Gibt es irgendwo auf der Welt eine schönere Anfahrt, als die über den – Achtung – Overseas Highway. Allein der Name klingt nach Sonnenbrille auf, Fenster runter und durchatmen. Dreieinhalb Stunden dauert die Fahrt vom Flughafen Miami bis runter zum südlichsten Punkt der USA…

Erst war ich traurig, weil es schon so spät war. Dann war Sonnenuntergang: Vor uns ein hellgrauer Streifen Asphalt, rechts Meer, links Meer, und unendliches Blaugrau gesprenkelt mit rosa. Als hätte jemand süße Cocktails verkippt. 160 Meilen Alltag abschalten und ab und zu pastellfarbene Häusern: 42 Brücken von Insel zu Insel – und sie haben alle so niedliche Namen: Duck Key, Conch Key, Pigeon Key. Hach.
Neben der Seven-Mile Bridge, einer der längsten Brücken des Overseas Highways, verläuft die Seven-Mile Historic Bridge, eine alte Eisenbahnbrücke – mit unheimlich schönem Industrie-Charme. Ursprünglich gebaut von Eisenbahnpionier Henry Flager um 1912 (ein Herr, der uns noch oft begegnen würde, unter anderem als Spender der Uni in St. Augustine, deren College-Shop André plünderte). Bis ein Hurrikan die Strecken 1935 zerstörte, konnte man Key West via Zug erreichen.

Conch Republic – die Muschelrepublik
Was für ein niedlicher Name für diesen bunten Ort. Zweite Liebe: unser Hotel. Weißes Holz im Beachhouse-Style, viel Platz, drei Pools und ein wenig außerhalb. Was ich erst angezweifelt hatte, war eine super Idee. Denn hier konnten wir an- und runterkommen und mit dem Auto bequem nach Key West rüber fahren. Parken ist nicht günstig, aber wir haben immer einen gefunden.
Und noch was: viele Freunde konnten nicht verstehen, dass wir grad in die USA reisen. Ich mag kein Schwarzweiß-Denken und ich glaube, dass Reisen verbindet, was Schlagzeilen zerstören (danke an die Followerin, die mir den Gedanken geschickt hat!) Und dann kam Key West. Mit Regenbogen-Flaggen, Menschen aller Nationalitäten und Geschlechter. Hier sind nicht nur die hübschen Holzhäuser bunt …

Dann waren da noch die unheimlichen Gestalten…
„Do you know the Fantasy-Festival?“, fragte die Frau an der Rezeption. „No“, sagte ich. Sie erklärte mir, dass es ein zehntägiges Straßenfest hier auf Key West sei, aber, und jetzt senkte sie ihre Stimme: „Be careful with the kids!“
„Wegen des Verkehrs?“, fragte ich. „No!“, flüsterte sie und verzog das Gesicht, „wegen der Nackten.“ Sie guckte verzweifelt.

Wir waren echt gespannt – aber das Fantasie Fest ist ein harmloses Halloween für alle, es gab ein bisschen nackte, meist bunt bemalte Haut. Wir haben uns selten sicherer gefühlt.


Es gibt viel zu sehen auf Key West, aber der Landzipfel ist nicht groß, das macht es total entspannt. Am allerschönsten ist es, einfach herumzubummeln. Meine Jungs waren ziemlich genervt, weil ich vor fast jedem Haus stehengeblieben bin und gequietscht habe: die Mischung aus New England-Style, Südstaaten-Feeling und Karibik-Vibes ist einzigartig. Dazu tropische Pflanzen und die unglaublich netten und offenen Amerikaner. Gorgeous!


Weil Key West eine Koralleninsel ist, gibt es nur einen künstlichen Strand mit zuckerweißem Sand. Am coolsten fanden wir am Higgs Beach die Fischkünste der Pelikane. Wie die herumdümpeln, abheben und sich auf ihre Fischopfer schmeißen wie pubertäre Brüder, ganz großes Kino.


Wer seine Teenies so richtig provozieren möchte, stellt sich wie wir an der Warteschlange für ein Foto mit dem Südlichsten-Punkt-Stein an. Haha – immerhin gibts im dem überdimensionalen Strandstuhl nebenan W-lan. Hab dort von allen vieren ein Foto gemacht, auch Augenverdrehen, aber ich glücklich.
Die Häuser drumherum, die wilden Hühner, die Musik überall – ich bin verliebt in Key West. Ein besonders stolzer Hahn, der auf dem Parkplatz neben unserem Auto herumhühnerte und den wir Ernest getauft haben, hat mich zu einem Reel auf Instagram inspiriert. Man kann nur kreativ werden, an diesem coolen Ort.

Super spannend fanden wir das Haus des Schriftstellers Hemingway. Sein Pool, der erste der Insel, zeigt, das er Schwimmen liebte, wie meine Jungs, seine vielen Katzen mit den sechs Krallen, die Einrichtung, seine Fische, seine Frauen. Alles crazy, aber so gut.
Einer der besten Spots zum Sonnenuntergang gucken ist der Fort Zachary Park. Hier gibt’s auch große Wiesen zum Kicken und einen großen Spielplatz. Und als die Sonne wie eine Orangenscheibe im türkisen Meercocktail versank, hatte ich Tränen in den Augen.

Touristisch hin oder her, auf dem Weg muss man bei Robbies halten, das ist eine Mischung aus Bar, Café und Fischefüttern – unser Highlight waren die beiden Manatees, die plötzlich einfach auftauchten.






Ach Key West ist toll!
Wir haben auch so ein tolles Foto vom südlichsten Punkt der Staaten- damals gemacht vor langer Zeit, vor drei Kindern, als mein Mann und ich damals frisch verliebt nach Florida geflogen sind. Da sitze ich auf den Schultern meines Mannes und irgendjemand aus der Schlange hat von uns das Foto gemacht.
Es gibt so viel zu entdecken. Wir wollen auch noch mal mit unseren Kindern dorthin…
Vielen Dank für deinen schönen Einblick
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So eine schöne Erinnerung. Wenn ich nochmal da bin, setzte ich die Schulteridee um! Haha. Ganz liebe Grüße!