“Opa kommt!!!, ruft mein Jüngster und wetzt wie ein Hase auf Speed zur Terrassentür hinaus, um meinen Vater als Erster zu begrüßen. Und noch bevor Opa zur Tür herein ist, hängen auch schon alle drei Kinder mit den Köpfen in seinem Korb, um zu erraten, was er diesmal Leckeres dabeihat. Denn Opa ist nicht nur irgendein Besuch: Opa ist unser Küchenchef! Zumindest zweimal die Woche: Da bekocht er uns Fünf nach Wunsch – und ganz nebenbei proben wir die Nachmittage ein Mehrgenerationen-Modell auf Zeit…

Seit knapp einem Jahr gehört Opa montags und donnerstags zu unserem Familienalltag. Er ist eine feste Größe wie Schule, Hobbys, Hausaufgaben – aber vor allem ist er eine große Erleichterung für uns. Und wir sind für ihn ein Fixstern in seinem Pensionärsleben mit zu viel Zeit für zu wenig Aufgaben.

Mein Vater und ich hatten schon immer ein enges Familienverhältnis – aber seit kurzem verbringen wir noch bewusster Zeit miteinander.

Und zwar ganz alltägliche Familienzeit, die mich viel an früher erinnert, als wir noch gemeinsam unter einem Dach wohnten. Klar haben wir auch lange Jahre die Sonntags-Menü-Tradition gepflegt, haben am Ende eines proppenvollen Wochenendes noch zu fünft den 20-minütigen Weg zu Opa angetreten und lecker gemeinsam geschmaust – um dennoch immer viel zu spät nach Hause und ins Bett zu kommen. So schön familienverbunden es auch gewesen ist: Ehrlicherweise war es trotzdem immer auch ein Termin auf unserer schier endlosen Familienplaner-Liste.

Von unserem jetzigen Modell haben wir gerade alle mehr: Mein Vater kocht nicht mehr zeitraubende Drei-Gänge-Menüs, die am Ende doch nur die Erwachsenen mögen, während die Kinder maulen. Jetzt befragt er einfach meist mein Trio, worauf sie Lust haben. Statt Ottolenghi gibt es also naturgemäß sehr viel Kohlenhydrate – aber die auf Lieblingsrestaurant-Niveau: Kürzlich hatten wir Crespelle mit Ricotta-Spinat-Füllung in Tomatensud, Opas selbstgemachten Chicken Nuggets mit Panko-Bröseln sind der Renner und seine Mini-Pizzen legendär.

Aber es geht um so viel mehr als um das gemeinsame Essen. Es geht um gelebtes Familienleben über Generationen hinweg – in unserem Alltag.

Ohne großen Aufwand für uns, nicht als zusätzlichen Termin, den wir unterbringen müssen. Die Wege und die Vorbereitung hat mein Vater – der als alleinstehender Rentner aber über deutlich mehr freie Zeit verfügt als wir. Unsere Abmachung erleichtert mich auf so vielen Ebenen: Nicht nur, dass ich für zwei Mahlzeiten in der Woche weder einkaufen noch mich (allein) an den Herd stellen muss. Wir haben einfach noch ein Familienmitglied mehr, das sich mit kümmern kann.

Gerade jetzt, wo der Schulalltag wieder eingestartet ist, ist es so unglaublich hilfreich, einen pensionierten Lehrer zum Vater zu haben. Opa erweist sich nämlich auch als der perfekte Hausaufgaben-Begleiter für meine Tochter, bei der er irgendwie ein besseres Fingerspitzengefühl für behutsame Unterstützung und Kontrolle beweist als ich. Und den diese Aufgabe überdies deutlich glücklicher macht als mich!

Opa zählt schon lange nicht mehr als Besuch, sondern ist Teil unseres Familiengefüges.

Mit allem, was dazugehört: Die Kinder und auch wir Eltern sind im Alltags-Modus – mit Streit und Stress und all dem, was die Woche immer so herausfordernd macht. Und selbst dabei ist es schön, Papa mit an Bord zu haben. Der mir häufiger en passant und unaufdringlich andere Erziehungswege aufzeigt (hier habe ich schon mal über seine Erziehungskompetenz geschrieben).

Der Kapazitäten hat, ein bockiges Kind abzulenken und den drohenden Disput umzuleiten. Der einfach DA ist, als Puffer, Tröster, Opa. Und der diesen familiären Trubel in vollen Zügen genießt – weil es zu Hause eben ganz schön still ist. Zumindest temporär genießt – irgendwann reicht’s ihm auch. Nach vier Stunden Familie ist Ruhe dann eben doch wieder ganz attraktiv…

Könnte ich mir das Mehrgenerationen-Modell dauerhaft vorstellen?

Ehrlicherweise weiß ich es nicht ganz genau. Ich bin gerade verdammt froh über diese zwei Tage Mehrgenerationen-Modell. Über die Freiräume, die es uns verschafft, über das Gefühl, gebraucht zu werden, die es meinem Papa gibt. Bislang hängt aber jeder von uns auch noch an seinem eigenen Leben ohne dauerhafte Bonus-Familienmitglieder.

Außerdem verbringen wir trotz aller Alltagskompatibilität immer wieder auch gemeinsame Wochenendzeit: Gehen zusammen ins Freibad, machen einen Ausflug, essen irgendwo ein Eis. Ja, es ist viel Zeit, viel mehr als die meisten anderen mit ihren Eltern zusammen sind. Aber es ist auch unglaublich wertvolle Zeit – die endlich ist, irgendwann. Das weiß ich und meine Kinder wissen, dass Opa-Tage gute Tage sind.”Kommt Opa heute…?”, fragt der Fünfjährige ungefähr täglich – sehnsüchtig. Okay, vielleicht, weil mit Opa immer Nachtisch gesetzt ist. Aber ganz bestimmt auch, weil er an seinem Opa hängt, der so selbstverständlich Teil unseres ganz normalen Lebens ist.

Wie ist das bei euch: Habt ihr auch Mehrgenerationen-Tage…?

Alles Liebe,

Katia