Es war vor kurzem auf der Fahrt von Freunden nach Hause. Schon nach zwölf, die Kinder schliefen auf der Rückbank. André und ich sprachen darüber, wie schön der Abend war. Irgendwann sagte ich: “Nur davon hättest du nicht erzählen sollen. Was denken die von uns…!” Er sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu mir rüber: “Das sind unsere Freunde, wenn wir denen nicht alles erzählen, wem dann…?”

Ich musste da lange drüber nachdenken. Fakt ist: Als ich mich in meinen Mann verliebt habe, habe ich mich unter anderem in seine Offenheit verliebt. Er kann mit jedem und über alles reden. Ich bin anders aufgewachsen – er lustigerweise auch. “Puh”. stöhnte er daher auch an diesem Abend im Auto, “das erinnert mich an meine Familie. Da wurde vor einer Feier früher auch immer über all die Dinge geredet, über die wir bitte nicht reden sollen.”

Wie offen redet man mit Freunden über Einkommen, teure Reisepläne, Beziehungsprobleme oder Krankheiten in der Familie?

Bei mir wurde über vieles ebenfalls nicht geredet. Allerdings hatte ich das Verschweigen von Themen offensichtlich verinnerlicht, während mein Mann heute ganz bewusst genau das Gegenteil macht. Ich bewundere ihn dafür. Früher habe ich andere um nichts so sehr beneidet, wie um ihre Lockerheit. Meine anerzogene Vorsicht hat es mir so schwer gemacht, offen auf Menschen zuzugehen. Heizt Freundschaften oft bloß auf Sparflamme.

Zum Glück haben mich ab der Oberstufe meine Freundinnen lockerer gemacht. Heute kann ich viel besser auf Menschen zugehen, rede an den meisten Tagen gern und offen, dennoch bin ich hinterher oft total kaputt. Vor allem, von der Grübelei darüber, was andere von mir und uns denken. Und manchmal habe ich Angst etwas zu teilen, man macht sich immer so verletzlich damit. Mit der Sache scheine ich nicht allein zu sein.

Eine Leserin schrieb mir vor kurzem, dass es ihren Mann stören würde, wenn sie Bekannten von ihren teuren Urlauben erzähle, weil die dann vielleicht neidisch werden könnten.

Er wolle auch nicht, dass sie Fotos davon poste. Sie ärgere sich darüber, weil sie ihr Glück so gern mit ihren Freunden und Bekannten teile. “Es sind doch unsere Freunde!”, merke sie genau wie mein Mann auf der Autofahrt an. “Wenn ich denen nicht alles erzählen kann, wem dann?” Ist ihr Neid nicht ihre Sache? Für meinen Kindern wünsche ich mir mehr Offenheit, weniger Nachdenken über das Denken der anderen. Aber aus meiner Haut kommen, ist nicht so leicht. Was mir hilft: Der Gedanke, dass eine Unterhaltung bloß Smalltalk bleibt, wenn ich mich nicht öffne. Und den mag ich nicht besonders.

“Es bleibt von allem, was du erzählst, immer ein Teil an dir hängen”, sagte vor kurzem jemand in einem Podcast. Auch darüber musste ich viel drüber nachdenken. Erst nickte ich und gab ihr und mir Recht. Aber dann fragte ich mich, ob es uns nicht viel besser gehen würde, wenn wir viel öfter offener mit allem umgehen würden. Weil es zeigt, was wir ohnehin sind: Echte Menschen! Von denen wirklich jeder sein Päckchen zu tragen hat. Und das wird meist leichter, wenn man drüber redet. Wenn ich heute mit den paar Freundinnen unterwegs bin, bei denen ich das Gefühl habe, wirklich offen über alles reden zu können, gibt mir das so, so viel Kraft.

Wie offen redest du?

Foto: Priscilla du Preez/Unsplash

Alles Liebe,

Claudi