Ich habe zwei Jobs, die bei den Menschen sehr viele “Ahas” auslösen. Wenn ich sage: “Ich bin Lehrerin!”, nicken viele, lächeln und sagen: “Aha!” Dann sagen sie meist, dass sie auch gern so viele Ferien hätten. Wenn ich erzähle, dass ich außerdem noch mein eigenes kleines Blogmagazin betreibe, sagen sie noch mal “Ahaaaa?” Dieses Mal ziehen sie es lang wie Kaugummi. Dann ziehen sie die Stirn in Falten. “Ach so, dann bekommst du ja immer alles umsonst…!”
Ich atme meist einmal tief ein und aus. Und dann fange ich an zu erzählen. Über meine Arbeit in der Schule und meine Online-Arbeit. Manche Menschen sagen dann nochmal “Aaaaha!” Manche sogar mehrmals. Manche sagen auch: “Ach echt?” Und manche sagen gar nichts und denken sich ihren Teil. Ist auch okay.
Ich verstehe nämlich durchaus, dass wir uns im Laufe des Lebens immer mal wieder fragen, ob wir uns für den besten Beruf entschieden haben. Ich kann das für mich im Moment ganz klar mit Ja beantworten, was großartig ist. Meine Jobs sind toll, nicht immer, aber fast immer. Sie passen zu mir und ich glaube, ich ganz gut zu ihnen. Ich habe viel zu tun, aber ich glaube nicht, dass ich am allermeisten auf dieser Welt arbeite.
Tatsächlich frage ich mich, warum einige Menschen dazu neigen, immerzu batteln zu wollen, wer am meisten zu tun hat. Denn sobald ich mich dabei erwische zu denken: “Ich wäre lieber xxx, dann hätte ich es einfacher…”, platzt dieser Gedanke in meinem Kopf auch schon wieder wie ein übergroßer Ballon. Weil mir nichts einfällt. Denn Fakt ist: Ich weiß nicht, welcher Job in Wahrheit weniger anstrengend wäre, weil ich ja keinen Job kenne, außer meinen.
Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es wahnsinnig anstrengend sein muss, sich einen ganzen Tag um 23 Kleinkinder zu kümmern. Oder um eine Station mit zu vielen Patienten. Ein Tag als Manager – puh. Oder darum, einen Bus einen Tag lang sicher durch eine Großstadt fahren. Ein neues Bad zu bauen – oder seinen Alltag unterhaltsam aufzubereiten für seine YouTube-Fans. Am Schalter einer Bank stehen. Oder Autos reparieren oder oder oder. Meine Liste ist unendlich.
Ich frage mich, woher manche ihre festgeschnürten Job-Vorstellungen haben. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass meine Berufswünsche früher meist durchs Fernsehen inspiriert waren. Zuerst wollte ich unbedingt Krankenschwester werden. Bis ich schnell herausfand, dass das kein bisschen weichgespült ist wie in der Schwarzwaldklinik. Dann stand Anwältin ganz oben auf meiner Liste. Warum? Weil Ally McBeal so unfassbar lässig im Klo tanzte. Ich besuchte sogar probehalber ein paar Jura-Vorlesungen, bis ich schnell begriff, dass das mit kecken Kostümen und Klotänzen wirklich gar nichts gemeinsam hat.
Inzwischen bin ich aus dem Alter der weichgekochten Träume raus. Weiß, dass ich nichts darüber weiß. Obwohl, halt mal, nicht so ganz. Auch heute erwische ich mich nämlich ab und zu bei dem Gedanken, dass ich gern ein kleines Landhotel führen würde. Mit karierten Tapeten, kuscheligen Läufern auf dem Dielenboden und nur ab und zu mal einem Gast, der vielleicht ein kleines bisschen anstrengend ist. Nur, damit ich hinterher mit meinen überaus netten Mitarbeitern darüber schmunzeln kann. Wie schön das wäre. Bis mir wieder einfällt, dass ich nicht Loreley heiße und mein Hotel nicht “Dragonfly Inn” und dass ich wirklich ÜBERHAUPT KEINE AHNUNG habe.
Inzwischen weiß ich etwas Besseres, das ich mache, wenn der Landhotel-Gedanke mal wieder in meinem Kopf aufploppt: Ich horche dann in mich hinein, was mich an meinem derzeitigen Job noch glücklich macht – und was nicht. Oder ob ich vielleicht etwas ändern kann, das mich nervt. Ich glaube nämlich, dass in meinem Kopf nur dann Job-Neid herumgeistert, wenn ich selbst nicht ganz zufrieden bin.
Den Leuten vom Anfang, also denen mit den Ferien-Fantasien, rate ich übrigens regelmäßig dazu, sich einfach mal bei den Schulämtern zu melden. Die suchen dringend Quereinsteiger. Verrückterweise höre ich dann oft: “Puh, ne, ich könnte das nicht!” Dieses Umkehrspiel hilft auch mir selbst.
Sagt doch mal, welchen Job wolltet ihr immer machen und warum? Und habt ihr Job-Neid-Erfahrungen? Oder fühlt ihn ab und zu selbst? Ich bin echt gespannt!
Alles Liebe,
Liebe Claudi,
Ich denke die Neider sind sehr unzufriedene Menschen, denn im Leben gibt es IMMER jemanden, der mehr von irgendwas hat oder eine bestimmte Sache besser kann, als man selbst. Meine Oma sagt immer: “Jeder macht, was er kann” (sie meint damit zwar meist die Aufteilung der Hausarbeit oder die Organisation von Geburtstagen- aber das gilt ja auch für alles andere 😉). Allerdings finde ich, sollte man sich regelmäßig selbst reflektieren und hinterfragen, ob man noch zufrieden ist oder etwas ändern möchte. Denn was man mit 20 Jahren entschieden hat, muss ja nicht für 40 Jahre in Stein gemeißelt sein.
Ich selbst wollte nach dem Abi Lehrerin werden und bin jetzt (seit ich Kinder habe) froh, dass es anders kam- ich könnte nämlich mit diesen “schrecklichen” Eltern nicht umgehen 😜
Liebe Grüße, Katrin
liebe Claudi – ich bin seit langer Zeit Lehrerin und liebe diesen Job. In meinem setting unterrichten wir an einer öffentlichen Grundschule 21 Kinder im Alter zwischen 4 und 8. So pro Jahr 5 bis 6 Kinder. Eine familiäre Stimmung. Wenn Schule so sein kann, ist Schule super! Ich mag an diesem Beruf den Wechsel zwischen Arbeit und Ferien. Und was mich seit jeher begleitet ist die Kunst, das Zeichnen und Drucken. Habe Kunst studiert. Und übernahm dann wieder ein paar Stunden. Kinderzeit und jetzt, wio sie gross sind, bin ich ziemlich viel in der Schule. Arbeite dazu in einem Team an einem Lehrmittel Schriftspracherwerb für Kinder von 4 bis 8. Toll, spannend, anstrengend. Ich liebe es, die Kinder in diesem Prozess zu begleiten, über Buchstaben, Wörter und Sprache nachzudenken. Ein toller Beruf…und Neider über die sogenannten vielen Ferien gibt es immer. Ich mag deinen Blog und frue mich über deine Berichte. Im Oktober nehmen wir übrigens mit unseren gestickten Tischtüchern an einer Ausstellung teil. Wir haben im Sommer mal zusammen gemailt…liebe Grüsse – Veronica
Das ist ja mal wieder ein lustiges Thema! Was du immer für Ideen hast!
Ja, die idyllische Vorstellung eines Landhotels, bei mir wäre es ein Bed & Breakfast, aber auch nur deshalb weil ich so gerne Zimmer schön gemütliche dekoriere und Kaffeeschaum und Schnörkelporzellan bei mir Glücksgefühle auslösen. Dass ich dann quasi dauernd Leute bei mir im Haus habe, vergesse ich in solchen Traum-Momenten konsequent…
In meinem früheren Leben war ich Logopädin und habe meinen Job nur ungern erledigt. Als dann Gott sei Dank die Jungs kamen war ich heilfroh aus dem Beruf auszusteigen. Während der Babyphase wusste ich nur eins, meine nächste Arbeit muss Spaß machen und soll draußen sein. Draußen bin ich einfach ein besserer Mensch.
Von Landwirt über Postbotin war alles dabei im Gedankenkarussell. Letzten Endes habe ich ein Fernstudium zur Naturpädagogin gemacht und arbeite jetzt im schönsten Waldkindergarten der Welt und profitiere sogar von meinem alten Leben als Logopädin. Aber als Erzieherin bezeichne ich mich nicht so gern. Ich genieße es, schmutzigen Kindern in unförmigen Buddelklamotten beim entdecken, toben und freuen zu beobachten, bin froh dass ich morgens nur in meine ollen Schmuddelkleider schlüpfen darf und finde es lustig wenn mein Mann die Nase rümpft wenn ich nach Hause komme und schon wieder nach Esel oder Schaf müffel. Meine Kinder sind dabei, ich hab Ferien, optimale Arbeitszeiten und kann mit dem Rad hin. Besser gehts nicht für mich. Und das Bed&Breakfast mach ich vielleicht dann mal wenn ich zu viele Hühneraugen für Gummistiefel habe….
Hallo Hannah, genau mit diesen Gedanken habe ich auch schon gespielt, weil auch ich draußen ein besserer Mensch bin. Daher interessiert mich sehr: Wie kamst du auf das Fernstudium, wie lang hat das gedauert und wie gut hast du das neben den Kindern her hinbekommen? Das würde mir total weiterhelfen!”
VG
MImi
Hallo Claudi,
Ich wollte ursprünglich Kindergärtnerin werden, leider hatte ich nicht genügend gute Noten. Dann habe ich Coiffeuse gelernt und abgeschlossen. Das Haare schneiden hat mir immer gut gefallen, aber ich habe einfach nie zu den Leuten in diesem Bereich gepasst. Und ich wollte immer noch mit Kindern arbeiten, also habe ich eine weitere Ausbildung in Angriff genommen und habe Kleinkindererzieherin ( Fachfrau Betreuung) gelernt. Das war einfach toll, das war mein Traumberuf, ich war so voller Energie, dass ich selber eine eigene Kleinkrippe aufgebaut habe. Es war eine tolle Zeit. Als ich mein erstes Kind bekommen habe, habe ich aufgehört, damit ich mich voll und ganz auf mein Baby konzentrieren konnte. Ich bekam ein zweites Kind und war so glücklich, dass ich volle zehn Jahr einfach Hausfrau und Mutter war. Ich bin ein naturbezogener Mensch und liebe Blumen und Pflanzen sehr, schon seit ich denken kann…..vor ein paar Monaten habe ich dann, einen Floristikkurs besucht und bin immernoch total begeistert. Ich bin so zufrieden und begeistert, dass ich kurzerhand einen kizekleinen Blumenladen eröffnet habe. Den ich einfach öffne, wenn die Kinder in der Schule sind. Viele Leute haben mir abgeraten dies zu tun und das könnte man doch nicht einfach so, ohne viel Erfahrung und und und… Ich habe mich dann gefragt ob sie evt neidisch sind auf meinen Mut, dass ich einfach versuche meine Träume zu verwirklichen !?
Ich habe es noch keine Minute bereut. Und ich bin glücklich. Die Leidenschaft zählt….mit diesem Texst wollte ich zu verstehen geben das ein Mensch mit verschiedenen Berufen glücklich werden kann und das man auf sein Herz und Bauch hören soll. Lieber etwas ausprobieren und versuchen, als dann später immer bereuen, dass man es nie gemacht hat. Und Zweifler und Neider lasse ich einfach links liegen, die intressieren mich nicht mehr….habe auch aufgehört mich zu rechtfertigen, denn ich bin niemandem Rechenschaft schuldig.
So geniesse ich jetzt einfach mein kleines Lädchen und träume jeden Tag von tollen Projekten die ich in diesem neuen Rahmen umsetzen kann.
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Christina
Liebe Claudi,
auch ich bin Lehrerin und sage es ganz offen, ich finde Ferien toll! Aber ich bin nicht Lehrerin geworden um Ferien zu haben, sondern weil mir die Arbeit mit Kindern einfach Freude bereitet und ich es spannend finde meine Klassen von der 1. bis zur 4. zu begleiten und den Kindern beim Großwerden zuzusehen. Es erfüllt mich den Kindern die Rätsel der Mathematik beizubringen oder mit ihnen kreativ zu sein. Aber ab und zu bricht über uns das Chaos aus und es gibt natürlich Tage, die sind nicht so wie sie sein sollen. Dann denke ich an mein Praktikum im Blumenladen in der neunten Klasse und seufze still:“Blumen sind so schön leise und bleiben da,wo sie sind,stehen.“, aber egal es geht weiter im Takt und spätestens der nächste Tag ist wieder gut 😊.
Ich bin dankbar Lehrerin sein zu dürfen, zum einen weil der Beruf mich erfüllt zu anderen aber auch weil ich und meine Familie durch ihn so gut abgesichert sind, das ist ein Umstand, den ich nicht missen möchte und der gerade in Zeiten wie diesen ein großes Privileg ist.
Aber deine Idee mit den Schulämtern ist klasse, das sage ich beim nächsten mal auch und bin gespannt auf die Gesichter … hihi
Schönen Tag!
Heidi
Ich bin manchmal etwas Job-neidisch muss ich zugeben. Das bin ich vor allem wenn ich nach meinem Job gefragt werde, da würde ich immer gern einen anderen nennen. Ich habe nach dem Abitur eine “Abi-ausbildung” im Verkauf gemacht, einfach aus dem Grund dass ich schnell einen Beruf erlernen wollte, um dann bald Mutter zu werden. Hat auch alles geklappt und ich bin glücklich, nur wenn ich danach gefragt werde und dann die Reaktionen darauf ertragen muss, da würde ich meine Entscheidung gern wieder rückgängig machen und etwas Interessantes lernen, von dem ich dann mit mehr Selbstbewusstsein berichten könnte….wenn ich die tollen Kommentare hier lese, hoffe ich dass ich irgendwann vielleicht auch noch den Mut finde etwas anderes zu machen.
Ich bin Förderschullehrerin und kenne ähnliche Reaktionen. Spätestens wenn ich sage, dass ich die Schüler auch pflege (was mich überhaupt gar nicht stört!), wird der Neid spürbar geringer. Ich lade immer gern zum hospitieren ein, um meinen lässigen Job kennen zu lernen. Darauf eingegangen ist noch nie jemand. 😉
Danke für deine Worte und danke an jede(n), der oder die einen Job macht, der ihm oder ihr Freude bringt.
Ich habe als Quereinsteigerin (nach Phsyikstudium) knapp zwei Jahre unterrichtet – und zwar Hals über Kopf mitten im Jahr gestartet (Dienstags beworben, Donnerstags zum Gespräch und ab Montag vor der Klasse). Mir hat es total gut gefallen, ich wollte noch das Referendariat nachholen und richtig einsteigen, da ging es dann wegen meines Mannes beruflich in ein anderes Bundesland, wo ich in den Schulen nicht gefragt war. Dafür mache ich nun das, was ich eigentlich studiert habe und bin superglücklich damit. Jetzt freue ich mich, in Kürze nach meiner vierten Elternzeit wieder einsteigen.
Liebe Grüße
hallo…
ich bin 27, hotelfachfrau u Mama von 3 jungs (4;1,5;4mo). in den letzten Jahren habe ich in meinem gelernten Beruf als hofa nicht viel gearbeitet. trotzdem fehlt er mir. ich finde (wie du das so schön formuliert hattest), ich passe ganz gut in den Job. auch wenn es zwischen den 2 großen nur die Frühdienste waren. mittlerweile denke ich immer noch daran (wie damals mit 15), ein kleines Hotel im Landhausstil a la Lorelai zu führen. Hab ich den Beruf deshalb gewählt? Lustigerweise ganz u gar nicht. Zufall und Unwissenheit und plötzlich war ich wieder auf der Spur. Mit den Kids eher utopisch, demnächst ein Hotel zu eröffnen. Der Gedanke etwas Neues auszuprobieren ist mein ständiger Begleiter. Wie gesagt, ich liebe meinen Beruf sehr und würde ihn doch zu gern weitermachen. Mit 3 Kleinkindern muss ich das aber erstmal hinten anstellen. Gerne doch. Ich bin fasziniert von Menschen, die ihre kompletten Möglichkeiten ausschöpfen. Überall reinschnuppern u sagen können, obs das jetzt war oder eben auch nicht. Ich bin nicht neidisch auf andere Berufe, würde mir selbst nur mehr Fähigkeiten, Wissen und Erfahrungen aneignen. Ich hoffe, dass das jetzt irgendwie verständlich rüber kommt und wünsche liebe Grüße…