Wir erleben nichts. Mein Mann nicht, ich nicht. Und auch wenn wir versuchen, die kleinen Dinge zu feiern, sind die es nun mal meist nicht, die die spannenden Gespräche abends auf der Couch befeuern. Die fehlen uns. Um neuen Gesprächsstoff zu haben, der aber bitte bloß nicht mit C anfängt, haben André und ich vor einer Weile unseren Biografie-Club gegründet…

Das klingt groß, ist aber letztlich doch wieder eine schöne Kleinigkeit. Die uns aber ein großes Stück durch die Pandemie trägt. Uns ablenkt, uns zum Lachen und Weinen bringt. Und richtig tolle Gespräche entzündet. André und ich schauen einfach jedes Wochenende – meistens am Freitagabend – zusammen eine Biografie. Wir haben die schon immer gern gesehen. Auf eine Biografie konnten wir uns immer einigen, selbst wenn er sonst lieber Action, ich lieber Literaturverfilmung gesehen hätte. Da flogen manchmal die Funken. Bei Biografien werden gern mal mehrere Genres vermatscht – der Bio-Brei schmeckt uns beiden.

Während wir im Leben die Pause-Taste gedrückt halten, wird auf der Leinwand was erlebt.

Jedes Leben ist eine Reise. Dank Biografien kann ich mich für eine kleine Weile einer völlig fremden Reisegruppe anschließen. Ich kann anderen Leuten beim Fallen und Aufstehen zusehen, beim Erfolg haben und bei Misserfolgen, beim Verlieben und Entlieben. Das ist alles nicht nur wahnsinnig unterhaltsam, sondern lässt mich auch immer wieder hinterfragen, was ich eigentlich vom Leben will. Und inspirierend. Hinterher reden wir drüber.

Es macht die ganze Woche über Spaß, sich auf ein neues, spannendes Leben zu freuen. Wenigstens eine Person ein wenig kennenzulernen, wenn ich sonst schon niemand neues kennenlerne. Oft schicken wir uns  Vorschläge per Whats App. Haben wir uns auf einen Film geeinigt, freue ich mich darauf, wie früher auf einen Wochenendausflug.

Ich liebe und leide mit. Und manchmal ist es gar nicht so schlimm, dass ich das alles bloß von der Couch aus erlebe.

Inzwischen kennen wir viele Biografien. Die Suche wird immer schwieriger. Ein guter Trick: Die Empfehlungen der Streaming-Portale unter den Filmen ansehen, die wir sehr mochten. Da gibt’s oft echte Geheimtipps. Wir haben auch schon Filme aus den 70ern geschaut. Ich war ein wenig skeptisch. Aber nö. Weil sie ohnehin in anderen Zeiten spielen, wirken sie kein bisschen veraltet.

Es wärmt mich wirklich sehr, unser kleines Filmabend-Feuer.

Hier unsere Lieblingsbiografien – und worüber wir hinterher geredet haben.

Ray. Über diesen einen Moment, der ein ganzes Leben zerstören kann.
Tina – whats love got to do with it. Darüber, wie man sowas so lange aushalten kann. Und wie erschreckend oft es das auch in Wirklichkeit gibt. Ohne Filmkamera.
The Founder. (Die Geschichte von McDonalds.) Wirklich wahr? Und darüber, dass es echt alles schon mal gab.
Hidden Figures. Weniger über Raketen, mehr über Rassendiskriminierung.

Die Entdeckung der Unendlichkeit. Über die Überlebens-Kraft dank einer Leidenschaft für eine Sache.
Buddy Holly Story. Über den Mut, bei sich selbst zu bleiben.
Selena. Über Pech. Und Glück. Aber mehr über Pech.
Pride. Über die Inspiration, die ungewöhnliche Teampartner mitbringen.

Bohemien Rapsody. Über den Mut, sein Ding zu machen.
Rocket Man. Über Talent.
Oktober Sky. Über Träume.
Green Book. Über Freundschaft.
Saving Mr. Banks. Darüber, wie die Kindheit die Leidenschaft für etwas prägt.
A United kingdom. Über den Wahnsinn und die Unsinnigkeit politischer Entscheidungen.

Habt ihr noch einen Biografie-Tipp für uns?

Foto: Louisa Schlepper

Ein wunderbares Wochenende für euch,

Claudi