Gestern habe ich geschrien, aber wie. Ich war so, so wütend. Ich bin leider oft wütend, in letzter Zeit. Ich konnte schon immer wütend werden, ich fürchte, das ist vererbt. Aber in letzter Zeit schreie ich es oft raus. Das ist erschreckend. Aber tut auch irgendwie gut…
Ich hab mich über Jobdinge geärgert, über unfaire Kollegen, auch über Verwandte. Und am meisten ärgere ich mich über mich. Und natürlich frage ich mich, warum ich so viel Wut in mir trage. Ist das bloß die Perimenopause?
Wut hat kein gutes Image.
In der Kirche galt Zorn sogar als Todsünde. Und natürlich wäre ich gern entspannter, ausgeglichener. Heute noch wütend zu sein klingt irgendwie nicht mehr zeitgemäß, wo doch gefühlt alle in Coachings und Mantras weilen. Anderseits sind gerade so viele wütend, oder nicht? Auf Lehrer, Politiker. Auf Menschen im Allgemeinen.
Im Zuge meiner kleinen Wut-Recherche habe ich gelesen, dass es sogar „der eigenen Gesundheit zuträglich ist, der inneren Wut auch mal freie Bahn zu lassen.“ Und das sich unterdrückte Wut im Gegensatz dazu negativ auf die psychische Gesundheit auswirken kann.
Aber woher kommt die Wut eigentlich?
Wut, Hass, Ärger, Zorn und auch Aggression entsteht in einem Teil unseres Gehirns, dem limbischen System. Es sitzt ungefähr auf Schläfenhöhe und besteht aus einer Ansammlung von Nervenzellkörpern – den Amygdalas. Verknüpft mit der Großhirnrinde, sind die Amygdala für viele Emotionen zuständig. Sie verarbeiten Reize von Augen und Ohren.
Werden sie stimuliert, setzt das die hemmende Großhirnrinde außer Kraft und sendet über den Hypothalamus Warnsignale an den gesamten Körper. Der Hypothalamus schickt gleichzeitig Warnsignale an die kontrollierende Großhirnrinde, jedoch langsamer als das limbische System. So entsteht eine unkontrollierte Wut, über die wir erst nach einer Weile wieder Kontrolle gewinnen.
Bei Erwachsenen gibt es verschiedene Auslöser, wie Ungerechtigkeit, Respektlosigkeit, Angriff auf die eigene Persönlichkeit, Ausnutzen, Enttäuschung, unangemessene Kritik, Verletzung des Selbstwertgefühles oder Überforderung und Belästigungen. In Kombination mit Rachegedanken ist Wut eine explosive Mischung, die in Aggression münden kann. Diese ist eine permanente Impulsivität, die sich im Affekt äußert. Sie gilt als psychische Schutzreaktion, die durch innere und äußere Bedingungen ausgelöst wird. (Quelle).
Brüllen wir los, setzen wir Energie frei.
„Atem- und Pulsfrequenz steigen an, ebenso wie der Blutdruck. Die Muskeln spannen sich an, Blutgefäße verengen sich. Durch den erhöhten Blutdruck schottet sich das Gehirn von Außenreizen ab. Es entsteht eine leicht differenzierte Wahrnehmung, die sachliche Argumente ausblendet und Kurzschlusshandlungen fördert.“ Zorn steht dabei in erster Linie für die Beseitigung eines Hindernisses. Sprich, es lindert unsere Angst und pusht uns. Somit bewirkt Wut, in kontrollierter Form, gar etwas Positives.
Tatsächlich kann ich sagen, dass meine Wut mich bereits sehr weit gebracht hat. Manche Wutanfälle hätte ich mir sparen können, aber letztlich habe ich Wut schon oft in Energie umgewandelt und diese in Ideen und Projekte und meinen Ehrgeiz gesteckt. Wütend kann ich allerdings nicht gut in meine Buchprojekte abtauchen.
Ich gehe laufen, wenn ich wütend bin.
Dabei empfehlen Experten gegen stechende Wut statt zu joggen lieber herunterzufahren: Tiefenatmung, Entspannung, Achtsamkeit, Meditation, Yoga, oder sich eine Auszeit nehmen. Ganz ehrlich, wenn ich wirklich wütend bin, kann ich mich nicht auf meine Atmung konzentrieren.
Ich habe mich gerade für einige meiner Wutausbrüche entschuldigt, auch wenn es mir schwer fiel. Ich denke aber auch, dass ich vielleicht etwas ändern muss, wenn ich derzeit so oft so wütend bin. Manches kann ich nicht ändern, anderes vielleicht schon. Arzttermin ist gemacht und ich habe mir fest vorgenommen, in nächster Zeit nachzudenken, Pläne zu machen und mich in Zukunft besser um mich zu kümmern. Spätestens in den Weihnachtsferien.
Foto: Shutterstock
Wirst du wütend?
Liebe Claudia!
Ja, ich werde auch wütend. Ich bin mir fast sicher das es sich um einen Progesteronmangel handelt🤯😵💫
Ich komme mir manchmal ein bisschen vor wie in der Snickers Werbung.
Du bist nicht du wenn dir Progesteron fehlt🤣🤣🤣🤣
Hätte ich auch getippt, zumindest vielleicht als Teil der Wut, in Kombi mit dem ganz normalen Alltagswahnsinn in der Lebensmitte…nehme seit ca. 3 Monaten Progesteron und bilde mir ein es ist jetzt besser, auch Schlafstörungen sind weniger geworden…
Liebe Claudi,
das hört sich sehr nach Perimenopause an. Auch schon Dein Beitrag übers Streiten.
Und es hat ja auch seine Berechtigung, dass sich die „Harmonie-Hormone“ zurückziehen und wir (nun mit etwas mehr Testosteron) eher für unsere Belange eintreten.
Wichtig finde ich nur, dass es nicht die Falschen trifft.
Den Mansplaining-Kollegen mit einem lauten „Stop!“ zum Schweigen bringen?
Endlich!
Aufgestaute Wut an unbeteiligtem Servicepersonal auslassen? Auf gar keinen Fall!
Manche sprechen im Zusammenhang mit den Wechseljahren nicht von wütend, sondern nennen es „wild“ …
Liebe Grüße
PS:
Wenn ich mir Abstand von meiner Wut wünsche, hilft eine einfache Achtsamkeitsübung: Ich stelle mir mich als Gefäß vor, in dem verschiedene Bälle sind. Einer davon ist die Wut, die sich gerade ganz schön aufbläst. Dadurch werden die anderen (Humor, Geduld, Freude, …) zwar zusammengedrückt. Aber sie sind nie weg!
Ich bin ja nicht meine Wut (auch wenn es sich manchmal so anfühlt).
Sie nimmt nur gerade viel Raum ein. Danach macht sie sich wieder klein. Und wenn‘s gut läuft, wachsen die anderen Gefühle daran.
Puh, ja, diese Überforderungs-Wut / ich -Stecke -fest-Wut kenne ich auch!
Dann laufe ich rum wie ein wildes Huhn und alle aus der Familie flüchten vor mir;-))
Sehr empfehlenswertes Buch:
„Die Wut, die bleibt“ von Mareike Fallwickl
Ich kenne das auch. Vor allem kommt bei mir die Wut, wenn mir alles zuviel wird. Da hilft oft nur Ruhe vor Menschen und ganz positive Unterhaltung am besten ein schmachtender Liebesfilm mit Happy End oder ein kitschiges Buch. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich dann einfach nicht mehr fühlen kann, mich auf andere Bedürfnisse einstellen kann und schon gar nicht mehr kommunizieren mag. Eigentlich Dinge, die ich sonst gerne mache, die mich erfüllen, aber manchmal ist die To do Liste im Job und privat einfach zu lang, manchmal wollen einfach zu viele etwas von mir, muss ich mich zu lange zurück stellen, dann kommt Wut! Ich versuche mit der Weile mich vorher raus zu nehmen, mich mal zu verkrümeln, aus der Bahn zu bringen. Und tatsächlich, wenn ich das vorher schaffe klar zu kommunizieren, was in mir vor geht, dann klappt das sogar ganz gut und nach ein- zwei Stündchen geht’s dann wieder. Mein Mann ist übrigens ähnlich, der vertieft sich dann in ein banales Habdyspiel, taucht völlig an, wenn er dann getankt hat, geht’s wieder. Also liebe Claudi gut auf Deinen eigenen Tank achten, dann wird’s besser. Bestimmt.
Danke!!!