Bevor ich Kinder hatte, wusste ich schon ziemlich genau, was für eine Mutter ich werden würde: Eine, die total entspannt ist, die ihre Kinder machen und laufen lässt – liebevolle Vernachlässigung hat Claudi das kürzlich sehr hübsch auf Insta genannt. Also so ungefähr das Gegenteil einer Helikopter-Mum, die ich insgeheim immer ein wenig belächelt habe. Bis mir kürzlich aufging: Ich bin viel weniger Laisser-faire- als Big-Mama-ist-watching-you-Mum…

Vorweg: Ich bin nicht stolz auf diese Erkenntnis. Ganz im Gegenteil. Aber Elternschaft konfrontiert einen ziemlich häufig damit, dass die pastellige Bilder im Kopf hart mit der Realität clashen, an der sie dann zersplittern. Vielleicht ist es vor allem das Anerkennen der Tatsache:

Auch als Mutter bleibt man im Kern der gleiche Mensch.

Und warum sollte ich, Kontrollfreak durch und durch (dazu habe ich hier schon mal einen sehr ehrlichen Post aufgeschrieben), warum sollte also ich, die jeden ihrer Schritte plant und die aller anderen gleich mit, meine Kinder liebevoll vernachlässigen? Ich bin viel besser darin, liebevoll zu helikoptern.

Häufig ist mir das nicht mal bewusst. Aber dank Taskcards und Co. weiß ich oft schon vor meinen Kindern, welche Hausaufgaben anstehen – und frage direkt nach ihrer Schulrückkehr, wann sie gedenken, sie zu tun. Und was sie überhaupt so vorhaben am Nachmittag. Und wann sie denn für die anstehende Deutsch-Arbeit lernen wollen…? Natürlich will ich nur das Beste, klar. Aber letztlich nehme ich alles vorweg, was in ihrem Verantwortungsbereich wäre. Versuche, ihre Probleme zu lösen, bevor sie überhaupt welche werden können.

“Es ist nicht die Aufgabe von Eltern, ihre Kinder glücklich zu machen.”

Dieser Satz von Psychologin Becky Kennedy – die Elternflüsterin der Millenials, wie sie mal genannt wurde – hat mich kürzlich überhaupt erst dazu gebracht, darüber nachzudenken, warum ich ungewollt so viel rumhelikopter. Ich glaube, es ist meist genau das: Ich will meine Kinde davor bewahren, eine schlechte Erfahrung zu machen. Ich will sie glücklich machen und sie nicht scheitern lassen – an was auch immer. Weil: Ich mit bummelig vier Jahrzehnten mehr Lebenserfahrung WEISS eben, dass man nicht erst einen Tag vor Klassenarbeiten anfängt zu lernen/dass man bei 10 Grad im T-Shirt schlottert/dass einem nach Verzehr einer Großpackung Gummibärchen übel ist.

Aber anstatt meine Kinder selbst diese elementaren Erfahrungen machen zu lassen, will ich sie davor beschützen – und setze alle Hebel in Bewegung, sie nicht durchfallen/frieren/spucken zu lassen. Was vermutlich viel heilsamer wäre als mein ganzes ungebetenes Eingemische.

Ich weiß ziemlich gut, dass das Leben nicht nur rosarot ist – aber vielleicht möchte ich meine Kinder dieses heile-Welt-Gefühl besonders lange auskosten lassen.

Irgendwann schlägt das Leben so oder so zu. Wäre es nicht schön, bis dahin ohne große Ärger- oder Hindernisse durch den kindlichen Alltag zu streifen…? Rhetorische Frage. Natürlich nicht. Oder: Wäre wünschenswert, hilft aber meinen Kindern auf lange Sicht nicht. Denn natürlich müssen sie selbst lernen, mit Enttäuschungen, mit Problemen umzugehen. Auch mal richtig auf die Nase fallen – um allein wieder aufzustehen und weiterzumachen.

Auf dem Spielplatz konnte ich das noch ganz gut. Tatsächlich war ich keine Mama, die mit wehenden Röcken zum Kind eilte, wenn es in der Sandkiste auf den Hintern plumpste. Oder mich in den Spielzeug-Beef zwischen meinen und anderen Rotznasen einmischte. Dafür mische ich mich jetzt liebend gern in alles andere ein: In ihre Schulangelegenheiten. In ihren Zuckerkonsum. In ihre Klamottenwahl. Und verdammt häufig auch in ihr Geschwisterspiel.

Denn: Natürlich ist mir klar, wie das endet, wenn sie zu dritt aufdrehen und sich gegenseitig munter Stöcke über die Rübe hauen. Am Ende heult mindestens einer und die gute Stimmung ist perdu. Also grätsche ich lieber direkt rein – mit dem leidigen Ergebnis, dass die Stimmung auf der Stelle im Eimer ist und alle auf mich sauer sind. Bestes Beispiel für eigentlich gut gemeint, aber im Ergebnis furchtbar anstrengend – nicht nur für meine Kinder!

Denn helikoptern ist irre kräftezehrend – auch für mich.

Weil: Ich habe nicht nur meine unzähligen To-dos im Kopf – sondern auch noch die aller anderen: Wer wann wo am Tag zu sein hat, wer was zu tun oder besser zu lassen hat. Selbst mein Mann kann davon ein trauriges Lied singen, weil ich ihn der Einfachheit halber gleich mithelikopter (sorry, ehrlich!!!).

Mein MOMsterrad in Sachen Helikoptern verselbständigt sich leider ziemlich schnell: Einmal losgelegt, bin ich schwer zu stoppen. Holst-du-die-Kinder-jetzt-ab?-Denk-dran-dass-G-heute-Geburtstag-hat!-Was-ist-mit-den-Mathehausaufgaben?-Macht-ihr-da-schon-wieder-Blödsinn-im-Kinderzimmer?!-Meinst-du-du-musst-jetzt-den-dritten-Müslierigel-in-Folge-essen??-Bis ich irgendwann völlig ausgelaugt auf die Couch sinke und mich frage, warum zur Hölle unser Familienalltag mich so alle macht…

Vielleicht halte ich es in Zukunft lieber mit “Learning by burning”-Prinzip des Liedermachers Stoppok – ein ziemlich drastisches Plädoyer dafür, Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen zu lassen. Man muss als Eltern nur eben mit den Konsequenzen leben lernen. Und in meinem Fall heißt das wohl, mich locker zu machen mit all den vermeintlichen kleinen und größeren Katastrophen, die passieren könnten, wenn ich mich nicht einmische. Ja, dann bringt das Kind vielleicht mal eine 5 nach Hause. Dann wird nach dem Zuckerflash eben gekotzt. Oder einer trägt eine Beule aus dem wilden Geschwisterspiel davon. Ist alles kein Weltuntergang. Ich gehe jetzt mal Achselzucken üben.

Wie seid ihr als Eltern – weiträumig behütend oder an langer Leine laufen lassen?

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Alles Liebe,

Katia