“Rücken gerade, Zügel höher, Beine nach vorn, Hacken nach unten!”, ruft meine Reitlehrerin Laura. Ich rücke, strecke drücke und zügele – vor allem mich. Schon sehr, sehr lange hat mich in meinem Leben nichts mehr so herausgefordert, wie das Reiten. Aber auch nichts so glücklich gemacht. Die allerersten Reitstunden meines Lebens waren das Aufregendste und Anstrengendste, was ich seit langem gemacht habe, und das Beste daran war: Es ist so herausfordernd, dass im Kopf kein Platz mehr bleibt, um über all das Alltagsgalopp nachzudenken…

Apropos Galopp: Mir fällt gerade nichts ein, was mehr Spaß macht, als auf einem warmen Pferdekörper durch die Gegend zu sausen. Ich spüre die Muskelkraft des Pferdes und meine, fühle meine Hüfte mitgehen und ausgleichen, fühle die Energie der Geschwindigkeit, fühle, wie mir der Reitwind die Haare aus dem Gesicht pustet… Ich fühle Freiheit! Es war einfach eine super Idee, endlich meinen Plan in die Tat umzusetzen, irgendwann mal Reiten zu lernen.

Irgendwann ist jetzt! Und: Das Gute liegt tollerweise manchmal ganz nah!

Keine zwei Stunden sind wir von Hamburg nach Fehmarn gefahren. Die Urlaubsstimmung begann, je gelber die Felder wurden, die links und rechts der Autobahn an uns vorbeisausten. Spätestens an den Rundbögen der Fehmarn-Sund-Brücke bleibt alles hängen und rutscht auf der Landseite runter. Bestens gelaunt biegen wir nur noch ein paar Mal ab und sind da! Ein grüne Auffahrt zwischen Rotklinkerhäusern, ein paar knirschende Kiesschritte und wir sind da: Hallo Küselhof und Reiterhof Witt. Wir brabbeln alle aufgeregt durcheinander, so schön ist es.

Was Sonja und ihr Mann Andreas da geschaffen haben ist wirklich der Wahnsinn. Dieser Ferien- und Reiterhof besteht aus einem renovierten Haupthaus, mit Rezeption, Lounge und mehreren Wohnungen, einem weiteren Apartmenthaus und mehreren sehr hübschen Ferienhäusern. Einige mit Sauna, einige mit Blick ins Grüne bis zur Brücke. Alle super liebevoll eingerichtet, toll ausgestattet und gemütlich.

Ich spreche einfach mal aus, was mir viele Miturlauber beim Indersonnesitzen geflüstert haben: “Diese Qualität eines Reitstalls verbunden mit so stilvollen Ferienhäusern gibt es sonst einfach nicht. Bei einem von beiden muss man sonst oft Abstriche machen.”

Das größte Glück ist, dass die Kinder einfach zur Tür raus und losflitzen können.

Wir haben das auch zuhause, aber ich merke, wie viel das für die anderen bedeutet. Mit uns sind mehrere Stadtbewohner da, die genießen das Landgefühl ganz besonders. Tollerweise lernen wir Küselhof-Urlauber uns ganz schnell kennen, erst grüßen alle total nett, ab Tag zwei kommen wir bei einem Kaffee oder einer Limo in oder vor der Lounge ins Gespräch, während wir zusammen den Kindern beim Toben zuschauen. Ein netter Hof zieht nette Leute an, muss wohl so sein. Hier bucht man die netten Nachbarn mit.

Unser Haus hat im Flur Fliesen, die ich am liebsten rausgekloppt und mitgenommen hätte. Ein Bett aus geringelten Pferdehindernissen, ganz viel Platz, einen Kamin, eine Sauna, einen Strandkorb und einen Kicker im oberen Flur. Jeden von uns macht etwas anderes davon ganz besonders glücklich. (Auf Instagram könnt ihr per Reel eine Roomtour sehen!)

Draußen gibt es zwei Tobewiesen mit Mini-Hindernissen, zwei Trampolinen, Fußballtoren, Sandkiste, Klettergerüst und Rutsche, außerdem eine wunderbar lässige Spielscheune, mit alten Holzbalken, Kalkwänden und Strohhalmen auf dem Boden. Ich mag es, wie echt sie ist, nicht zu raus- oder glattgeputzt. Sondern einfach so, als hätten Kinder Omas alte Scheune erobert. Genau so habe ich damals auf dem Bauernhof meiner Oma gespielt – und es hat mein Herz berührt, dass es sowas noch gibt.

Natürlich wollen die Kinder diesen Hof eigentlich nicht verlassen.

Dann gibt es natürlich auch noch den Reiterhof mit Stall,  und zwei hellen, super schönen und gepflegten Reithallen. Und die kleine Kleintierecke mit zwei Schweinen, drei Ziegen, ein paar Hühnern und Kaninchen. Mit Obst und Gemüse darf man sie jederzeit füttern. Meine Kinder wollten plötzlich Berge davon in den Supermarkt legen…


Ein paar Mal sind wir dann doch losgefahren, um die Insel zu erkunden. Mal alle zusammen, mal bloß André und ich. Was für ein Glück, wenn die Kinder den ganzen Nachmittag im Reitabzeichen-Kurs sind. Oder der große Bruder auf die Kleinen aufpasst.

Das erste Fehmarn-Date war, sagen wir mal, überraschend…

Unser erstes Ziel war nämlich Burg, Hauptort auf Fehmarn und echt ganz süß und muckelig. Davor aber liegt die Halbinsel Burgtiefe, mit dem breitesten und hellsten Strand auf Fehmarn, dem Südstrand. Dahinter, oder davor, je nachdem, von wo man schaut, liegt ein architektonisches Meisterwerk. Oder eine Ansammlung von Betonplattenkatastrophen, je nachdem.

Kein geringerer als Arne Jacobsen, ja, der Schaffer von Stuhlklassikern wie diesem, toller Typ also, ließ dort ein Betonhaus neben das andere bauen. Es galt damals als Inbegriff der modernen Bäderarchitektur. Es steht unter Denkmalschutz. Mich hat es erstmal sprachlos gemacht. Die Insel wirkte wie ein verschlossener Norddeutscher auf mich. Rau, abweisend. Nicht besonders herzlich. “Ich will hier weg!”, meinte ich zu meinen Jungs,

Dann aber passierte etwas Verrücktes.

Ich sah mir immer wieder die Fotos der Jacobsen-Häuser an. Und eingefangen in rechteckigen Ausschnitten, mit scharfen Anschnitten und ein wenig hochgedrehter Belichtung fand ich die plötzlich immer cooler. Ich konnte plötzlich nachempfinden, wie kühn und modern diese Häuser damals auf die Menschen gewirkt haben mussten, wie nahbar und lässig, angesichts des sonst üblichen Schnörkels.

Wir waren noch ein paar weitere Mal am Südstrand und ich habe mich wirklich dran gewöhnt. Es hat was ganz Spannendes, was sehr eigenes dort. Wie der schroffe Norddeutsche, der mich schließlich doch noch grüßt, ein paar Sätze mit mir wechselt und schließlich rüber rückt, um mir Platz zu machen.  Platz im Herzen und im Kopf.

Ansonsten gibt es in Burgtiefe die einzige Strandpromenade Fehmarns, es gibt blitzblanke Boote zu bestaunen, die im knallblauen Wasser schaukeln, Pommes und Eis und tolle, ganz neue Spielplätze. Und am Himmelsfahrtwochenende gibt es das Surffestival, bei dem man jede Menge Boards für lau am Strand ausprobieren kann.

Noch mehr Tipps für Fehmarn:

– Leuchtturm Flügge

Mitten im Naturschutzgebiet Krummsteert steht dieser hübsche Leuchtturm. Man kann ihn einfach ins Navi eingeben, auf dem Parkplatz parken und den etwa halbstündigen Weg laufen. (Für die Kinder kann man vorn in der Scheune ein Gokart mieten.) Oder man läuft ab Ort den Küstenweg entlang, das soll super schön sein, haben wir zeitlich aber nicht geschafft. Achtung, Montags hat der Leuchtturm zu. Sonst immer von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand an der Südwest­spitze Fehmarns übrigens das „Flügger Holz“ – eine Baumgruppe, die den Seefahrern als Landmarke beim Navigieren half. Nachdem die Bäume eingegangen waren, genehmigte das Ministerium für Handel und Verkehr den Bau des ersten Flügger Leuchtturms: Der achteckige, rund 16 Meter hohe, gelbe Backstein­turm wurde 1872 – nach zwei Jahren Bauzeit – in Betrieb genommen. Sein Feuer brannte 44 Jahre 18 Meter hoch über dem Meeres­spiegel!

Aufgrund von Mängeln wurde der alte Turm 1916 durch den jetzigen ersetzt. Das heutige, achteckige Leuchtfeuer aus gelben Backsteinen, ausgestattet mit einer roten Laterne, ist mit 37,5 Metern fast doppelt so hoch. 162 Stufen läuft immer im Kreis herum bis auf die Aussichtsplatte. Lohnt sich! Unten am Turm gibt es einen kleinen Kaffeegarten.

– Katharinenstrand

Wir parken am Feldrand, spazieren unter Bäumen den Hügel herunter. Immer in Richtung Knallblau. Der Katharinenstrand ist ein steiniger Naturstrand, perfekt zum Spazierengehen, durchatmen, gucken und natürlich: zum Steine sammeln.

– Hofcafé Albertshof

Die typische Fehmarner Scheune sieht aus wie gemalt, der Kaffeegarten daneben auch. Und der Kuchen erst. Wir kommen mit einer riesigen Platte voll zurück nach Hause, ging einfach nicht anders. Drinnen gibts auch ein paar gemütliche Plätze für Regentage und außerdem ein paar hübsche Mitbringsel, zum Beispiel fancy Erdbeermarmelade, mit Aperol, Basilikum oder Lakritz.

 

– Alleen entlang fahren

Ganz ehrlich, unseren Traumstrand haben wir auf Fehmarn nicht gefunden. Aber dafür ist die Insel so schön unaufgeregt, gemütlich und sympathisch. Im Mai über die Dörfer zu fahren, durch all die Alleen, an den weiten Rapsfeldern vorbei, durch die kleinen muckeligen Orte. Hier im Hofcafé einkehren und dort. Herrlich.

Keramik gucken bei Linda Danklefsen

Hinter der großen Fensterfront im kleinen Ort Petersdorf erschafft Linda Danklefsen erstaunlich filigranes, knallbuntes und wunderschönes Porzellan. Ein super schönes Mitbringsel und toll zum Stöbern.

– Restaurant zum goldenen Anker

Sehr lecker und mit hübschem Ausblick auf den Hafen und den Sonnenuntergang haben wir hier gegessen.

Wer es liebt oder schon lange endlich mal ausprobieren wollte, sollte unbedingt reiten!

Ich habe ja nicht viel Erfahrung. Aber auch ich habe sofort gemerkt, dass es in diesem Reitstall ganz besonders liebevoll und freundlich zugeht. Dass auf Menschen und auf Tiere sehr gut aufgepasst wird. Dass einfach alles super organsiert ist. Die Kinder können Longen-, Dressur- oder Springstunden nehmen oder an den Reitabzeichen-Kurs teilnehmen. Der läuft über vier Tage jeweils von 14 bis 18 Uhr in verschiedenen Gruppen und die Kinder lernen super viel.

Da der Reitstall exklusiv nur für Küselhof-Gäste ist, kann man auch spontan noch Reitstunden dazubuchen. Auch erwachsenen Reiter kommen auf ihre Kosten und Anfänger werden überhaupt nicht komisch angeguckt sondern super freundlich behandelt und unterrichtet. (Das habe ich in einigen Reitstellen schon anders erlebt und mich daher vorher auch nie getraut.)

Mein Lieblingspferd ist übrigens Monsti. Und das meiner Kinder Jasper. Welches ist deins?

“Mama, warum reiten hier eigentlich fast nur Mädchen?”

Einer meiner Söhne guckt mich nachdenklich an. “Ich weiß nicht!”, sage ich und zucke mit den Schultern. Denke nach. “Vielleicht, weil viele gar nicht wissen, wie toll das ist.” Er nickt – und geht zurück zu den Pferden.

Übrigens: Einer meiner großen Söhne ist schon öfter geritten, jetzt aber schon eine Weile nicht. Nicht weil es ihm keinen Spaß macht, sondern einfach, weil es sich nicht ergeben hat. Und ein bisschen vielleicht auch, weil in seiner Clique mitschwingt, dass große Jungs nicht reiten.

Andreas vom Reiterhof Witt hat es am vorletzten Tag doch noch geschafft und ihn aufs Pferd überredet. Mit Chaps über Fußballschuhen. Und dann ist er sichtbar glücklich durch die Halle galoppiert, breit grinsend. “War richtig gut!”, meinte er danach mit leuchtenden Augen und Schweißperlen auf der Stirn. Und: “Schade, dass reiten nicht überall so ist.”

Wie wäre es, wenn Reiten auch unseren Söhnen einfach mal öfter als Hobby vorschlagen. Ich möchte wetten, dass es vielen ebenso viel Spaß macht, wie vielen Mädchen.

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Wer absolut nicht aufs Pferd mag, mag vielleicht aufs Wasser

Denn super praktisch, fünf Gehminuten vom Küselhof entfernt ist der Wakeboardpark Fehmarn. Dort kann man in Einzel-, Gruppen- oder Ferienkursen das Wakeboarden lernen. Die Jungs dort sind super nett, besonders bei Sonne ist viel los und es gibt super leckere fancy Pommes mit was drauf: Guacamole, Chili Cheese, Trüffelmajo oder sogar Schokosoße. Mmmh!

Vier von uns sechsen sind also geritten und vier haben einen Wakeboardkurs gemacht, ja, manche auch beides. Es war ein super aktiver und aufregender Urlaub durch die Kombi aus Pferden und Boards und wir haben schon lange nicht mehr so viel miteinander gelacht. Und uns so richtig erholt.


   

Achtung, Achtung, bitte unbedingt probieren!

– Einen Fehmarner Kröpel. Diese gezuckerten Quarkbällchen sind sowas von gut! Ursprünglich werden sie mit Rosinen gebacken, im Hofcafé Albertshof gibt es sie auch ohne. Mmmh… Ihr kommt grad nicht nach Fehmarn und wollt sie trotzdem probieren? Hier gibt’s ein Rezept, das sich super lecker anhört!

– Als ich die Schlange sah, wollte ich wieder umdrehen. Aber dann haben wir uns doch angestellt. Und: Es ging schneller, als gedacht und das Softeis von Raddens in Burg schmeckt tatsächlich sehr, sehr lecker.

Als wir am letzten Tag mit den anderen Familien auf der Küselhofwiese standen, den Kindern auf dem Trampolin und Klettergerüst und beim Hindernissprung zusahen, wollte wirklich keiner nach Hause.

“Kommt ihr nächstes Jahr auch wieder?”, fragte mich eine der anderen Mamas.  Es klang fast wie auf einem Familientreffen.

“Jaaaaaaa!”, brüllte einer meiner Söhne vom Klettergerüst.

Grüßt Sonja ganz lieb von mir! Und: Mit dem Codewort wasfürmich bekommst du bei Buchung eine Reit- beziehungsweise Longenstunde gratis.

Alles Liebe,

Claudi