Der Große will ein neues Handy. Die Tochter ein Mama-Taxi zum neuen Hobby. Der Jüngste will dringend ein Playdate, der Mann abends in die Sauna. Meine Familie weiß meist ganz genau, was sie gerade will und braucht. Aber was will eigentlich ich…? Als ich kürzlich in meinem Text zu guten Gewohnheiten unter Punkt 48) “Die eigenen Bedürfnisse benennen und sich dafür stark machen.” postete, bekam ich dazu die meisten Rückmeldungen von euch. Scheint, als hätte ich damit einen Nerv getroffen – nicht nur meinen eigenen. Also lasst uns über unsere Bedürfnisse sprechen…

In den Anfangsjahren als Familie werden wir einfach von den Bedürfnissen anderer verschluckt: Wiegen, Windeln, Windpocken – wer zwischendurch Zeit zum Duschen findet, hat den Jackpot gewonnen. Ich weiß noch, wie die Hebamme meines ersten Sohnes mich nach ein paar Wochen fragte: “Was würdest du denn gerade am Allerliebsten tun…?” Und ich aus dem Stegreif anfing zu heulen und schluchzte: “Ich will einfach mal einen Moment allein sein…”

Als Eltern ist es unglaublich schwer, Grenzen zwischen den eigenen und fremden Bedürfnissen zu ziehen.

Lange Jahre stellen wir die Bedürfnisse unsere Kinder automatisch über unsere – weil es gerade am Anfang kaum anders möglich ist. Und je länger dieser Zustand Alltag wird, desto schwerer fällt es uns meist, uns wieder davon zu lösen. Verhältnisse umzudrehen, uns selbst, statt reflexhaft unsere Kinder in den Mittelpunkt zu rücken. Und das auch noch, ohne als schlechte Mutter zu gelten – vor uns selbst und vor anderen.

Ich glaube, es ist ein langer Lernprozess: Genau, wie man erst lernen muss, eine Mutter zu werden, muss man irgendwann später lernen, wieder nur man selbst zu sein. Nicht immer nur Löwenmama, Familienmanagerin, Punchingball für die Gefühle aller anderen. Und ich finde diesen Umkehrprozess fast schwieriger als die Mutterwerdung, die Muttertät. Denn auch wenn wir eigentlich nur dahin zurückkehren müssten, wo wir uns stehengelassen haben, um von einem Tag auf den nächsten nur noch um andere zu kreisen – es ist ein verdammt langer Weg dahin zurück!

Je früher wir damit beginnen, nicht nur das Gequengel der Kinder, sondern auch unsere eigene Stimme zu hören, desto besser.

Nicht nur Vokabeln abzufragen, sondern uns selbst: Was will ich eigentlich? Was brauche ich, um diesen Wahnsinn, der ganz harmlos Familie und Erziehung heißt, gut zu wuppen? Mein persönliches Bedürfnis hat sich seit den ersten Tagen als Mutter eigentlich nicht groß verändert: Ich muss zwischendurch allein sein, GANZ allein, um nicht durchzudrehen. Und ich muss mich bewegen, sonst werd’ ich fix zur Furie.

Deswegen nehme ich mir fast täglich eine kleine Auszeit, in der ich jogge, Yoga mache, meditiere. Meist dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind und ich noch genügend Energie für mich selbst habe – die mir abends abgeht. Klar fehlt mir die Zeit dann an anderer Stelle – aber eigene Bedürfnisse durchzusetzen hat auch ganz viel mit persönlicher Priorisierung zu tun. Damit, Freiräume zu schaffen und zu akzeptieren, dass andere Dinge dann eben nicht funktionieren. Hat viel damit zu tun, egoistisch zu sein, ohne es negativ zu bewerten. Sich zuzugestehen: ICH bin mir auch wichtig.

Ich habe mir irgendwann drei Dinge vorgenommen, die für mein Self Care essenziell sind – und sie aufgeschrieben.

So bekommen meine Ideen für mich gleich etwas viel Verbindlicheres. Sind sie nicht nur flüchtige Gedanken, sondern Leitplanken, an denen ich mein Leben ausrichte. Auf meinem persönlichen Wunschzettel steht: Sport, gute Ernährung, ein Leben neben meiner Familie. Alles Dinge, die meinen Alltag besser machen – und damit auch automatisch das meiner Liebsten. Denn wenn ich nicht permanent das Gefühl habe, erst nach allen anderen dran- und sowieso immer zu kurz zu kommen, ist die innerfamiliäre Stimmung deutlich entspannter.

Es wird leichter mit dem Alter – mit dem der Kinder und dem eigenen. Auch wenn das Leben mit Schulkindern sehr viel weniger easy ist, als ich mir das früher ausgemalt habe: Ich muss keine 24/7-Betreuung mehr leisten. Meine Kinder wollen mit steigendem Alter weniger von mir – und ich im gleichen Maße mehr von meinem Leben. Automatisch fällt dennoch nichts für mich ab, ganz gleich, ob Zeit, Energie, Fokus. Ich muss aktiv etwas dafür tun: Mir Slots zwischen 1000 Kinder- und Familienterminen einräumen oder auch mal die anderer Familienmitglieder dafür canceln, Betreuung organisieren und am Ende noch meinen – sorry – Arsch von der Couch hochkriegen.

Dieser Fokus auf uns selbst kostet Kraft, den einen oder anderen Moment mit den Kindern – und ist doch jeden einzelnen Augenblick wert.

Sonst verlieren wir uns. Und was bleibt dann übrig, wenn die Kinder irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft komplett auf eigenen Beinen stehen? Eben. Also: Was willst du? Jetzt gerade und ganz generell noch vom Leben? Bist du zufrieden mit dem Raum, den du selbst einnimmst? Was fehlt dir vielleicht, wie kannst du es dir zurückholen?

Und wir sollten uns diese Frage nicht nur einmal stellen, sondern immer wieder, denn das Leben verändert sich immer weiter und damit auch wir und unsere Wünsche. Aber für den Moment fang am besten noch heute damit an.

Und – was willst du? ich bin ganz gespannt!

Alles Liebe,

Katia