Mein Mann ist meine große Liebe. Schade nur, dass er sich den Platz in meinem Herzen mit so vielen anderen teilen muss. Denn seitdem wir Kinder haben, ist meine Liebe polyamor – aber leider nicht wirklich gerecht verteilt. Ein Großteil fließt in diese drei wunderbaren Wesen, die wir hervorgebracht haben – und für uns zwei bleiben oft nur die Reste. Und manchmal frage ich mich: Wären wir ohne Kinder das glücklichere Paar…?
Ich musste darüber nachdenken, als wir kürzlich zu zweit aus waren. Ein Open-Air-Konzert an einem lauen Augustabend, wir hatten die Kinder bei unserem Babysitter gelassen (hier und hier übrigens noch mehr Texte darüber, wie fantastisch so ein Arrangement für alle Beteiligten ist). Wir saßen mit einem Drink in der spätsommerlichen Sonne, dichteten den Menschen um uns herum irgendwelche Biografien an, verloren keine Silbe über unser Trio und waren so entspannt, fröhlich und bei uns beiden wie schon lange nicht mehr.
Mir fehlt in letzter Zeit häufiger dieses “Nur du und ich”-Paar-Selbstverständnis, das wir mal hatten.
Dieser durch nichts verwässerte Fokus auf uns beide, unsere Liebe, unsere Wünsche, unser Zweisamsein. Es gab eine Zeit, da konnte ich morgens mein Glück kaum fassen, dass dieser tolle Mann neben mir im Bett liegt. Mittlerweile bin ich freiwillig daraus ausgezogen, weil immer mindestens ein Kind den Platz zwischen uns beansprucht. Es gab mal eine Zeit, da wurden wir nicht müde, uns gegenseitig auszufragen – heute dreht sich ein Großteil unserer dauermüden Gespräche um unseren Fünfer-Familienalltag und dessen Organisation.
Versteht mich nicht falsch: Ich wollte immer eine Familie. So sehr, dass ich mich von meinem Mann, der damals noch mein Freund war, fast getrennt hätte – weil er in Sachen Kinderplanung eher zögerlich war. Hätten wir keine Familie gegründet, wären wir heute vermutlich nicht mehr zusammen. Und doch sehne ich mich immer öfters nach dieser präfamiliären Paar-Zeit.
Es sagt einem vorher ja auch keiner, was aus dem Liebespaar wird, das man mal war.
Dass nicht mehr Leidenschaft der Kitt durchwachter Nächte ist, sondern gemeinsamer Leidensdruck. Dass am Wochenende nicht mehr Feiern und Faulenzen im Fokus steht, sondern Frustrationstoleranz. Dass die große Liebe, die so viel Raum eingenommen hat, sich erstaunlich klein machen kann. Dass die Liebe, die so laut und präsent war, oft nur noch flüstert.
Dabei hatten wir auch schon vor den Kindern nicht nur rosige Zweisam-Zeiten. Zum Glück, wie ich heute finde. Als unsere Liebe noch ohrenbetäubend laut war, tat sie auch manchmal weh. Weil wir uns an Meinungen, Ideen, Gefühlen verhakten. Weil wir all unsere Energie in unsere Emotionen steckten. Weil uns nichts und niemand von uns ablenkte.
Hätten wir damals nicht gelernt, durch Krisen durchzugehen, Situationen auszuhalten, uns auszuhalten, wären wir heute vermutlich auch kein Paar mehr.
Wären wir nicht schon vorher mehrfach von der Liebe durchgeschüttelt und neu zusammengesetzt worden, hätten wir nicht mit ihr gehadert und sie auch mal verwünscht, wären wir jetzt nicht so gut darin, ihre Wandlung zu akzeptieren. Nicht mehr in der ersten Reihe vor der Bühne unseres gemeinsamen Lebens, sondern eher am Rand, wo die Sicht gut, aber die Energie gedrosselt ist.
Doch auch, wenn sie strapazierfähig ist – die Langzeitliebe trägt sich nicht von allein. Deswegen drehen wir unsere Liebesregler gerade wieder lauter – und ich gewichte die Plätze in meinem Herzen behutsam neu.
Nein, wir wäre ohne Kinder nicht glücklicher – nicht als Menschen, nicht als Paar.
Aber jetzt, wo unsere Kinder aus dem Gröbsten raus sind, wo sie nicht mehr permanent unsere Fürsorge, unsere Zeit und Liebe beanspruchen, erinnern wir uns immer häufiger an das Paar, das wir mal waren. Kratzen unter vielen Elternschichten frei, wer wir gemeinsam gewesen sind, was wir mochten, worüber wir lachen konnten, was wir aneinander liebten, bevor sich der Fokus auf andere verschob. Gehen wieder auf Konzerte, ins Kino, auf einen Drink an die Bar – oder nehmen uns gleich ein ganzes Wochenende nur für uns und unser Zweisamsein.
Vielleicht ist dieser Text ein Appell – an mich, an euch und uns alle: Make Love Love again. Make Love big again. Gebt der Liebe wieder mehr Raum, lacht miteinander, liebt euch – im Herzen und im Bett – entdeckt euch wieder oder auch ganz neu. Denn irgendwann werden wir immer noch Eltern sein, aber ohne akuten Erziehungsauftrag oder Handlungsbedarf. Irgendwann wird es im Haus wieder leise sein – und damit stattdessen die Liebe lauter tönt, sollten wir rechtzeitig damit loslegen, sie wieder groß zu machen.
Denn ich habe so eine Ahnung, dass wir das glücklich möglichste Paar erst noch werden können.
Habt ihr euch diese Frage auch schon mal gestellt – ob ihr als Paar glücklicher sein würdet ohne Familie?
Ich bin ganz gespannt!
Alles Liebe,
So toll geschrieben – so wahr!
Hej liebe Katrin, ich danek dir. 🙂 Alles Liebe, Katia
Wow, Katia… ein starker Text. Danke!
Ich frage mich nicht so sehr, ob wir ohne Kinder glücklich(er) wären – ich weiß, dass wir zu zweit gut zurecht kommen und gerne zusammen sind! Aber dieser Angang, ein paar “Elternschichten abzukratzen”, wie du es so treffend nennst, für den fehlt mir so oft die Kraft! Da haben wir über Monate schon die Konzerttickets und schaffen es dann beinahe nicht, rechtzeitig Übernachtungsverabredungen für die Kinder zu machen, damit wir auch wirklich hinkönnen. Da wollen wir eigentlich einmal in der Woche gemeinsam frühstücken, wenn wir beide erst später arbeiten müssen, doch dieses theoretische Date wird regelmäßig von Familienpflichten aufgefressen, die sich vordrängeln.
Unsere Liebe muss gerade einen echt langen Atem haben…
Hej liebe Sina, ja, die Elternschichten sind eine hartnäckige Kruste… 😉 Wir müssen uns das auch immer und immer wieder vornehmen, uns gegenseitig in den Hintern treten, diese oder jene geplante Aktion (spontan ist ja nicht) dann auch wirklich durchzuziehen. Das ist oft so anstrengend, dass wir uns auch fragen: Lohnt der ganze Aufriss gerade? Babysitter bezahlen, dann noch ein Essen, Konzertkarten – und dabei ist man trotzdem die ganze Zeit müde? Ja, es lohnt. Und vielleicht ist es im Sommer leichter als im Winter, weil im Sommer eh alles leichter ist, auch die Liebe. Bleibt dran! Kann nur gut werden 🙂 Alles Liebe, Katia
Unsere Liebe hat das leider nicht überlebt 😔
Das tut mir sehr Leid… ❤️🩹
Ach Katia, wir immer bahm, mitten ins Herz geschrieben. Danke!
Hej liebe Kerstin, deine nette Rückmeldung hat auch gerade bähm gemacht 🙂 Alles Liebe, Katia
Ist das schön… wir haben, nachdem unsere beiden Söhne mit nun 6 und 7 Jahren aus dem Gröbsten raus waren, auch seit etwa zwei Jahren wieder viel mehr Paarzeit. Mit Geburt von Baby Nummer 3 vor ein paar Wochen ist nun alles wieder neu und Fokus auf den Kindern. Aber wir wissen, das geht vorbei und sind uns immer bewusst, wie wichtig es ist, uns nicht aus den Augen zu verlieren. Sobald es möglich ist, fangen wir klein an und gehen alleine zusammen um die Ecke essen 🙂
Hej liebe Lisa, dann erst einmal herzlichen Glückwunsch zu Baby No. 3 🙂 Vielleicht ist schon viel gewonnen, wenn beide wissen (und gewillt sind), wie wichtig gemeinsame Paar-Auszeiten sind. Und besser, es ist nicht der ganz große Angang – insofern: Geht doch einfach mit Babyschale ums Eck essen. Haben wir mit Nummer drei damals auch gemacht (und nur mit dem, die Lässigkeit hat uns vorher irgendwie gefehlt…). Alles Liebe, Katia
Oh ja das stimmt! Aber ich bin gewiss diese Zeit kommt wieder! Aber ich bin mir auch sicher, dass wir ohne Kinder nicht das Paar wären, das wir heute sind, und auf das ich (trotz wenig Paarzeit) sehr stolz bin💙
Hej liebe Nici, und das ist doch ein wunderschönes Fazit, oder? Alles Liebe euch, Katia
Schöner Text! Vielen Dank!
Es wäre ein so andere Realität, ich weiß nicht was das wäre. Aber ja. Es ist ein Kampf das wir zu erhalten.
Liebe Grüße
Hej liebe Isabella, ich danke dir! 🙂 Die Liebe ist ein Kampf, der sich lohnt… Alles Liebe, Katia
Ohja..wir hatten eine sehr sehr lange Elternzeit,denn wir haben 8 Kinder,aber jetzt ist der Jüngste plötzlich 12 und schon seit einiger Zeit frage ich mich,wie schaffen wir es wieder mehr zum Paar zu werden.und stelle dann fest,die Basis ist da und gut,wir müssen uns nur aufraffen.dann stellen wir fest,wie haben uns auch so noch viel zu sagen…und das ist sehr schön und wertvoll!
Aber hast du nicht 4 Kinder?Oben steht was vom Trio? Ich lese hier noch nicht so lange mit,deshalb mein Nachfrage
Liebe Grüße Tanja
Und nein..ohne Kinder wären wir definitiv NICHT glücklicher!
Hej liebe Tanja, oh ja, das klingt nach laaaanger Elternzeit! 😉 Umso besser, dass ihr euch dabei nicht verloren habt, das ist sicher nicht selbstverständlich im Großfamilienkontext. Ich finde auch, man merkt es daran, wie viel man noch zu bereden hat, ob man überhaupt noch Interesse hat, mit dem Partner über den familiären Zusammenhang hinaus Zeit zu verbringen. Wir sind hier übrigens ein Team von Schreiberinnen: Ich habe drei Kinder, Claudi, die Gründerin von Wasfürmich hat vier 😉 Danke für dein Dabeisein, lies gern wieder vorbei! Alles Liebe, Katia
Wow, liebe Katia. Direkt mitten ins Herz ❤️
Ich glaube dein Text ist nicht nur für Paare die bereits Eltern sind, sondern auch so wertvoll für all die, die darüber nachdenken.
So ehrlich und berührend.
Ich danke dir für deine Worte und wünsche euch, dass eure Liebe vorallem eins bleibt: echt.
Von Herzen, Suzan
Hej liebe Suzan, wie schön, das freut mich riesig! Kam auch von Herzen 😉 Danke für deine Rückmeldung und deine guten Wünsche – ich bin ganz zuversichtlich, was unsere Liebe und deren Verbleiben anbelangt 😉 Alles Liebe, Katia
Hallo Katia,
Ich bin 44, mit den Kinder-Ding aber schon weiter, meine sind zwischen 9 und 18, jetzt kommt die gruselige Phase, in der sie viel zu schnell flügge werden. Und ich wehmütig auf die vergangene Zeit mit kleinen Kindern zurück schaue.
Paarzeit vor den Kindern hatten wir nur kurze Zeit: mit 25 wurden wir ein Paar und mit 26 schon Eltern. Ob wir ohne Kinder das glücklichere Paar wären? Das ist sehr hypothetisch aber aus dem Bauch heraus würde ich sagen: nein! An so einer Aufgabe wächst man doch gemeinsam. Und mit Mitte 40 bin ich im Rückblick doch sehr froh, dass mein Leben sich in den letzten knapp 20 Jahren nicht nur um mich selbst gedreht hat. Und ab und zu mal feiern ist ja schön, aber das brauche ich auch nicht mehr ständig und ist ja irgendwie auch okay, wenn das freie und ungebundene Leben ein Privileg der Jugend ist (:
Hej liebe Franzi, oh ja, über das plötzliche Großwerden und Abnabeln habe ich hier auf dem Blog vor kurzem auch geschrieben – lies gern vorbei 🙂 Ich finde deinen Aspekt total spannend: Dass man sich mit Kindern nicht nur um sich selbst dreht, nicht um sich allein, nicht um sich als Paar. Ich bemerke das manchmal an Freundinnen, die (gewollt) kinderlos geblieben sind: Dass ihnen eine gewisse Lässigkeit, eine Ausdauer, eine Resilienz mit den Dingen des Lebens und von Beziehungen fehlt. Ja, ich habe gerade verstärkt Serhnsucht danach, wieder spontan Dinge unternehmen zu können, feiern zu gehen, einen Tag gemeinsam (und ohne Anhang) im Bett zu bleiben. Aber nichts von dem, was meine Kinder mir geben, möchte ich missen oder gegen ein anderes Leben tauschen. 🙂 Alles Liebe, Katia
Whow Katja – was für ein starker Text.
Make Love Big Again – das ist so unterschätzt – und so wichtig.
Liebe Grüsse aus dem Apfelkuchenland!
Anna
Hej liebe Anna, ich danke dir sehr! Freut mich, dass der Text etwas mit dir macht 🙂 Schönes Wochenende, alles Liebe, Katia