Immer und immer wieder wünsche ich mir derzeit die ausgeräumten Küchenschubladen von damals zurück. Ich muss dabei über mich selbst lachen, schließlich fand ich die Schalen und Deckel, die meine Kleinkinder Tag für Tag auspackten, eine Weile seeehr anstrengend. Heute ist mir klar, wie einfach das damals war. Heute geht es nachmittags nämlich nicht mehr um kunterbuntes Plastik, sondern um Hausaufgaben in schwarzweiß. Und die kann ich gefühlt nicht einfach einpacken, und alles ist wieder gut…


Wieso überhaupt ich?

Wahrscheinlich ist da schon ein Fehler. Denn obwohl ich meine Kinder immer wieder daran erinnere, dass es IHRE Hausaufgaben seien, mache ICH mir täglich Gedanken drüber. Geplant war das nicht. Wenn ich mir eins für die Schulzeit meiner Kinder vorgenommen hatte, dann war es entspannt zu bleiben. Sie machen zu lassen. Aber was soll ich sagen? Ich verdiene eine glatte sechs in den Fächern „Einmischen“ und „Freundlich und entspannt bleiben.“

„Wuppen deine Kinder die Schule entspannt?“, fragte mich vor einer Weile jemand bei Instagram. Ich dachte kurz nach und antwortete: „Ich wuppe sie auf jeden Fall weniger entspannt.“ Und mir fiel auf: Wir waren längst raus aus einem entspannten Abwarten und Laufenlassen. Ich wusste gar nicht, wie meine Kinder die Hausaufgaben wuppen, weil ich sie sie gar nicht wuppen lasse.

Vielleicht mische ich mich zu sehr ein.

Wenn ich darüber nachdenke, fühlt es sich an wie die Sache mit dem Essen als Teenager. Ich war damals so geprägt von Ratschlägen meiner Mutter, Diäten in Frauenzeitschriften, Levis Jeans Größen und der Waage, dass ich mir einen natürlichen Umgang mit Essen längst abgewöhnt hatte. Ich konnte nicht auf mein Bauchgefühl hören, weil ich keins mehr hatte.

In Sachen Schule mache ich mir so viel Sorgen, dass meine Kinder nicht mitkommen könnten, dass ich es schwer schaffe, sie erstmal machen zu lassen. Selbst beim Erstklässler habe ich ziemlich schnell  losgelegt mit der Überwachung. Ich will das nicht – aber ich kann nicht anders.

Öfter schaffe ich es allerdings vor lauter Arbeit nicht, Schularbeitensheriff zu sein. Dann ist hier die Stimmung sofort besser. Auch bei mir. Bloß abends im Bett habe ich ein schlechtes Gewissen.

Dabei habe ich bei drei Kindern im Schulsystem den Überblick längst verloren.

Ich habe keine Ahnung, wer wann welche Arbeit schreibt und was wann können oder abgeben muss. Ich tue aber oft so. Oder frage hektisch nach, und sorge damit für Stress. Dabei – und das gebe ich ehrlich zu, habe ich vermutlich  noch weniger Lust auf ihre Hausaufgaben, als sie. Mein Sheriffsein beschränkt sich also meist darauf, hektisch und angespannt die Wochenpläne und Klassenarbeitskalender durchzugehen, zu merken, dass ich keinen Überblick habe, einzelne Sachen herauszupicken, meine Kinder mit angespannter Stimme zu fragen, ob sie den Abschreibtext genug geübt haben. Oder sich auf die Mathearbeit in einer Woche vorbereitet.

Ich suche hektisch nach dem Vokabelheft, vergleiche die abgeschriebenen Vokabeln mit der Unit, frage Stichproben ab, kriege einen kleinen Nervenzusammenbruch, wenn eine von zehn nicht sitzt. Schreibe mit meine Kuli ein h über sein “Malzeit”.

“Was kritzelst du denn da drin rum?”, fragt mein Sohn.

“Das hast du falsch geschrieben!”, rufe ich. “Aber das ist doch bloß die deutsche Übersetzung”, zischt er. „Das musst du doch aber trotzdem richtig schreiben!”, fluche ich. Wir schauen uns beide mit zusammengekniffenen Augen an.

Ich bekomme ein noch schlechteres Gewissen, nehme mir vor, ab sofort weniger zu arbeiten und meine Kinder mehr zu unterstützen. Schlage mit angespannt zitternden Fingern das Französischbuch auf, will einen Dialog mit meinem Sohn üben, finde keinen und wundere mich lautstark darüber, dass im Buch der Satz: „Das hier ist nicht Yves, das ist Frederic!“ geübt wird, mein Sohn aber noch keinen “normalen” Kennenlerndialog auf Französisch führen kann. „Warum lernt ihr das denn nicht?“, motze  ich.

„Weiß ich doch nicht!“, motzt er zurück.

Da schrecke ich endlich auf, finde mich ganz schlimm in meiner Offiziersrolle im Übungsaufgaben-Überwachungsstaat. Finde die ganze Situation komplett absurd. Will mich mit meinen Kindern nicht über Hausaufgaben streiten, von denen ich keine Ahnung habe. Und habe ein fruchtbar schlechtes Gefühl und Gewissen, weil ich so eine hausaufgabenunentspannte Mama bin.

Habt ihr Tipps in Sachen Hausaufgaben?

Claudi