Als wir am ersten Abend unseres lang ersehnten Paar-Trips um zehn Uhr nebeneinander auf der Couch einnickten, fragte ich mich im Halbdämmerzustand noch kurz: Lohnt der ganze Aufriss eigentlich…? Lohnt die ganze Vorbereitung, damit wir für nicht mal 48 Stunden nur zu zweit woanders sind – und dann pennen wir einfach völlig k.o. ein? Da hätten wir auch zuhause bleiben können…

Dabei hatte ich mich seit Wochen auf unsere kleine Auszeit an der Ostsee gefreut: Zwei Nächte keine Kinder mit im Bett, zwei Tage keine To Dos, außer uns mal wieder wie Mann und Frau zu fühlen und nicht wie Eltern in der Dauerkrise.

Nur: Bis wir endlich entspannt zu zweit einen Drink an der Rooftop-Bar nehmen konnten, war es ein verdammt weiter Weg…

Es fängt schon damit an, dass man eine Unterkunft finden muss. Wir buchten eine und stornierten sie wieder – 600 Euro für zwei Nächte Hotel fanden wir doch ziemlich übertrieben. Eine alte Freundin überließ uns schließlich ihr Apartment in Scharbeutz. Check! Dann muss man ja nur noch jemanden finden, der bereit, ist drei Kinder über zwei Tage zu betreuen. Denn weniger als eine Nacht macht einfach keinen Sinn, siehe erster Satz dieses Artikels. Nein, zwei sollten es schon sein, drei wären fantastisch – aber gerade sind die Großeltern auf unbestimmte Zeit aus dem Babysitter-Game raus und wir wieder am Anfang unserer Hüte-Probleme und schnell am Ende unserer Ideen.

Also habe ich schon vor Wochen meine (kinderlose) Schwester und ihren Freund bekniet, die als Lieblings-Tante-Onkel-Gespann bei den Kids hoch im Kurs stehen. Dumm nur, dass beide ziemlich wilde Jobs mit vielen Terminen kreuz und quer durchs Land haben. Sprich: Sie konnten mir nur eine Nacht zusagen und das auch nur an einem ganz bestimmten Wochenende – danach gab es bis zu den Sommerferien keinen gemeinsamen Slot. Aber immerhin. Fehlte nur der zweite Hüte-Sparring-Partner. Jemanden als Freundschaftsdienst darum zu bitten, fällt mir ehrlicherweise irre schwer, schließlich haben wir das jahrelang nur innerfamiliär geregelt. Und aus langer Erfahrung weiß ich einfach, was es bedeutet, meine drei Kinder zu hüten – ein Spaziergang ist das nicht.

Schließlich fasste ich mir ein Herz und fragte eine alte Freundin, die zwar auch Mutter, aber von zwei Pubertieren ist – und die wundervollerweise zwischendurch Lust hat, sich um anderer Leute kleine Kinder zu kümmern.

Dann hieß es nur noch ein paar Tage bangen und warten, denn – o Wunder – auch sie hat einen übervollen Terminkalender mit Vollzeit-Führungsposition, eigener Familie und regem Sozialleben. Aber sie machte es möglich – halleluja! Damit war ja fast alles geschafft, oder…?

Natürlich nicht. Jetzt durften die Kids nicht krank werden, keine kleineren oder größeren Katastrophen den Trip torpedieren. Ich musste nur noch drei Wochenendtermine in anderer Eltern Hände legen, kleine Dankeschön-Präsente für unsere Pro-Bono-Sitter besorgen, einen Monster-Einkauf für alle Fälle tätigen und eine zweiseitigen DIN-A-4-Übergabebrief mit how-to-handle Kinder, Katzen, Kräuterbeete schreiben. Und kurz vor knapp noch die Bude aufräumen, die Klos putzen und Wäscheberge abtragen, damit die Kids etwas zum Anziehen hatten. Kurz: Als Sitter Nummer eins bei uns am Freitagabend aufschlug, war ich schon völlig am Ende. Und alles andere als in kribbeliger Vorfreude auf unsere Zweisamzeit.

Natürlich wurde unserer Paar-Trip dennoch schön. Anders schön.

Ja, das Wetter war ein Grauen (eher November als Mai), wir waren fertig und haben am ersten Abend außer Essen gehen und danach komatös wegzupennen nichts geschafft. Aber am nächsten Morgen wurde es besser. Vielleicht war es gar nicht schlecht, dass es Bindfäden regnete und uns der Ort nicht mit drölfzig Attraktionen nach draußen lockte. Wie schön, einfach im Bett zu bleiben, dort einen Kaffee zu trinken und noch einen zweiten. Keiner Dauerbeschallung mit “Mamaaaa!/Papaaa!”-Rufen ausgesetzt zu sein, keine Liste abarbeiten zu müssen, sondern einfach mal wieder die Muße zu haben, andere Gespräche zu führen als “Wer fährt die Kinder zum Training?/Schreibst du noch Corn Flakes auf die Liste?/Hast du mit dem Großen fürs Diktat geübt?”.

Ja, mehr als eine Nacht tut Not. Damit man ankommen kann, nicht nur am Auszeit-Ort, sondern auch beieinander. Schließlich switcht man nicht auf Knopfdruck von partners in crime auf Romanze zu zweit um. Das braucht seine Zeit, das merken wir immer wieder – OBWOHL wir relativ regelmäßig versuchen, aus unserem Familien-Hamsterrad auszubrechen.

Es fällt mir glücklicherweise immer leichter, diese kurzen Paar-Pausen nicht mit Erwartungen zu überfrachten.

Nicht zu hoffen, dass wir jetzt den zweiten Honeymoon, das beste Wochenende, den besten Sex unseres Lebens haben werden. Sondern mit einzukalkulieren, dass wir am Ende des Tages vielleicht einfach erledigt nebeneinander einschlafen. Und auch damit zufrieden zu sein.

Wir haben relativ wenig erlebt: Einen Spaziergang gemacht, der mir die kältesten Füße seit Jahren beschert hat. Haben einen ganzen Nachmittag nur faul auf der Couch abgehangen und jeder für sich gelesen. Am Weltfischbrötchentag die wohl besten Fischbrötchen der Lübecker Bucht gegessen, abends guten Rotwein getrunken, uns mal wieder richtig in die Augen geschaut und Pläne geschmiedet für Zeiten, in denen wir wieder mehr Zeit füreinander haben.

Vor allem haben wir uns mal wieder anders gesehen.

Nicht immer nur erziehend/maßregelnd/schlichtend im Umgang mit den Kindern – sondern ganz entspannt, nur uns, ohne das Prädikat Mutter/Vater. Sondern eben einfach nur als Wir. “Schön, auch mal wieder diese Seiten voneinander zu erleben”, sagte mein Mann auf der Rückfahrt nach Hause. Und das war eigentlich das schönste Fazit unseres Kurztrips..

Um auf meine eingangs gestellte Frage zurückzukommen: Ja, der Aufriss lohnt. Aber man braucht viel Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz – und nicht zuletzt gute Freunde oder Familie, die einem dabei aushelfen.

Schaufelt ihr euch auch mitunter solche Auszeiten frei…? (Ich finde, das Wort “gönnen” trifft ja nicht mal im Ansatz den Workload, den das alles bedeutet…)

Hier noch meine Top-5-Tipps für Scharbeutz:

Aalkate

Mit Sicherheit die besten Fischbrötchen weit und breit. Wir sind extra von Scharbeutz an der Promenade längs eine halbe Stunde bis nach Haffkrug gelaufen, weil uns versichert wurde, das seien die leckersten! Meine hausgemachte Lachsfrikadelle im dunklen Sauerteigbrötchen war jedenfalls köstlich – und die selbstgemachten Pommes mit Chili-Mayo auch!

Haffdüün Beachbar

Als wir dort waren, war es leider viel zu ungemütlich, aber die Beachbar mit Palmen und guten Drinks sieht ganz danach aus, als könnte man hier eine ziemlich gute Zeit haben, wenn es sommerlicher ist.

Platzhirsch Bistro

Liegt alles nebeneinander – und gehört auch alles zusammen. Scheint, als verstünden die Betreiber ihr Handwerk: Das nette Bistro hat eine super Karte – und wir wären auch dort gelandet, wenn nicht geschlossene Gesellschaft gewesen wäre. Dafür waren wir dann nebenan in der Aalkate – spitzen Ersatz!

Grande Beach Café

Mit Blick auf die (tobende!) Ostsee haben wir dort am ersten Abend gut gegessen und uns vom Orga-Stress erholt. Eigentlich wollten wir noch einmal hin, um die köstlich aussehenden Pinsa-Fladen zu probieren, aber dann war uns mehr nach einer Trattoria. Im Sommer viel Programm mit Live-Musik und von Frühstück bis Bar-Zeit am Abend alles dabei.

Roof Bar Bayside

Wäre das Wetter wärmer gewesen, hätte ich meinen Wein liebend gern auf der Dachterrasse mit sensationellem Blick über die Ostsee getrunken. So saßen wir zum Aperitif eben nur IN der Roof-Bar an der großen Fensterfront. Die Bar gehört zum Hotel Bayside und ist in Scharbeutz vermutlich der schickste Ort, ein Getränk zu nehmen – aber natürlich zahlt man die Aussicht mit. Nichts zum Versacken, aber als Auftakt fein.

Alles Liebe,

Katia