Während ich in zerknautschter Boxershorts die Eichentreppe nach unten stapfte, vorbei am üblichen Unterste-Treppenstufen-Stapel und dem Berg von Skisachen, die sich immer noch auf dem Sofa türmten, erfüllte mich ein kribbeliges Glücksgefühl…

Ich öffnete den Kühlschrank, der wild aussah und kein bisschen so, wie in diesen Artikeln über perfektes Kühlschrank-Managment, aber ich fühlte ausnahmsweise keinen Frust deswegen. Im Gegenteil, ich seufzte selig, weil ich spürte, dass all das nicht verantwortlich dafür war, ob unser Osterfest schön werden würde.

Ich deckte den Tisch auf ein paar Krümeln auf der Streifentischdecke vom Vortag. Ich färbte mit einem Kind bloß sechs Eier, weil die Hälfte der Familie gefärbte Eier eklig findet. Und ich fand es völlig okay. Überhaupt war unser Osterfest herrlich harmonisch und entspannt. Und ich frage mich, ob das vielleicht auch ein bisschen mit meinem Alter zu tun hat…?

Ich habe nämlich endlich gelernt, dass perfekt gefärbte Eier kein perfektes Fest machen.

Auch nicht der bilderbuchähnliche Familienspaziergang bei Sonnenschein, von dem ich immer dachte, dass er zu einem perfekten Osterfest dazugehöre. Inzwischen hatte ich es aufgegeben, meine Familie dazu zu überreden. Ich hatte mir geschworen, dass ich einfach allein gehen würde, wenn ich wollte. Letztlich nieselte es und ich wollte auch nicht. Wir blieben alle zuhause, zwischen Schokoeiern und gekauften Möhrenkuchenkrümeln, lagen und lasen herum, einige veranstalteten einen Fortnite-Wettkampf und wir waren alle sehr, sehr glücklich damit.

Ich habe auch endlich Hoffnung, dass meine Kinder deshalb vermutlich später nicht automatisch zum Schulamokläufer werden, was ich jahrelang befürchtete. Im Gegenteil, sie kümmerten sich hinterher ausgesprochen liebevoll um ihren kleinen Bruder. Und ich hatte Zeit zu lesen.

Ich muss mich selbst immer wieder dran erinnern: Es ist bloß Zocken, kein Heroin.

Ostern, wie der Rest des Jahres, so wie überhaupt die ganze Welt, scheint mir ohnehin viel weniger schwarz und weiß zu sein, als wir denken. Im Gegenteil sogar bunt statt grau. Und noch was: Musste ich erst 40 werden, um vor einem Fest nicht mehr Amok im Klamotten- und Dekoladen zu laufen? Alles immer in der Hoffnung, dass ein neues, schönes Kleid ganz bestimmt ein schönes Ostern machen würde.

Jahrelang gab ich schrecklich viel Geld für die Illusion aus, dass, ich ein mutigeres, schöneres, erfolgreicheres Ich einfach überziehen könne.

Vielleicht fühle ich seit einer Weile endlich, dass ich weder Mut, noch Schönheit, noch Erfolg kaufen und anziehen kann. Denn egal  in welchem Kleid ich stecke, darin stecke immer noch ich. Und ob ein Fest oder ein Tag oder ein Event gut wird, entscheidet etwas anderes.

Es liegt viel mehr an meiner Laune, der Stimmung und am Zufall, wie es wird. Ich habe mir also kein neues buntes Blumenkleid zu Ostern bestellt, in der Hoffnung auf ein High.

Zum ersten Mal sah ich auch in der Depot-Auslage nicht die Aussicht auf ein harmonisches Familienfest, sondern die ewig gleichen Hasen. Und die Werbung, die ich dafür bei Instagram zusätzlich machen müsste.
Es war ein gutes Gefühl, mein Geld in der Geldbörse zu lassen, die Hasen der letzten Jahre aufzustellen – und ein paar Tage frei zu machen.

Überhaupt hab ich der Industrie in den letzten zwei Jahrzehnten viel Geld für das Versprechen von Coolness bezahlt. Aber – ich gestehe! – ich werde auch zukünftig gern mal shoppen gehen. Ein striktes No-buy-Year wäre nichts für mich. Weil ich Klamotten und Muster und Farben liebe. Und weil ich Nie-wieders nicht mag. Aber inzwischen weiß ich, dass mich weder ein Kleid, noch eine Creme, noch eine Vase oder ein Porzellan-Hase dauerhaft glücklich machen werden. Spaß machen sie trotzdem ab und zu.

Glücklich macht mich viel mehr, dass ich stundenlang auf dem Sofa lesen und Schokoeier naschen konnte, während die Kids entspannt um mich herum fläzten. Und dass ich endlich akzeptiere, dass wir vermutlich nie ein ordentliches Haus haben und wohl für immer mit Krümeln wohnen werden.

So sind wir eben. Und das ist okay.

Und noch was: Von diesem Osterfest gibt es nicht ein einziges Familienbild. Dennoch werde ich es nie vergessen, weil es wohl eins der schönsten Ostern aller Zeiten wae. Weil es nämlich einen großen Ommm-Faktor hat, Dinge hinzunehmen, weniger zu konsumieren und sich von Perfektion zu verabschieden.
Alles Liebe,

Claudi