Ab dem zehnten Roll-Up entgleiten meine Gesichtszüge Richtung Grimasse und meine geraden Bauchmuskeln brennen. Ich will ziemlich dringend eine Pause, aber Lena gönnt mir keine. Zwischen Ächzen und Keuchen stoße ich im Rhythmus meines Atems stoßweise Flüche aus. Dabei will ich das hier doch auch, will, dass meine Bauchmuskeln brennen, damit ich überhaupt weiß, dass ich noch Bauchmuskeln habe. Und so ächze ich mich weiter durch das Toning-Pilates-Video – und bin am Ende groggy, aber unbestreitbar happy…

Ich war immer schon sportlich: Habe früher lange Leichtathletik gemacht, laufe seit 20 Jahren und Yoga und ich feiern bestimmt auch schon 15-jähriges Bestehen.

Nur: Ab Mitte 40 verändert sich der Körper ziemlich radikal. Und damit auch, wie er auf Sport anspricht.

Klar: Jede Art von Bewegung ist erstmal gut für unsere Körper. Vor allem, wenn wir in der Mitte des Lebens angekommen sind. Sport hält uns beweglich, macht uns happy, beugt sogar Krankheiten vor. Allerdings belegen Studien auch, dass der Muskelabbau bereits in unseren 20ern beginnt – und in der Perimenopause nimmt das Ganze plötzlich gehörig an Fahrt auf. Oder verliert an Spannung, wie man’s nimmt. Stichwort Winkearme und Körperteile, die plötzlich sehr viel mehr Raum einnehmen als früher.

Da kann ich noch so oft den herabschauenden Hund praktizieren – meine Muskeln interessiert das leider mittlerweile eher marginal. „Du kommst jetzt nicht mehr an Muskelaufbau vorbei“, smashte eine befreundete Trainerin schon vor Monaten meine unausgegorenen Pläne, dann eben fünfmal die Woche laufen zu gehen (harhar!). „Du solltest schon gezielt trainieren, wenn du einen Effekt willst.“ Grmpf. Gezielt trainieren, das klingt furchtbar. Aber einen Effekt, den hätte ich ehrlicherweise schon gern, wenn ich mir schon die Zeit für Sport nehme.

Auch wenn ich es mehrfach versucht habe: Ich bin einfach nicht der Typ, der ins Fitnessstudio geht.

All diese öden Geräte, der Geruch nach Gummi, Schweiß und Testosteron – bäh! Mal abgesehen davon, dass ja auch immer noch der Weg dorthin on top kommt, nee danke! Ich brauchte also etwas, das ich zu Hause machen kann, als überschaubare 20-Minuten-Einheit, damit es den Vormittag nicht sprengt. Und irgendwie kam ich dabei auf Pilates.

War in den 90ern mal DAS Ding, als Stars wie Madonna und Uma Thurman es als die Alternative zu Aerobic priesen, das seinen Zenit damals irgendwie überschritten hatte. Nicht ganz so smooth wie Yoga, aber eben auch nichts so brachial wie Gewichte stemmen – aber genau gut, um zumindest den Status Quo der Muskeln zu erhalten. Oder sie ein bisschen wieder anzustupsen.

Und es scheint zu funktionieren. “Deine Arme sind irgendwie definierter”, sagte kürzlich eine Sport-Kollegin zu mir.

Auch wenn ich als Zwanzigjährige meine muskulösen Arme irgendwie immer doof  fand – mit Ü40 ist das ein ziemlich schönes Kompliment, deutlich schöner jedenfalls, als wenn einem Bingo Wings – die britische Umschreibung für Winkearme – attestiert werden. Und tatsächlich ist der Aufwand dafür relativ überschaubar. Außer meiner alten Yogamatte brauche ich dafür wenig – nur die Bereitschaft und die Disziplin, vier Mal die Woche 20 Minuten Pilates zu praktizieren.

Denn nach meiner Erfahrung ist es deutlich effektiver, regelmäßig kürzer als einmal die Woche eine Stunde am Stück zu trainieren. Ich mochte die 20 bis 30 Minuten-Häppchen schon beim Yoga. Mit dem spürbaren Unterschied, dass Pilates verdammt viel schweißtreibender als die Flows, die ich in der Vergangenheit gern praktizier habe. Deutlich mehr Workout als Wellbeing. Und von daher genau das Richtige, wenn man mit Sport mehr erreichen möchte als nur das gute Gefühl, etwas für sich und sein Wohlbefinden getan zu haben.

Bevor es jetzt einen Aufschrei gibt, dass ich das zu Hause via Youtube-Classes und ohne fachkundige Anleitung praktiziere:

Ich mache das nur, weil ich durch Yoga (und ja: früher auch jahrelanges Aerobic) ziemlich gut über meinen Körper Bescheid weiß, über Haltungen und wie man Bewegungen richtig ausführt. Wer das über sich und seinen Körper nicht sagen kann, dem würde ich auch unbedingt raten, die Grundlagen in einem guten Studio zu lernen. Schaut doch mal hier nach einem zertifizierten Studio oder Trainer in eurer Nähe.

Allen anderen kann ich Lenas Health Lab empfehlen, die kostenlose Online-Tutorials bietet – und mich gerade gehörig ins Schwitzen bringt. Meistens liebe ich sie dafür. Und das steht in keinem Widerspruch dazu, dass sie mich in fast jedem Pilates-Workout einmal so richtig auf die Palme bringt. Trotzdem trainiere ich jetzt schon ein halbes Jahr mehrfach wöchentlich mit ihr – weil ich auch online die Kontinuität einer Trainerin und ihres Stils mag. Wer auf mehr Vielfalt setzen möchte: Melissa Wood Health ist eine große Plattform mit kostenlosen englischsprachigen Workouts. Oder ihr versucht Vela Pilates – die Online-Kurse sind von den Krankenkassen refinanzierbar.

Habt ihr schon mal Pilates gemacht? Oder mögt ihr mir verraten, wie ihr euch fit haltet?

Foto: Shutterstock

Alles Liebe, bleibt in Bewegung, ganz gleich, wie

Katia