Kürzlich packte es mich wieder auf dem Weg zum Supermarkt: Was, wenn ich nicht auf den Parkplatz, sondern Richtung Autobahn abbiegen würde? Und dann mit lauter Musik und kribbelnder Vorfreude der Sonne und einem Irgendwo entgegen brausen. Hach…
Dass ich in keinem Beach-Van, sondern nur in unserem ollen Familien-Caddy saß – geschenkt! Jedes Auto birgt doch das Versprechen von Freiheit, von kleinen und größeren Abenteuern: Ich habe in Autos geliebt, gelacht und geweint. Sie haben mich ans Meer und in die Berge gebracht. Sie waren Schrottmobile oder Stylekutschen. Ich habe ihnen Namen gegeben und sie in mein Herz geschlossen.
Zugegeben: In den vergangenen Jahren waren die Beziehungen zu meinen wechselnden Mobilen nicht mehr ganz so innig wie früher. Sie sollten sicher sein, nicht schön. Krümelkompatibel. Stauraumwunder. Das Praktische wog schwerer als die Verheißung. Meine Liebe war eher lau als glühend.
Aber seitdem die Welt geschrumpft scheint, ist das Auto unser Ausweg aus dem Alltags-Einerlei.
Die kleine Flucht aus dem ewig gleichen Radius aus Spielplatz und Supermarkt. Unser Sehnsuchts-Ticket nach Anderswo – und wenn es nur der nächste Waldsee ist. In Zeiten mit Abstandsgebot reduziert sich die Wahl der Fortbewegungsmittel eben auf ein Minimum: Wer mag schon gerade gern in Bus oder Bahn steigen? Vom Fliegen ganz zu schweigen. So erfährt meine Auto-Liebe gerade ihr großes Revival.
Kaum etwas versetzt mich so in Urlaubslaune wie ein bis unters Dach gepacktes Auto. Als Kind verhieß der vollgestopfte Passat in sonnengelb vier Wochen Frankreich. Dass wir dafür zwei Tage eingepfercht im Fond hocken mussten? Nebensächlich! Weil am Ende der Reise eine andere Welt auf uns wartete. Eine, in der Zikaden zirpten, in der es nach Pinienwald duftete und das Brot Baguette hieß. Unser Auto transportierte nicht nur uns, sondern unsere Sehnsucht gleich mit.
Mein erster hieß Möter – halb Mensch, halb Köter.
Schon ein wenig abgerissen, aber ehrlich und loyal. Wie die Figur aus “Spaceballs”, nach der der Wagen benannt war. Ich bekam ihn zum Schulabschluss – es war unser ehemaliger Familienpassat. Das perfekte Gefährt für eine wilde Abifahrt nach Dänemark und einen chaotischen Camping-Trip an die Atlantikküste. Ich fuhr mit ihm auf Festivals, schlief im Kofferraum, kochte Instant-Kaffee im Fußraum. In einem Schuhkarton auf dem Beifahrersitz lagerten meine Lieblingstapes. Denn jede Fahrt ist nur so gut wie die Musik, die aus den Boxen schallt. (Hier findet ihr eine tolle WASFÜRMICH-Playlist, die sich auch hervorragend für Unterwegs-Beschallung eignet.)
Ein Auto war für mich auch immer Teil meiner Persönlichkeit, meines aktuellen Lebensgefühls. Dafür musste es nicht mal zwingend das eigene sein. Ich bin mit einem Miet-Opel wochenlang durch Südeuropa gebraust – im Gepäck meine beiden besten Freundinnen und verdammt viele Zigaretten. Mit einem Cabrio durch Palma gecruist, mit Bulli nach Bordeaux geknattert, mit Ente an die See. Die Fahrt mit dem Auto war immer schon Teil des Abenteuers, zu dem man auf dem Weg war.
Mein Lieblingsmobil war unser tomatenroter Käfer.
Er war mein Auszeit-Auto, als ich ein Sommer-Sabbatical in unserem Wendland-Wochenendhaus machte. Er symbolisierte alles, was ich damals fühlte: Leichtigkeit, Laune, Laisser Faire. Ich liebte seinen Sound, der mich zu meinen Ausflügen an die nahe Elbe oder den Badesee begleitete. Ich liebte das Lachen in den Gesichtern der Menschen, die uns fahren sahen. Ich liebte das Leben, das ich damals mit ihm führte.
Als die Kinder kamen, verschoben sich die Pkw-Prioritäten: Caddy statt Käfer, Platz statt Spaß. Meine Leidenschaft flaute ab – die meiner Kinder wurde dagegen geweckt. “Mama, es riecht hier immer sooo gut nach Familienauto”, seufzt meine Tochter oft, wenn sie auf die Rückbank klettert. Und auch für mein Kinder-Trio scheint jede Fahrt ein kleines Abenteuer.
Weil am Ende das Café mit dem leckersten Eis der Welt wartet. Weil das Auto sie zu Oma und Opa auf die Insel bringt. Oder weil am Autofenster ganz neue Landschaften vorüberziehen: “Mama, da liegt ja SCHNEE!!”, jubelten sie ungefähr zwei Stunden lang, als wir vor zwei Jahren von der norddeutschen Tiefebene aus durch die Alpen fuhren. Im Flieger hätten sie das in der epischen Breite nicht erlebt.
Jetzt haben wir uns einen Bus gekauft.
Kein Campmobil. Aber der beste Kompromiss aus Stauraum und Lebensgefühl. Weil unsere Sehnsucht nach kleinen Alltagsfluchten immer größer wird. Und unser vormaliger Fünfsitzer gerade mal so unsere Familie fasste – und keinen Freund mehr. Ich bin seitdem permanent ein wenig aufgeregt. Das erste Mal seit langer Zeit, wenn es um ein Auto geht. Weil: Jede Fahrt darin fühlt sich gerade wie ein kleiner Kurztrip an. Selbst wenn ich nur zum Discounter cruise.
Vor kurzem waren wir das erste Mal am Meer. Bustür auf – und ein Strom Kinder, der sich auf den Strand ergießt. Und dann Pizza-Party im Kofferraum mit Blick auf die Nordsee. In den vergangenen Monaten hat sich selten etwas so stimmig angefühlt wie das.
Und wie unser Käfer damals ist es jetzt mein Kopfkino, das läuft und läuft und läuft: Ich sehe uns nach Süden brausen. Auf Parkplätzen mit Panorama-Blick picknicken. Meinen Mann und mich zu einem Solo-Trip losdüsen – im Fond keine Kindersitze, sondern Matratze und Campingkocher. Der Sommer kann kommen.
Wie ist es mit euch: Habt ihr auch Sehnsuchts-Mobile und Lust auf Auto-Abenteuer?
Fotos: Shutterstock (2), privat
Alles Liebe,
hahaha, geht mir gar nicht so! Ich bin 35 und in meinem Freundeskreis werden Autos eher als notwendiges Übel betrachtet, das Kinder halt so mit sich bringen. Ich glaube, da macht unser kleiner Altersunterschied schon etwas aus, Katia. meinem Gefühl nach ging es den meisten in meiner Generation so, dass ein Auto eher Verpflichtung als Freiheit bedeutet. Freiheit war es, mit Ryanair für 10 Euro nach London zu fliegen, eigentlich ganz schlimm natürlich! Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass ich in Hamburg, sprich Großstadt großgeworden bin 😉
Hej liebe Svenja, das ist auch eine spannende Frage: on Auto-Liebe mit Alter oder mit Sozialisation zu hat. Ich denke, vielleicht ist es auch eine Frage der Persönlichkeit. Ich bin schon immer wahnsinnig gern Auto gefahren – viel lieber als zu fliegen, selbst als es noch unkompliziert war. Und ich bin gerade heilfroh, dass ich die drei Kinder als gutes Argument habe, jetzt endlich einen Van zu fahren 😉 Alles Liebe!
Hi, du schreibst das schön Katia. Mir geht es genauso. Das Auto als Gefährt ins Grüne, ins Blaue, ins etwas Unbekannte…
Und ich habe meine Autoliebe erst in der Pandemie kennen gelernt bzw. das Auto zu schätzen in der Pandemie mit den 3 Kindern. Es lebe hoch der (Sonntags-)ausflug!
Wir suchen -wie wohl viele- aktuell auch einen Bus.
Gute Ausflüge euch!
Marleen
Hej liebe Marleen, danke, das freut mich! Ich habe uns auch gerade pro Wochenende einen Ausflug irgendwohin verordnet – um durchzuschnaufen, andere Dinge zu sehen, zu erleben. Ich hab den Eindruck, dass tut uns als Familie auch immer gut, nicht immer im gleichen Trott zu verharren. Wenn es auch manchmal mühsam ist, bis alle im Auto sitzen – aber es lohnt. IMMER! Alles Liebe euch beim Erkunden.
Hallo liebe Katia,
ich kann das so gut verstehen. Wir haben unseren Bus 2018 gekauft und möchten ihn nicht mehr missen. Er bedeutet einfach Freiheit. Seit letztem Jahr haben wir noch ein Dachzelt oben drauf, in das vier Leute passen, plus Vorzelt. Wenn mir mal jemand vor zwei Jahren gesagt hätte, dass ich unter die Camper gehen würde, hätte ich ihn ausgelacht :-D, aber die Pandemie machte es möglich 😉 Kann ich nur empfehlen so ein Teil!!!
Viele schöne Alltagsfluchten wünsche ich dir und deiner Familie!
Rabea
Hej liebe Rabea, wow, da seid ihr ja schon fortgeschritten! 🙂 Ich bin tatsächlich als Kind jedes Jahr mit meiner Familie wochenlang campen gewesen – allerdings mit dem Zelt. Danach nie wieder. Jetzt ist mein liebster Plan gerade, eine Nacht mit meinem Mann allein irgendwohin zu fahren, im Bus zu schlafen – und morgens Instant-Kaffee am Seeufer trinken. Alles Liebe – und viel Spaß weiterhin!
😅 als unser drittes Kind unterwegs war hat mein Mann gejubelt. Endlich ein Bus.. und ich hab mich auch gefreut. Es war schon lang unser Traum. Wir haben die Variante zum schlafen ohne Kochen und das bietet so viel Freiheit 😍 was wir schon für Orte und tolle Zeiten erlebt haben. Mit dem Auto. Und ich bin auch Mitte dreißig und kenne diese Billigflieger Weltenbummler Lust. Aber ich glaube das nimmt immer mehr zu das mit dem Auto wieder mehr entdeckt wird. Es ist ja auch einfacher als früher- offene Grenzen gute Straßen mit tollen Anbindungen 🤷♀️ ich möchte es nicht missen und ich wünsche euch allzeit gute Fahrt mit tollen Abenteuern!
Hej liebe Bea, das letzte Kind trägt Blech…;-) Oh, das klingt herrlich!! Wir haben nur eine Business-Variante mit Sitzen, die man aber rausnehmen und diese Van-Matratzen reinlegen kann. Darauf bin ich total scharf 🙂 Unser erster Solo-Trip soll definitiv ans Meer gehen, kannes gar nicht erwarten 🙂 Alles Liebe auch für euch und eure kleinen Alltags-Fluchten!
Total interessant die verschiedenen Kommentare zu lesen!
Für mich persönlich ist ein Auto tatsächlich eher ein lästiger Besitz, um den man sich kümmern muss (Steuern, Sprit, TÜV, Reparaturen, Parkgebühren…). Und dazu in der Stadt natürlich auch nicht zwingend notwendig.
Und da bisher nur Autos oder alternativ Billig-Flieger erwähnt wurden: die für uns als Familie schönste Art zu reisen oder für Ausflüge raus zu kommen ist die Bahn! Entspannter geht es doch eigentlich gar nicht- kein Stau, keiner der sich aufs Fahren konzentrieren muss, Bewegungsfreiheit, Bistro an Board, schönste Landschaften anschauen – herrlich! Dazu glückliche kleine Klima-Schützer – unsere Kinder möchten nämlich am liebsten gar nicht mehr fliegen und auch Auto fahren finden sie nicht sonderlich toll.
Im Alltag Fahrrad, zu Fuß oder Bus / Bahn oder Fahrrad mit in die Bahn und weiterradeln- und falls ein Ziel mal gar nicht gut erreichbar ist, dann auch ab und an mal ein Carsharing Auto (da muss ich mich um nichts weiter kümmern 🙂 ).
Liebe Grüße!
Hej liebe Ina, das ist WIRKLICH spannend, wie unterschiedlich die Leidenschaften hier sind 😉 Ich vermute, dass es viel mit Sozialisation zu tun hat – und dem Umfeld, in dem man sich bewegt. Ich bin mit Auto-Urlauben groß geworden, leb jetzt seit Jahren wieder auf dem Dorf, wo man ohne Auto einfach aufgeschmissen ist. Und ich mag dieses Bus-Feeling einfach. Mit der Bahn waren wir allerdings früher mitunter unterwegs – aber der Funke ist nie so richtig übergesprungen. Aus Klima-Sicht aber bestimmt besser! AllesLiebe für euch und viel Spaß auf euren Railroad-Reisen!
Ich hatte auch mal einen Käfer, da war die Autoliebe sehr groß!
Dann kamen die Kinder und der Pragmatismus und seit dem schwindet die Autoliebe kontinuierlich.
Da wir in der Kleinstadt leben, erledigen wir alles mit dem Rad.
Für Trips in die weite Welt reicht unser Corsa, auch wenn wir häufiger belächelt werden: Er ist ein echtes Raumwunder und bietet Platz für 5+Wochenendgepäck.
Für den jährlichen Urlaub leihen wir uns was größeres. Das ist dann schon cool, das neueste Modell, mit allem Schnickschnack 😉
Aber im Alltag lasse ich mir lieber den Wind um die Nase wehen. Wenn ich nur ans Stehen an der Ampel im Auto denke, kriege ich schon Kopfweh und Herzrasen 😉
Grüße
Hej liebe Christina, ich werd bis heute bei jedem Käfer schwach… 😉 Der Sound versetzt mich immer sofort in Urlaubslaune. Als wir noch mitten in Hamburg gewohnt haben – allerdings noch ohne Kinder – habe ich alles mit dem Mountainbike gemacht. Aber hier draußen ist man ohne Auto einfach aufgeschmissen – und mit dem Bus mache ich aus der Not eine Tugend :-). Euch viel Spaß bei allen Touren – ob mit dem Rad oder Corsa. Alles Liebe!