Wenn ich an diesen Kuchen denke, dann auch immer an das höhlenartige Keller-Zimmer meiner damals besten Schulfreundin. Ein Ort, an dem ich gefühlt die Hälfte meiner Teenie-Jahre verbracht habe: Um den “Dirty Dancing”-Soundtrack rauf- und runterzuhören, die Vorzüge von Nicki gegenüber Martin zu erörtern und uns von Räucherstäbchen aus dem Dritte-Welt-Laden vernebeln zu lassen. Ein Ort, an dem ich meine erste Zigarette gepafft, meinen Liebeskummer in Schwarztee mit Vanille-Flavour ertränkt – und das erste Mal diesen köstlichen Kuchen gegessen habe…
Irgendwie passte er ganz wunderbar in diese gleichsam aufregende wie abwartende Zeit im emotionalen Ausnahmezustand: Ein bisschen verboten, sehr tröstlich – und unglaublich verheißungsvoll. Er war uns Nahrung, Weltschmerzheiler, ein kleine Stück Glück an trüben Nachmittagen. Es gab ihn immer, wenn das Leben knapp an uns vorbeilief – und auch, wenn ein Kuss plötzlich alles veränderte.
Aber mit der Freundin verlor ich irgendwann nach dem Abi auch diesen Kuchen aus den Augen.
Ich schenkte meine Freundschaft anderen, verlagerte meine Gebäckliebe zu knallsüßen Cupcakes mit zuckrigen Toppings. Das Leben in meinen Anfang Zwanzigern drehte sich schneller, war wilder, irgendwie schriller – immer knapp vorbei an dem, was wirklich richtig gut war.
Es war alles, Hauptsache, nicht bodenständig. Nicht mein Alltag, die Liebe nicht und auch nicht der gebäckgewordene Seelentrost. Keller besuchte ich nur noch im Club-Kontext, wo ich die Nächte tanzend durchfeierte. Meinen Liebeskummer ertränkte ich schon lange nicht mehr in Tee – und ein Kuss veränderte nicht mehr mein Leben.
Aber was gut ist, setzt sich durch, irgendwann. Echte Gefühle, ehrliches Gebäck.
Und so war das unverhoffte Wiedersehen mit diesem sehnsuchtsvollen Kuchen-Klassiker wie ein Nachhausekommen. Eine neue Freundin hatte ihn zu einem unserer ersten Treffen gebacken. Wir waren beide frisch getrennt und neu liiert – und trafen uns erstmals zu viert. Es war ein herrlicher Nachmittag, obwohl wir uns alle noch gar nicht richtig kannten, nicht als Paare und auch als Freunde nicht.
Aber mit diesem gehaltvollen alles-wird-gut-Kuchen standen unsere Beziehungen offenbar unter einem guten Stern: Nicht nur, dass aus den beiden Paaren zwei Familien mit ziemlich vielen Kindern wurden – auch unsere Freundschaft hat bis heute Bestand. Da wir sogar den gleichen Jahrestag unseres Paar-Kennenlernens teilen, gibt es zur Feier manchmal diesen fantastisch saftigen Glücklichmacher. Weil er zusammenbringt, was zusammengehört: dunkle Schokolade mit Rotwein und saftigen Kirschen, Herzensmenschen miteinander, Kohlenhydrate mit Küssen. Und das wahre Leben mit dem Glück des Augenblicks. Solltet ihr auch dringend mal probieren.
Das braucht ihr für eine Springform:
4 Eier
200 Gramm Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
250 Gramm Butter
2 Esslöffel Kakaopulver
1 Teelöffel Zimt
250 Gramm Mehl (wer’s nussig mag, ersetzt 50 Gramm Mehl durch 50 Gramm gemahlene Haselnüsse)
3 Teelöffel Backpulver
125 ml Rotwein (trocken und gern richtig lecker)
150 Gramm Schokolade (mindestens 70 %)
1 Glas Schattenmorellen
Und so geht’s:
Den Backofen auf 180 °C Ober-/Unterhitze vorbereiten. Eine Springform gut einfetten. Die
Schokolade grob hacken. Mehl mit Kakao, Zimt und Backpulver mischen. Schattenmorellen abtropfen lassen.
Dann Eier mit Zucker und Vanillezucker schaumig schlagen. Butter dazugeben und cremig rühren. Anschließend den Rotwein unterrühren. Alle trockenen Zutaten dazugeben und nur so lange rühren, bis ein Teig homogener Teig entsteht. Am Ende die gehackte Schokolade unterheben.
Teig in die Springform streichen und die Schattenmorellen darauf verteilen. Im heißen Ofen 50-60 Minuten backen und anschließend auskühlen lassen.
Vor dem Servieren mit Puderzucker bestreuen oder mit Schokoglasur bestreichen. Mmmhh!
Habt ihr auch so einen Kuchen, der euch in die Vergangenheit katapultiert – und trotzdem zeitlos gut ist?
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Foto: Shutterstock
Alles Liebe, auf die schönen Dinge im Leben,
Hallo Katia, Räucherstäbchen aus dem Dritte Welt Laden.. Ich habe noch welche,. Das waren noch Zeiten.Heute ist alles so clean und anders. Ich vermisse die Zeit. Was ist da eigentlich falsch gelaufen. Dein Kuchen sieht klasse aus. Liebe Grüße von Elke
Hej liebe Elke, ach wie lustig – meine Räucherstäbchen-Ära ist definitiv vorbei… Ehrlicherweise habe ich davon auch immer Kopfschmerzen bekommen 😉 Aber es war eine herrliche Zeit, die ich nicht missen möchte. Und der Kuchen ist damals wie heute ein Kracher! Alles Liebe, Katia
Hallo Katia,
so ein Klasse Zufall – den Kuchen gibts hier rauf und runter, der war an der Mosel in den 90ern auch der Hit. Toll!
Liebe Grüße
Sabrina
Hej liebe Sabrina, ein 90er-Kuchen – ist wohl so… Schmeckt aber heute noch immer so gut wie damals 😉 Alles Liebe, Katia