich dachte immer, Ja ist mein Wort des Jahres.

Weil es so positiv klingt: Ja zum Leben, Ja zur Liebe und so weiter. Dieses Jahr war mein Nein-Jahr und am meisten habe ich es zu mir gesagt. Immer öfter Nein zu meinen endlosen Grübeleien, den überzogenen Ansprüchen und meiner inneren Kritikerin. Tat so gut.

Und dann habe ich noch einen kleinen Vertrag mit mir selbst gemacht. Er besagt: Ich darf erst dann eine müde Gute-Nacht-Folge netflixen, wenn ich vorher mindestens ein Kapitel in meinem aktuellen Buch gelesen habe. So lese ich endlich auch wieder im Alltag. Das macht mich glücklich. Und manchmal muss man sich zu seinem Glück zwingen, meint 2021.

Sie ist wirklich seltsam drauf, diese 2021. Aber wie das immer so ist, wenn ich jetzt durch meine Handyfotos scrolle, sehe ich, das wir doch eine ziemlich gute Zeit hatten.

Jetzt drücke ich sie nochmal – und lasse sie ziehen. 

Was für eine Type ist dein 2021?

PS. Wo 2020 die Liebe war.

PPS. 2019 ist fast abgereist.

Foto: Ilona Habben

Alles Liebe,

Claudi