Vor einer Weile hat Katia hier über Emanzipation geschrieben und die Frage gestellt, ob man mit Teilzeit emanzipiert genug sei. Darunter entwickelte sich eine wilde Diskussion darüber, wie viel Frauen arbeiten sollten und wollen. Auch ich verstehe unter Emanzipation, dass jede(r) die Wahl haben sollte. Dennoch muss ich manchmal schlucken, wenn Frauen etliche Jahre nicht arbeiten – vermutlich, weil ich mir das einfach überhaupt nicht hätte vorstellen können. Was ich dann alles verpasst hätte! Dennoch war ich manchmal ein wenig neidisch…

Nicht neidisch darauf, dass andere es sich leisten können, zuhause zu bleiben. Sondern neidisch darauf, dass andere so zufrieden mit ihrer kleinen Welt sind oder waren. Damit Haus und Garten oder Balkon schön zu machen, mit den Kindern zu spielen und sie gefühlt ohne Stress und mit bester Laune zum Hobby zu fahren. Sich selbst genug zu sein. Ich habe oft die Freundinnen beneidet, die ihre Elternzeiten in Gärten und Cafés verbracht habe und einfach Zeit hatten. Deren Häuser aufgeräumt und hübsch waren. Bei uns war es immer wild und chaotisch…

Spoiler: Für mich war es das wert. Dafür habe ich heute ein eigenes Blogmagazin, einen Shop, einen großen Insta-Account und schreibe Bücher für zwei renommierte Verlage. Unsere Reisen gehören zu meinen schönsten Schätzen. Ich gebe es zu, während ich das hier schreibe, platzte ich vor Stolz und Dankbarkeit, dass ich das gewuppt habe. Und es gibt noch mehr Gründe, warum ich gern viel arbeite.

Ich hasse Wäsche machen. Seit einer Weile hasse ich sogar Gartenarbeit. Und ich hasse die allermeisten Hobbytaxifahrten.

So sehr ich in meiner Mamarolle, auch in der Kleinkindmamarolle, aufgegangen bin, so sehr habe ich bereits als junge Mutter nach anderen Themen gelechzt. Ich hatte viele Jahre großes Glück, dass ich Mama sein und trotzdem viel arbeiten konnte, weil sich meine Arbeit damit gut verbinden ließ. Einfach war das nicht! Ich hatte quasi nie Feierabend.

Dennoch war ich immer eine bessere Mama, wenn ich auch Dinge für mich gemacht habe. Glücklicher, geduldiger. Die Dinge, die ich geschaffen habe, machen mich zufriedener, als ein perfekt aufgeräumtes Haus es je könnte. Ordnung ist leider so verdammt vergänglich …

Klar war ich ständig gestresst. Aber das Krasse ist: Auch Freundinnen, die nicht oder nur sehr wenig arbeiten, waren und sind vom Leben gestresst. Weil Leben auch ohne viel Arbeit viel Arbeit ist.

Inzwischen finde ich einen Tag in Ruhe mit meinem Laptop definitiv entspannter, als das Wäsche-Hausaufgaben-Fensterputz-Koch-und-Hobbyfahrten-Programm. Und ja, ich kaufe mir gern schöne Dinge und ich fahre vor allem wahnsinnig gern in den Urlaub. Wenn ich Honorare verhandele, dann denke ich immer daran. Ich verdiene wirklich gern mein eigenes Geld.

Es wäre überhaupt nicht mein Ding, meinen Partner um Geld zu bitten.

Auch nicht, wenn er es mir ganz selbstverständlich als regelmäßigen Beitrag überweist. Und ja, ich gebe es zu, ich fühle mich auch emanzipiert, weil ich mein eigenes Geld verdiene.

Ich liebe den Gedanken, dass mein Mann und ich zusammen sind, weil wir uns lieben, nicht weil ich finanziell nicht anders könnte. Würden wir uns trennen, müsste ich jobmäßig nichts ändern.  Mich entspannt dieser Gedanke sehr. Ein Funken Leichtigkeit, wo sonst so wenig ist.

In noch einem Punkt denke ich vermutlich anders, als viele andere Frauen: Ich habe es immer als Gewinn für meine Kinder gesehen, dass sie noch weitere Bezugspersonen haben. Statt also zu denken, dass meine armen Kinder bis zwei oder drei oder vier Uhr in der Betreuung sind, dachte und denke ich, was für nette, spannende Menschen sie dort kennenlernen. Wie sehr sie das weiterbringt. Ich bin überzeugt, dass nicht nur ich gut für mein Kind sorgen kann.

Das Loslassen von eigenen Ansprüchen und das Vertrauen darin, dass andere es zwar anders, aber dadurch nicht schlechter machen, emanzipiert sehr. Auch im geteiltem Haushalt und Kindererziehung. Inzwischen kümmern sich meine Kinder übrigens auch sehr gut umeinander. Ich glaube, auch das liegt unter anderem daran, dass mein Mann und ich so oft mit Arbeit beschäftigt waren.

Noch was: Ich möchte ein Vorbild für meine Jungs sein.

Mit Ideen, Ehrgeiz, Plänen und einem eigenen Leben, jenseits von Haushalt und Mutterrolle. Ich muss oft an eine Freundin denken, die etliche Jahre bei den Kindern zuhause blieb, sich dann aber wunderte, dass ihre Tochter beim Mutter-Vater-Kind spielen genau diese Rolle einnahm. Ich wünsche mir, dass meine Söhne es nicht als selbstverständlich empfinden, dass ein von einer Frau gekochtes Essen auf dem Tisch steht. Sondern dass es selbstverständlich finden, Care-Arbeit zu teilen. Sie müssen hier zwangsläufig mit ran – und ich bin froh darüber.

Vor allem möchte ich ihnen vorleben, wie schön es ist für etwas zu brennen, nicht nur als Frau, sondern als Mensch. Und Brennen schafft bei mir nicht unser Staubsauger. Leidenschaft, Lust und Anstrengungsbereitschaft sind für mich wichtige Lektionen fürs Leben und ihre zukünftigen Jobs (genau wie chillen können, aber da mache ich mir keine Sorgen, da sehe ich Talent.) Ich hoffe, dass sie spüren, wie sehr ein Job einen erfüllen kann und sich ebenso einen suchen.

Kinder werden rasend schnell groß. Was macht Frau dann?

Meine beiden Ältesten haben jetzt schon kaum noch Zeit für uns, und ich freue mich, dass ich es mit  Freude beobachten kann, weil ich dann mehr mein Ding, sprich meinen Job, machen kann. Gleichzeitig sehe ich immer mehr Frauen, die in ein Loch fallen, allein beim Gedanken daran, dass ihre Kinder flügge werden. Weil mich das Thema total beschäftigt, habe ich mit einigen Coachinnen und Psychologischen Beraterinnen darüber gesprochen, und alle bestätigten mir, dass in ihren Praxen reihenweise Frauen sitzen, die völlig fertig sind, weil sie bis zur Selbstaufgabe nur für die Familie da waren.

Klar, ist es möglich, auch nach vielen Jahren Nichtarbeiten oder Teilzeit nach den Kindern voll durchzustarten und vermutlich wäre das sogar das Ideal. Ich fürchte allerdings, dass das nicht so leicht ist. Nicht bloß in Sachen Arbeitssuche, sondern auch, weil Durchstarten und Mutigsein wie Muskeln sind: wenn die nicht regelmäßig trainiert werden, dann rosten sie ein. Und ich könnte jetzt mit Mitte 40 nicht mehr die halbe Nacht durcharbeiten, wie es mein Business in den ersten Jahren gebraucht hat (ohne auch nur einen Cent damit zu verdienen).

Ich habe den Eindruck, viele wollen alles. Und – Achtung Spoiler! –  das geht nicht.

Ganz viel Zeit mit den Kindern, aber einen aufregenden Job, der viel Geld bringt. Ganz viel Zeit am Vormittag für Pilates, Joggen, Meditation, Marktbesuch – aber eine Knaller-Karriere. Nicht viel arbeiten, aber genug Geld für gutes Essen, tolle Ausflüge und regelmäßigen Urlaub. Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, aber ich bezweifle, dass das geht.

Natürlich ist ein Herunterschrauben der Ansprüche möglich. Allerdings ist es möglicherweise hart, die Konsequenz seines Handelns und seiner Entscheidungen zu tragen. Ich erlebe das gerade selbst wieder. Aus Selbstschutz (und aus finanziellen Gründen) habe ich aus meinem Magazin wieder einen kleinen Blog gemacht. Poste nicht mehr täglich ein Reel. Reiche nicht gleich die nächste Buchidee bei meiner Agentin ein. Es ist gut, dass ich dadurch nicht mehr so gehetzt bin. Was ich aber gleichzeitig auch hinnehmen muss, gefällt mir weniger gut: Sinkende Leserzahlen, weniger Reichweite, weniger Professionalität, weniger Prestige. Es geht eben nicht alles. Und eins dürfen wir nicht vergessen: sich darüber Gedanken machen zu können, ob man viel oder weniger arbeiten möchte, ist ein großes Privileg. Ich bin jeden Tag dankbar dafür.

PS. Ich arbeite immer noch viel. Und allermeistens liebe ich es. Den Wahnsinn nehme ich zwangsläufig mit. Neidisch auf ein anderes Modell bin ich trotzdem ab und zu.

Foto: Shutterstock

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Claudi