Gerade habe ich in meinen Handy-Notizen eine Liste mit dem Titel “Sommersachen machen” gefunden. Entstanden in diesen ewig langen Lockdown-Wintermonaten. In denen die Vorstellung eines luftig-leichten Sommerlebens manchmal das Beste eines grau-grieseligen Februartages war. Ich lese: *Picknick an der Elbe (mindestens einmal die Woche!!) *mit den Kindern zum Badesee *auf der Sonnenliege lesen und/oder dösen *im Garten zelten *Radtour *Erdbeeren pflücken und Marmelade kochen…
Klingt herrlich, oder? Und dann fällt mir ein, dass jetzt Sommer ist, bald schon Sommersonnenwende, verdammt – danach werden die Tage schon wieder kürzer. Und, viel erschreckender: Ich habe von meinen Sommerplänen noch nichts, NICHTS!! gemacht. Bin mittendrin im Sommer und auf dem Weg, seine größten Events einfach zu verpassen. Warum? Aus keinem besonderen Grund, wenn ich ehrlich bin. Das Alltagsleben eben.
Es will immer ein Wäschehaufen dezimiert, ein Abwasch erledigt, eine Text-Idee skizziert, Hausaufgaben oder Hobbys betreut werden.
Und plötzlich ist der Tag schon wieder rum, auch wenn es noch strahlend hell ist und niemand was davon wissen will. Aber die Kinder brüllen nach Essen, und zwar jetzt! Wieder ist keine Zeit, einen tollen Picknickkorb zu packen, den wir dann fröhlich am Elbstrand plündern. Weil: Vorher ist mein Trio verhungert, die Stimmung eh schon gefährlich auf der 18-Uhr-Kippe und ich zu erschöpft, jetzt noch den Sommer-Animateur zu mimen.
Eh man sich’s versieht, ist schon wieder September, und den ganzen Spaß hatten die anderen. Und ich hab ihn einfach verpasst. DAS verzeih ich mir nicht, nicht nach diesem Corona-Jahr, nicht nach diesem schrecklich trostlosen Winter. Sommer ist jetzt – und da will ich was draus machen.
Vielleicht muss ich mir einfach ein Beispiel an den Kindern nehmen. Denn DIE machen was draus!
Pesen den halben Tag durch den Rasensprenger, rollen sich nackt durchs hohe Gras, weil’s so schön kitzelt. Verweigern Hausaufgaben, weil sie lieber im Nachbarpool plantschen wollen. Vertilgen innerhalb von Minuten einen riesigen Korb frischer Erdbeeren mit einem halben Liter Sahne.
Ergattern danach in jedem angrenzenden Garten Eis, Melone, noch mehr Erdbeeren. Wollen jeden Abend den Grill anschmeißen. Möchten in ihrem Spielhäuschen schlafen und doch auf gar keinen Fall ins Bett. Dazu brauchen sie kein Konzept. Sommer leben sie einfach – ohne drüber nachzudenken.
Sommer im Kopf ist ein anderer als Sommer vor der Nase.
Das eine ist ein Bild. Das andere ein Gefühl. Sommer ist nicht unbedingt “machen”. Sommer ist noch viel mehr “spüren”. Sommer ist, Prinzipien und Pläne über Bord zu schmeißen. Sommer ist, spontan zu sein. Sommer ist, sich ein paar Wochen im Jahr von zu viel Alltag zu lösen. Sommer ist, Raum zu schaffen für Vergnügen first. Sommer ist wollen, nicht müssen. Sommer ist, schöne Momente sehen, nicht sammeln. Sommer ist, wenn Kleinigkeiten großartig sind. Sommer ist, die lässigste Version meiner Selbst zu sein.
So betrachtet ist mein Sommerkonto viel voller als gedacht: Sommer ist die blaue Stunde zwischen Tag und Nacht, in der die Nachtigall für mich singt. Sommer ist, meinen Laptop auf der Terrasse aufzuklappen. Sommer ist, morgens um sechs meinen Kaffee draußen auf dem Daybed zu trinken. Sommer ist Ferienküche im Alltag. Sommer ist mein blühender Garten. Sommer ist, den Kindern zwei Eis am Nachmittag zu spendieren.
Sommer ist auch die beachtliche Zahl unserer Mückenstiche.
Sommer ist, Nacktschnecken aus meinen Beeten zu sammeln. Sommer ist, sehr viel Sand in allen Räumen unseres Hauses. Sommer ist, Kinder mit maximal dreckigen Füßen ins Bett zu stecken. Sommer ist, abends um halb zehn noch eine Stunde den Garten zu wässern. Sommer ist, Fliegen im Schlafzimmer zu jagen. Sommer ist, sich auch über all das zu freuen.
Weil ich aber auch die Picknick-Party noch will, den Badesee-Bähm oder den Camping-Kracher im eigenen Garten, werde ich doch noch ein wenig planen müssen. Weil: Ganz ohne Organisation und Anbahnung funktionieren solche vermeintlichen Sommer-Selbstgänger in unserer fünfköpfigen Familie nicht.
Will ich mit allen Abendbrot an der Elbe essen, muss ich zwei Stunden vorher alles vorbereiten: Essen in Dosen packen, Getränke, Mückenspray und Wechselklamotten einladen, Picknickdecke, Sandspielzeug und eine Flasche Wein obendrein. Und dann muss ich noch zwei von drei Kindern mit Engelszungen überreden, trotz des 18-Uhr-Hängers mit uns den Fußweg überhaupt anzutreten. Allein mit laisser-faire landen wir also nie am Strand. Ich muss gestehen: Auf den Aufriss habe ich nicht dauernd Bock – selbst im Sommer nicht. Daher ist es oft simpler, einfach im Garten zu bleiben.
Aber wenn wir es dann doch einmal zum Sundowner an den Lieblingsstrand schaffen, wird das DER eine Sehnsuchtsmoment des Sommers.
Im Kopfkino später noch schöner ausgeleuchtet als in Wirklichkeit. Mit Sonnensprenkeln auf dem Wasser, fröhlich tollenden Kindern, einem leichten Glimmer und nichts weiter zu tun. Das Gefühl wird über den nächsten Winter konserviert – bis es irgendwann auf der nächsten Sommer-Liste landet. Wo schon wieder nichts von barfuß durchs morgenfeuchte Gras laufen steht – obwohl das so viel authentischer wäre.
Ich will diesen Sommer nicht an der Menge der Aktivitäten messe, die ich auf irgendeiner Liste konserviert habe. Ich möchte einen Sommer nach dem Lustprinzip. Nichts anderes haben wir uns alle nach diesem letzten Jahr verdient. Und wenn eine Strandparty dabei ist, sag ich nicht nein. Aber ich gräm mich auch nicht, wenn wir einfach im Garten hängen bleiben.
Und was sind eure Sommerprinzipien?
Alles Liebe,
Genau so! Wenn es passt verrückt sein und um 18 Uhr zum Abkühlen ins Freibad fahren (und von unserer Routine abweichen) und wenn alles zu viel ist: planschen im Garten und Abendessen auf der Terrasse, auch das ist ein Highlight. Aber bitte ohne Stress! Den haben wir leider genug im Alttag.
Hej liebe Anika, ganz genau so! Dann gibts Pommes rot/weiß zum Abendbrot und weil alles so spät ist, pennen die Kinder auf der Rückfahrt ein udn gehen ohne Zähneputzen ins Bett – auch das ist Sommer 🙂
Alles Liebe!
Oh ja! So denke ich schon seit Jahren! Immer will ich den perfekten Sommer und überfordere mich damit. Deine Worte sind so treffend!
Neben den Kindern machen es auch die Männer richtig. Wenn ich ehrlich bin bin ich manchmal neidisch auf die. Denn denen reicht zum perfekten Sommerglück ein kurzes Bierchen mit dem Nachbarn.
In der Summe werden wohl irgendwann alle Sommer zusammen den einen Perfekten in unserer Erinnerung ausmachen.
Hej Hannah, was machen wir nur falsch, wenn unsere Kinder und Männer anscheinend intuitiv alles richtig machen…? 🙈 Gerade nehme ich mir ganz bewusst jeden Tag einen Sommermoment, um das Konto aufzuladen. ☀️Alles Liebe!
Hallo Katja,
ich freue mich gerade unheimlich darüber, dass nicht nur ich angesichts der Möglichkeiten im Sommer ins Schwitzen gerate. Und dass es offenbar auch noch andere Kinder als meins gibt, die zu einem Ausflug überredet werden müssen! 🙂 Unser Ältester ist manchmal schlichtweg beleidigt, wenn er sein Grundstück verlassen muss. Für einen Ausflug! Das arme Kind! Selbstredend hat er dann am Ende auch keine Lust “jetzt schon” nach Hause zu gehen. “Es ist ja noch hell, Mama!”
Vielen Dank für deinen tollen Text!
Liebe Grüße Juliane
Hej Juliane, nee, den Jahreszeitenstress und dringend das Beste daraus hervorholen wollen kennen wir wahrscheinlich alle 😉 Einen Gang runterschlaten hilft jedenfalls immer – und Kinder mit Engelszungen zu schönen Sachen überreden vermutlich auch. Dafür braucht man aber tagesaktuell das nötige Nervenkostüm 😉 Die Mischung macht’s – auch ein fauler Abend auf Terrasse/Balkon kann DER Sommermoment des Jahresd werden. Alles Liebe 🙂
Liebe Katia,
genau das ist Sommer. Raus aus dem was wir vermeintlich müssen und uns vornehmen und einfach genießen. Ich bin heute morgen schon gestresst in die Arbeit gefahren, um an den wunderschönsten Sommerwiesen vorbeihetzend zu registrieren, dass es das ist, worauf ich seit Monaten warte. Dann habe ich tief durchgeatmet und bin vom Gas und hab es einfach genossen. Und am Abend den Duft auf der Haut meiner Kinder, die nach Sonnencremm und Sonne riecht und nach Sand vom Spielplatz (wir wohnen leider an keinem Strand) und nach Glück. Ich liebe diesen Sommer-Kinderhaut-Duft.
Danke, für diesen sehr schönen Text und die leise Erinnerung, einfach das Sein zu genießen.
Liebe Grüße
Sabine
Hej Sabine, ja, manchmal braucht es einfach einen kleinen Schubs, um die Wahrnehmung zu schärfen. Um in Sommerlaune, ins Sommer spüren zu kommen.. Und das lohnt so, so sehr! 😊Alles Liebe!
Vielen Dank für den schönen Beitrag. Nach all der Kälte und Regen, scheint uns der Sommer fast zu überfordern.
Unser Highlight: die Gartendusche im Hof! Auch klasse, wenn man nur den Kopf drunter hält. Danach in die Hängematte und kleine Wölkchen am Himmel beobachten und dann döse ich ein. Herrlich!
Hej liebe Sandra, eine Gartendusche – wie herrlich! ☀️ Und in die Wolken schauen hilft auch immer. So bringt Sommer Spaß! 🧡 Alles Liebe!
[…] Worte zum Sommergefühl auf wasfürmich wie „…Sommer ist nicht unbedingt „machen“. Sommer ist noch viel mehr „spüren“. […]