Ich hab mich in verspiegelten Sälen gesehen. Haarsprayduft in der Luft. Oder in Ateliers, mit farbverschmierten Händen. Bevor ich Kinder hatte, stellte ich mir immer vor, wie wir später ein gemeinsames Hobby zelebrieren. Heute haben meine Kids und ich fast nur unterschiedliche Interessen…
Weil Hobbys so verbinden. Und wenn es sich ausgekleinkindert hat, sind sie das Mittel, um uns mit unseren Kindern zu verbinden, oder nicht? Außerdem sorgen sie für Gesprächsthemen. Was aber, wenn die Kinder ganz andere Interessen haben, als man selbst?
Zwinge ich meine Kinder, das zu machen, was mir Spaß macht?
Natürlich nicht. Aber ich zwinge mich auch nicht, das spannend zu finden, was sie spannend finden. Sie dürfen frei entscheiden, ich aber auch. Wir müssen nicht dasselbe mögen. Natürlich begleite ich sie ab und zu. Versuche mir Dinge ihres Hobbys zu merken, damit ich nachfragen kann. Aber ich stehe dazu, dass ich andere Dinge spannender finde. Und hoffe einfach mal, dass wir uns auch mit unterschiedlichen Interessen nah sein können.
Manchmal überkommt mich Angst. Und ich trauere ein bisschen um mein Bild von Elternschaft. Das Hobby-Ding ist eins der Sachen, die ich mir am Kinderhaben anders vorgestellt habe (hab nicht nur die unzähligen Fahrten unterschätzt und was das für meinen Alltag bedeutet). Manchmal bin ich neidisch auf meinen Mann, weil der stundenlang mit ihnen über ihre Interessen reden kann – weil er sie nämlich teilt. Ganz echt und zufällig. Ich bin dann ein bisschen raus. Aber man kann Interesse nicht erzwingen. Und sie sind nun mal sie selbst – und keine kleinen Claudis.
Ballettsaal und Atelier, das waren meine Hobbyträume.
Sie müssen sie nicht erfüllen. Wenn ich Lust darauf habe, kann ich sie ausprobieren, auch jetzt noch, mit Mitte 40.
Und vielleicht macht es alles sogar ein bisschen einfacher, dass ihr Ding nicht meins ist. Weil ich ihnen gar nicht reinreden kann, keine überzogenen Erwartungen habe, nicht meine eigenen Versäumnisse nachgeholt sehen möchte. Und auch, weil ich meine Hobbys nicht teilen muss. Sie sind ganz allein meins. Eine Zeit, in der ich ich sein darf, nicht Mama.
Als André vor einer Weile eine Woche nicht da war, musste ich bei allen Hobbyfahrten einspringen, die er sonst macht. Ich fand es spannend und gleichzeitig irre anstrengend und musste mir eingestehen, dass ich das meinen Kindern in dieses Ausmaß allein wohl nicht ermöglichen würde. Weil ihre Hobbys nicht meine sind. Weil ich soooo viel Zeit in einer Bubble verbringen würde, in der ich nicht mitreden kann und nicht mitreden wollen würde. Weil es mir wirklich schwer fallen würde, damit täglich, jede Woche, jedes Wochenende, ständig, so viel Zeit zu verbringen.
Zum Glück stellt sich die Frage nicht.
Weil mein Mann einen Großteil der Fahren übernimmt und das in den meisten Fällen sogar mit Spaß daran. Und meine Kinder und ich haben in dieser Woche übrigens dennoch ganz viel gemeinsame Themen gehabt, wir haben zusammen gekocht, gegessen, geklönt und abends auf dem Sofa was geguckt. Ein paar Interessen teilen wir eben doch.
Und wir ist das bei euch?
Ich hatte immer das Bild, dass meine Tochter auch so ein Pferdemädchen werden müsse wie ich eins war und fand es schade, dass es nicht so kam, Sie hatte eher Angst vor Pferden und es war ihr nicht so wichtig. Sie macht andere coole Dinge! Spielt mit Begeisterung Gitarre, jahrelang auch in der Schulband mit Auftritten, sie ist auch eine sehr gute Kampfsportlerin, das teilt sie mit meinem Mann. Der eine Sohn ging zum Tauchen und hat Schach gespielt (jetzt ist er schon Student), der jüngere Sohn spielt Fußball und Klavier. Und ich finde alles toll, teile aber nichts davon. Bin immer froh, wenn mein Mann die Fahrten übernimmt, v.a. die Fußballspiele am Wochenende. Ich glaube, es ist schön, wenn man sich interessiert, aber man muss es nicht teilen. Und bei 3 oder 4 Kindern ist das ja schon zeitlich schlicht nicht machbar.
Ich finde, es hilft da auch, mal an die eigene Kindheit zurückzudenken. Hatte man den Wunsch, die Hobbies mit den Eltern zu teilen? Nö, eigene Welten sind doch was Tolles! Eltern müssen es ermöglichen (finanziell, die Fahrten organisieren, Equipment besorgen usw) und Interesse ist natürlich schön, aber ab einem gewissen Alter sind Freunde doch wichtiger.
Meine Mutter z.B. hat mir das Reiten erlaubt, obwohl sie Angst um mich hatte, das fand ich toll. Sie hat sich auch überwunden, bei einem Springturnier zuzugucken, obwohl sie sich am liebsten die Augen zugehalten hätte.
Aber dieses Hadern von Dir finde ich echt interessant und muttertypisch: statt sich zu freuen, dass die Kinder so viele coole Sachen machen und man selbst dadurch wieder freier ist, denkt man, man müsse mehr dabei sein und Anteil nehmen. Nicht als Kritik gemeint, ich finde das einfach nur erstaunlich, wie sich Mütter selbst einfach für alles selbst verurteilen können, selbst dafür, dass die Kinder unabhängig ihr Ding machen (:
Wie schön zu hören, dass es auch absolut geschlechtsunabhängig ist, ob es matcht oder nicht.
Beruhigt mich ja gleich nochmal.
Vielen Dank für deine Sicht und den spannenden Austausch hier,
alles Liebe,
Claudi
Das sind interessante und für mich zugleich vollkommen fremde Gedanken. Ich verbringe täglich im Alltag Zeit mit meinen Kindern. Wir kochen hin und wieder gemeinsam, wir reisen gemeinsam, wir genießen mal quality time bei einer langen Autofahrt nur zu zweit miteinander, machen gemeinsame Filmabende… Aber die regelmäßigen Hobby-Termine meiner Kinder mitzumachen wäre mir noch nicht in den Sinn gekommen bzw. kenne ich auch nicht so von befreundeten Familien.
Ich möchte meine Kinder nicht dabei haben, wenn ich mit meinen Freundinnen zum Yoga gehe. Und ich finde, meine Kinder haben sich auch mal Ruhe von ihren Eltern verdient. 😉 Auch finde ich wichtig und schön, wenn Kinder etwas haben, bei dem die Eltern mal nicht mitreden können und alles besser oder ebenso gut können und wissen. Sie sollen in irgendeinem Bereich absolute Profis gegenüber ihren Eltern sein dürfen. Das stärkt das Selbstbewusstsein und die eigenen Beine auf denen sie mal stehen und mit denen sie andere Wege beschreiten werden als wir es getan haben. <3
Viel Spaß dir im Tanzstudio und beim Malen! 🙂
Alles Liebe!
Ich danke dir für deine Gedanken und den Austausch.
Ihr macht, dass ich mich gleich noch viel besser fühle, wie schön.
Und ja, den Spaß habe ich immer wieder und definitiv.
Alles LIebe,
Claudi
Mir ist wichtig, dass meine Kinder überhaupt etwas machen, egal, ob es meinen eigenen Interessen entspricht oder nicht. Bei mir war das früher ähnlich: Ich habe Hockey gespielt, meine Eltern hatten keine Ahnung von dem Sport und waren auch nie bei meinen Spielen dabei. Das hat mich nicht gestört, weil sie mich unterstützt haben – sie haben mich zu anderen Spielen gefahren und die Ausrüstung gekauft.
Mein Mann und ich haben auch ganz unterschiedliche Interessen. Er liebt Radfahren und Wandern, während ich lieber spazieren gehe oder ins Pilates gehe. Beim Joggen bin ich für mich, und er radelt nebenher – jeder macht sein Ding. Unsere Kinder haben wiederum ihre eigenen Hobbys, und das ist völlig okay. Einzig die Liebe zum Wasser teilen wir alle. Im Sommer verbringen wir stundenlang am Pool, spielen, essen, quatschen und schwimmen. Unsere Kinder bekommen wir aus dem Pool kaum heraus.
Ich begleite sie gerne mal zu Spielen oder hole sie beim Sport ab, wenn es regnet, aber ihre Hobbys sind ihr Ding. Ich zeige Interesse, weil ich sie liebe, aber ich finde nicht, dass wir die gleichen Hobbys haben müssen. Dafür sind wir uns in anderen Dingen sehr ähnlich. Ich hätte mich gefreut, wenn eines meiner Kinder auch Hockey gespielt hätte, aber das ist einfach nicht der Fall – und das ist völlig in Ordnung.
Danke für deine Worte. Das klingt so schön entspannt und wunderbar.
Alles Liebe,
Claudi
Hätte ich als Kind oder gar als Jugendliche gewollt, dass meine Eltern meine Hobbys bzw. meine Hobbyzeit mit mir teilen? Als Kind glaube ich es nicht und als Jugendliche ganz sicher nicht.😊 Als Kind war ich mit Freundinnen und Klassenkameradinnen Turnen im Dorfverein und reiten im Reitstall des Nachbarorts. Als ganz Kleine wurde ich noch gebracht und gefahren. Ab etwa acht habe ich es alles mit dem Rad oder ÖPNV absolviert. Zu der Zeit sind die Eltern dann noch zu Turnieren und Wettkämpfen vorbeigekommen, aber spätestens ab dem Gymi war ich doch am liebsten unter Gleichaltrigen. Dann später Leichtathletik, dies hatte mein Vater selbst als Jugendlicher praktiziert und hatte sich mit mir gefreut, dass ich daran und darin Freude und Erfolge feiern konnte. Aber gemeinsam trainieren. Nein, dass war unsere reine Kinder-und Jugendzeit und ein wichtiger Gegenpol zur Schule. Genau wie Volleyball, eine Clique; in der man andere Themen als Schule hatte, gemeinsam Partys feierte wegging, und in den Ferien zusammen auf Trainingscamps sogar bis ins weit entfernte HH. Ein so wertvolles Refugium zur Klassendynamik, die in der Pubertät ja nicht immer ganz unanstrengend ist (für alle Beteiligten). Als mein Sohn klein war, habe ich ihn mittlerweile selbst in HH zu den diversesten Sport-und Musikkursen begleitet, aber sein Sport ist ganz seins und das ist auch gut so. 😊
Vielen Dank fürs Leiten in diese Gedankenrichtung. So hab ich das irgendwie noch gar nicht gesehen.
Und ja, du hast Recht, mein Hobby war auch als Kind meins und das war gut so.
Es hat also alles Vorteile und Nachteile. Nur eins ist wichtig: Egal wie es ist, wir brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben.
Liebe Grüße,
Claudi
Liebe Claudi,
Ich kann dich so gut nachfühlen. Bei uns ist die Verteilung genau gleich und ich bin schon ein bisschen neidisch wie mein Mann mit den Hobbies der Jungs mit aufgeht, beobachte es aber auch mit Freude. Es beschränkt sich ja nicht nur auf den Alltag, sondern zieht sich auch im Urlaub und an den Wochenenden durch (Ich fahre auch kein Ski, surfe nicht-die Männer lieben es). Ich kann deine Gefühle so gut nachfühlen und handhabe es mittlerweile ähnlich-keiner wird zu was gezwungen und auch ich liebe es meine eigenen Interessen zu haben, die mich nicht nur als Mama sondern als Person ausmachen. Ein bisschen Kunst und Kultur wird schon an den Jungs hängen bleiben und ich schaue ab und an auch mal nen WM oder Olympia Spiel mit.
Lg, Mathilda
PS.: „ausgekleinkindert“-großartig!!
; )
Spannend! Dein Text und alle Kommentare. Ich habe da tatsächlich noch nie drüber nachgedacht, Ein Kind kommt interessenmäßig eher nach mir, das andere so gar nicht. Ich finde beides fein. Dem einen frag ich Löcher in den Bauch und freu mich, vieles zu lernen, was ich noch nicht wusste, bei dem anderen kann ich dafür bei Vielem ohne Worte besser mitfühlen. Und dann muss ich ganz ehrlich sagen: Ich liebe es, dass meine Kinder ihre Hobbys haben ganz ohne mich, weil mir das wunderbare „Freistunden“ am helllichten Nachmittag ermöglicht :). Alles Liebe Michaela
Die Kommentare zu diesem Post find ich echt ganz besonders spannend. Danke euch!!!
Alles Liebe,
Claudi
ich habe noch nie drüber nachgedacht, welche hobbies meine kinder mal ergreifen, sie machen halt das, was ihnen freude macht und wir uns zeitlich und monetär leisten können 🙂 Gemeinsame aktionen sind Ausflüge in die Berge oder an den See am Wochenende, das und den ganzen alltag sehe ich als unsere gemeinsame Zeit. Hobbies und Schule sind die Punkte, die die Kinder für sich haben. Das sind dann die Themen über die man sich unterhalten kann (oder auch nicht), von denen sie erzählen (oder eben nicht). Wenn man immer alles gemeinsam macht, kann man sich ja nichts mehr berichten. Die gemeinsame Zeit ist für mich natürlich wichtig, dass wir eben mal was unternehmen am wochenende, aber eben ohne zwang. Aber hobbies teilen? Wenn sie sich für meine interessieren (ich gehe joggen und lese gerne) dann sprechen wir drüber, ich nehme sie auch gern mal mit, aber nicht jedes Mal. Wenn mal ein Turnier eines Kindes ist, geht jemand von uns natürlic mit und wir hören zu und wenn sie in Quatschlaune sind fragen wir manche Sachen zu den Hobbies, aber wir sind nicht dabei, wenn es nicht gewünscht ist. Das ist ja auch Entwicklungsfreiheit. Dass wir wirklich was teilen, das sehe ich im Kinder- und Jugendalter so gar nicht. Meine Eltern hatten und haben immer ihre Sportarten gehabt oder Leidenschaften wie lesen, Wandern, und wir Kinder wurden klar mitgenommen als wir kleiner waren, mussten aber nie mit als wir älter waren. Lustiger Weise sind die Leidenschaften, die die Eltern uns vorgelebt haben, nun auch die Sachen, die meine Geschwisater und ich gerne tun als Erwachsene und manches (Skifahren zB) machen wir auch gerne gemeinsam. Insofern verbindet uns die Leidenschaft unserer Eltern. Vielleicht ist das bei SUP Fahren oder Skifahren oder wandern bei unseren Kindern auch mal so, aber wenn nicht dann nicht. Man ist ja verbunden, allein durch den gemeinsamen Alltag über die Jahre. Ich glaueb man muss null schlechtes Gewissen haben, wenn man die Hobbies der Kinder nicht so teilt. Ich teile die meines Mannes ja auch nicht.
Danke für diese spannenden Worte.
Ganz liebe Grüße,
Claudi