Eine Kollegin von mir wurde letztens auf Instagram gefragt, ob sie sich in ihrem Urlaub gut erholt habe. Sie antwortete, dass sie darüber nachdenken musste und ihr dann bewusst wurde, dass sie ein Leben führe, von dem sie keine Erholung brauche. Ich muss seither ständig darüber nachdenken…

Die Kollegin wohnt sehr ländlich, ähnlich wie wir, allerdings in Österreich, statt in Deutschland. Sie und ihr Mann arbeiten selbstständig, auch wie wir. Allerdings homeschoolen sie ihre Kinder. Bis auf diese Tatsache unterscheiden sich unsere Leben aber gar nicht so sehr voneinander. Oder doch? Wie kann es sein, dass sie und ich unseren Alltag so unterschiedlich wahrnehmen?

Obwohl ich genau das Leben führe, das ich mir immer gewünscht habe, bin ich permanent erschöpft davon.

Dabei lebe ich wie erhofft auf dem Land, in einem schönen Haus, habe Familie, Kinder, sogar Kaninchen. Wir haben einen tollen Garten und ich kann beruflich das machen, was ich immer wollte, nämlich schreiben. Wir leben in Frieden, wir sind gesund. Wir haben tolle Freunde, einer meiner liebsten (Elb-)Strände ist bloß ein paar Gehminuten entfernt und ich bin in der glücklichen Situation, ohne groß nachzudenken unseren Einkaufswagen füllen und sogar unseren nächsten Urlaub planen zu können. Ich bin sehr dankbar. Warum bloß, warum fühle ich mich dann ständig erschöpft?

Weil mein Tag immer viel zu wenige Stunden hat.

Weil ich unglaublich ehrgeizig bin. Weil ich gern Dinge schreibe, die kein oder kaum Geld bringen und das nur machen kann, indem ich nebenher viele Dinge texte, die mir weniger Spaß machen, aber Geld bringen. Weil eben doch lange nicht genug Geld da ist, um uns alle Wünsche zu erfüllen. Weil wir so immer abwägen müssen und Entscheidungen treffen. Weil ich es einfach nicht schaffe, unser Haus und den Garten so in Ordnung zu halten, wie ich es gern hätte.

Weil die Kinder bei ihren Schularbeiten Hilfe brauchen, beziehungsweise ich denke, sie bräuchten welche. Weil es in der Familie Sorgen durch Krankheit gibt und ich mich jeden Abend frage, ob am nächsten Tag noch alles so ist, wie am vergangenen. Weil ich mir überhaupt ganz viele Sorgen mache. All das kostet unglaublich viel Energie. Lässt mich auf die Frage „Und wie geht’s dir?“ schon seit einer Weile antworten: „Joa, geht so.“

Vielleicht habe ich einfach das Sorgenmachgen geerbt.

Klar frage ich mich regelmäßig, ob ich an meinem Gefühl etwas ändern könnte. Wäre ich im Dauerurlaubsmodus, wenn ich einen anderen Job machen würde? Wir noch mehr Geld hätten? Wir doch auswandern würden? Ich denke nicht. Oder wenn wir die Kinder wieder im Homeschooling hätten, weil die Schule echt stresst? Um Gottes Willen bitte nicht.

Vielleicht sind glücklich sein und glücklich fühlen einfach zwei unterschiedliche Dinge. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nämlich nicht mal im Urlaub in jeder Minute ein Urlaubsgefühl. Das kann bereits gestört werden durch eine einzige Mail. Ich wäre wirklich gern dauerhaft tiefenentspannt, bin es aber nicht.

Im Gegenteil: Meine Emotionen sind filmreif. Können im Stundentakt zwischen Kitschkomödie, Actionfilm und Tragödie wechseln. Und wenn ich genau drüber nachdenke, ist das vielleicht sogar ganz gut so. Weil ich durch den Weg durch die Täler den Blick vom Berg so richtig genießen kann. Weil ich verrückterweise, wenn ich darüber nachdenke, unseren stressigen Alltag ganz gern mag, ihn zumindest nicht missen will. Und weil die Vorfreude auf Urlaub einfach so absolut großartig ist.

Urlaub ist allein schon toll, weil wir dann nicht früh aufstehen müssen.

Ich fürchte nämlich, im Dauerurlaubsmodus hätten wir ein echtes Problem. Weil wir nämlich so eine richtige Langschläfer-Familie sind, würden wir vermutlich so richtig in den Nachtmodus rasseln und immer bis 14 Uhr ausschlafen. Das wäre auf Dauer dann doch doof. So banal ist es irgendwie. Und dann wohl doch gut so, wie es ist? Ich freue mich also weiter ziemlich zufrieden von einem Urlaub zum nächsten.

Und du? Träumst du von einem Leben, von dem du keinen Urlaub brauchst? Oder lebst du es vielleicht bereits?

Claudi