Im Urlaub lag ich mit einer anderen Mama am Pool und wir sprachen über die Urlaube vor den Kindern. Wir seufzten Begriffe wie: “Ausschlafen!”, “in Ruhe essen gehen!”, “stundenlang lesen!”, “Neues entdecken!.” Dann aber prustete sie los. “Ich musste gerade daran denken,”, jappste sie, “wie ich damals mal einen ganzen Abend geschmollt habe, weil mein Mann und ich uns auf kein Restaurant einigen konnten.” Ich lachte laut, weil ich genau dieselbe Erinnerung habe. Verblüfft stellten wir fest, dass Urlaub vor den Kindern auch nicht immer rosarot war. Unter anderem, weil wir Kleinigkeiten – und uns! – viel zu wichtig nahmen…

Irgendwie ist ja was dran an dem Spruch: “Urlaub mit Kindern ist wie Alltag bloß woanders. “Auch im Urlaub wird zwangsläufig gemeckert, gekackert, gebrüllt und gestritten. Wer glaubt, nur weil der Boden mallorcinisch ist, würde das Familienleben plötzlich harmonisch sein, rempelt gefühlsmäßig schnell gegen die große Kathedrale. Mir hilft ein kurzes, bewusstes Weiterkurbeln der Gedanken. Dann freue ich mich nämlich einfach so sehr, dass wir Pause von Schule und Hobbies haben, dass allein das mich sehr entspannt. Ansonsten erwarte ich einfach ganz viel Familienzoff – dann wird es meist gar nicht so schlimm.

Was mir im Urlaub mit den Kids noch hilft, echtes Urlaubsgefühl zu empfinden…

1. Ein Feriendomizil finden, dass zu den Bedürfnissen passt. Ferienwohnungsanlagen für Familien mit Fliesen in Wunder-Po-Rosé mit Plastikstühlen auf der Terrasse fand ich bis vor kurzem furchtbar. Mein Antibegriff von schönem Urlaub! Vorher habe ich immer nächtelang nach charmanten Unterkünften gesucht. Mit liebevoll lackierten Möbeln, buntgemusterten Leinendecken unter der getöpferten Vase unter dem Holztisch und bougainvillaberankten Natursteinwänden.

Dieses Jahr lag ich auf Plastikliege und habe es geliebt. Weil meinen Kindern die Fliesenfarbe kackegal ist, sie aber den ganzen Tag Spaß am Pool haben, dort Gleichaltrige treffen und ich lesen kann. Ein Buch nach dem anderen. So sind alle glücklich. Das ist sogar noch besser, als damals, weil zwischendurch immer mal einer kommt und mir einen tropfenden Schmatzer verpasst. Macht mich noch glücklicher als Leinendecken.

2. Noch was: Ich nehme Abstand von all den quadratischen Vorwürfen bei Instagram, die mir zubrüllen: “Du hast nur 18 Sommer mit ihnen!” Wenn ich mich da nämlich reinsteigere, mag ich keinen Schritt ohne sie tun, zwinge mich zum siebzehnten Burgenbau, auf den ich keine Lust habe. Aus lauter Sorge, dass sie bald weg sind. Wenn ich merke, dass diese Gedanken angeschlichen kommen, stoße ich sie bewusst weg. Denn: Niemand weiß, wie viele Sommer wir zusammen haben.

Niemand weiß, ob einer meiner Söhne mit 16 nach Amerika geht – oder mit 25 immer mal wieder mit uns wegfährt, einfach weil es schön ist. Niemand weiß, ob ich es in ein paar Jahren nicht genieße, wenn sie ihre eigenen Touren machen und André und ich auch – und wir uns hinterher begeistert davon erzählen. Also atmen wir doch einfach tief durch, bauen eine Burg mit ihnen, wenn wir Lust darauf haben und bauen keine, wenn wir keine Lust haben. Das klingt so entspannt, oder?

3. Urlaub ist die Zeit, wo wir alle gewohnten Zeiten hinterfragen und völlig neu gestalten: Es gibt also Frühstück, wenn wir wach sind und hungrig, nicht um acht, weil es immer so ist. Am Pool dödeln und erst um 17 Uhr an den Strand fahren, wenn alle anderen Familien wiederkommen? Warum denn nicht? Und ins Bett gegangen wird richtig spät. Ich liebe diese Lässigkeit. Sie entspannt mich total.

4. Sobald wir eine Ferienwohnung betreten, versuche ich eine “Alle-sind-verantwortlich”-Haltung zu prägen. Sprich: Wir wollen uns hier alle erholen, ich kann es nicht, wenn überall etwas herumliegt. Also schauen wir gleich nach einem Stuhl oder Tisch für jeden, wo alle Klamotten hinkommen. Wie dieser Haufen aussieht, ist mir dann übrigens ziemlich egal. Das ist ihr Ding. Genauso sind sie dafür verantwortlich, ihr Handtuch nach dem Pool aufzuhängen, mal den Tisch zu decken und natürlich im Wechsel abzuwaschen. Verrückterweise klappt das im Urlaub besser als zuhause.

5. Dieses Jahr haben wir etwas gemacht, das uns alle sofort ins Feriengefühl katapultiert hat.

Normalerweise brauche ich nämlich immer ein paar Tage, bis ich runterfahre. Dieses Jahr haben wir als Zwischenstop für zwei Nächte Freunde auf einem Campingplatz am Gardasee besucht und waren dadurch sofort raus aus dem Alltag. Ich habe am Pool gesabbelt statt gegrübelt und die Kinder waren ebenfalls glücklich. Ab sofort würde ich sowas wenn möglich immer einplanen.

6. Alleinzeit etablieren. Es verlangt ein wenig Mut, sich von seinen Heiti-Teiti-Happy-Family-Gedanken zu verabschieden, und im Familienurlaub Zeit für sich selbst einzufordern. Wenn man es aber mal macht und allein durch einen Ort bummelt, eine Weile allein mit einem Kaffee ein Buch im Strandcafé sitzt und liest oder allein abends im Meer baden geht, dann tut es (mir) einfach so gut. Und ich bin danach viel familienhappier als vorher.

7. Ich habe hier schon darüber geschrieben, aber ich wiederhole meinen Lieblingssatz für Eltern von größeren Kindern nochmal. Statt sich immer wieder in die Streits der Kinder zerren zu lassen und furchtbar schlechte Laune zu bekommen, sage ich ihnen: “Sag es ihm selbst.” So lernen sie, über ihre Bedürfnisse und Gefühle zu sprechen – und ich bin da raus. Entspannt mich total.

8. Noch eine kleine, schöne Idee: Ich habe meinem Jüngsten diesen Urlaub eine Geschichte erzählt. Sie startete mit einem Wutanfall gleich auf der Fähre nach Sardinien, als er unbedingt eine Riesenportion matschige Erbsen kaufen wollte und ich nicht. Als ich auf meinem Salatteller eine Erbse fand, die sich beim Auffüllen offenbar dahinverirrt hatte, ging es los. “Das ist Else und die möchte ab sofort mit dir reisen.”

Es ist immer wieder unglaublich, wie sehr Kinder auf selbsterzählte Geschichten abfahren. Bei uns verging kein Tag, an dem der Kleinste nicht von Else Erbse hören wollte. Sie hat uns durch viele langweilige Fahrten, Wutanfälle, Restaurantbesuche und verhasste Stadtbummel gerettet. Vielleicht auch eine kleine Idee für euch?

Und falls ihr jetzt denkt: “Hilfe, ich bin doch aber so unkreativ”, kann ich euch beruhigen. Die Geschichten müssen nämlich überhaupt nicht spannend oder besonders sein. Else Erbse hat einfach immer das gemacht, was wir an dem Tag gemacht haben. Mein Kleiner fand es super. Und sogar die Großen grinsen bis heute beim Gedanken an diese schöne Urlaubserinnerung.

9. Das Allerbeste am Familienrurlaub ist aber das Wir-Gefühl. Das macht so Gänsehaut, dass prickelt unter der Haut, das zieht die Mundwinkel hoch, das macht so glücklich. Und das Beste: Man muss gar nichts dafür tun, man muss seine Gedanken bloß ab und zu mit der Nase reinstupsen.

Und wir war/ist euer Urlaub?

Liebe Grüße,

Claudi