Bis zur Einschulung malen sich Kinder meist mit großer Begeisterung selbst. Danach hören viele auf damit, weil der Anspruch oft größer wird als die künstlerische Fähigkeit. (Daher sind viele Erwachsene übrigens exakt auf diesem Malniveau stehen geblieben.) Für ein ganz neues Selbstbewusstsein (und viele “Oh”s und “Wow”s) sorgt mein kleiner Selbstportrait-Schnellkurs – eigentlich ist es nämlich gar nicht so schwer (wenn ihr meine Tricks kennt)…
Wenn ich mit Schülern Portraits male, sind die meisten erstmal ein bisschen gehemmt. Bis ich ihnen meine Tricks zeige, dann sind sie überrascht und hochmotiviert – und hinterher irre stolz. Zum Loslegen braucht ihr bloß ein Blatt Papier (gern DIN A3), Bleistift (nicht zu hart), ein Radiergummi, einen Spiegel (zum Beispiel ein kleiner Schminkspiegel), Pinsel und Wasserfarben.
1. Los geht es mit der richtigen Kopfform, die ist tatsächlich eher oval als rund. Also lieber ei- statt melonenförmig.
2. Dann kommt gleich der größte Trick: Den Kopf mit einem Strich einmal der Länge nach und einmal waagerecht halbieren. Diese Hilfslinien sorgen dafür, dass alles an die richtige Stelle kommt und das Gesicht hinterher von den Proportionen stimmt.
3. Diese Erkenntnis sorgt jedesmal für ein überraschtes “Waaaas?”: Auf die waagerechte Linie kommen nämlich die Augen (ja, so weit unten!). Augen sind meist eher mandelförmig als rund (im kleinen Spiegel kontrollieren). Noch eine Faustregel: Der Abstand zwischen den Augen ist bei den meisten Menschen etwa eine Augenlänge lang.
Geheimtipp: Viele Kinder malen die Iris zunächst zu klein (sieht dann schnell nach Alien aus.) Macht man sie darauf aufmerksam, dass die Iris immer oben und unten die äußere Augenlinie berührt, sind sie oft völlig überrascht – und begeistert von der Veränderung ihrer Zeichnung.
4. Als nächstes die untere Gesichtshälfte noch einmal halbieren – diese Linie ist die untere Nasenlinie. Die genaue Form der Nase im kleinen Spiegel überprüfen.
Schließlich den unteren Bereich noch einmal halbieren – darauf kommt der Mund. Auch Münder sehen sehr verschieden aus, daher gern im Spiegel anschauen und vielleicht auf einem Schmierblatt üben.
5. Zum Schluss kommen die Haare, diese wachsen entweder von einem Punkt (Wirbel) nach unten, oder von einer Linie (Scheitel) – und beginnen tatsächlich noch ein paar Finger breit über der oberen Umrisslinie. Von dort Strich neben Strich gerade (oder lockig) nach unten zeichnen, so sieht es wirklich nach Haaren aus. Kürzere Locken starten oft von mehreren Wirbeln.
Augenbrauen und Wimpern im Spiegel genau ansehen und aufzeichnen. Falls Ohren zu sehen sind: sie gehören zwischen die Mittellinie und die Linie darunter. Ganz zum Schluss den Hals zeichnen, der übrigens – noch eine Überraschung – beinahe, so breit ist wie das Gesicht selbst. (Dünnere Hälse sehen schwer nach Disney-Figur aus – was ja manchmal aber auch nicht schlecht ist.)
6. Alle Hilfslinien wegradieren und das Portrait mit Wasserfarben anmalen. Dabei den Hautton auf der Hand betrachten, manche Menschen haben eher einen rosigen, manche einen eher gelblichen Grundton. (Einen passenden Ton erhält man aus Deckweiß, ein bisschen Gelb, ein bisschen Braun und eventuell etwas Rot).
Übrigens: Fleckige Gesichtsfarbe lässt sich super verblenden, wenn man mit ein wenig Wasser drüberpinselt.
Ich bin jedes Mal erstaunt, dass Kinder meist auf magische Weise Züge ihres Charakters ganz automatisch in ihre Portraits hineinmalen…
Faszinierend!
Viel Spaß,
Einfach toll. Jetzt muss ich nur noch Spiegel suchen?. Danke für deine super Tipps. Viele Grüße, Ulla
Liebe Ulla, hurra, seid ihr schnell.
Zur Not geht auch eine Lidschatten- oder Puderpackung, da ist ja immer einer drin.
Ganz viel Spaß!
Claudi
Das ist wirklich eine tolle Anleitung. Danke! Habe es gerade mit meinem jüngeren Sohn getestet. Klappt super.
Hast auf noch einen Tipp zu Ohren? Bei Jungs sieht man die ja in der Regel. Gibts da evtl. auch Faustregeln, wo man die ansetzt?
Liebe Grüße
Sophie
Liebe Sophie, ich liebe, liebe, liebe es wie schnell ihr seid. Und wie aufmerksam, danke! Die Ohren habe ich glatt vergessen, die kommen gleich noch mit rein. Ist nämlich ganz einfach: schau mal auf dem vorletzten Foto, da sieht man eins.
Sie gehören zwischen die Mittellinie und die Linie darunter.
Herzlichst, Claudi
Danke für diese tolle Anleitung! Ob ich das mit meiner 5-jährigen mal ausprobieren soll? Sie malt unheimlich gern und ich glaube, das wäre eine schöne Herausforderung für sie 🙂
Liebe Grüße, Biene
Hallo Claudia, vielen Dank für die genaue Anleitung! Darf ich den Link teilen auf der FB Seite Ideen für den Kunstunterricht?
Liebe Grüße
Pia
Ist das eine tolle, mutmachende Anleitung! Vielen Dank dafür.
Nach den Faschingsferien werde ich mich mit meinen Zweitklässlern mal ranwagen…
Herzliche Grüße,
Nadja
Boah, dein Crashkurs ist der Hammer. Ich unterrichte Kunst fachfremd und freue mich sehr darauf, Portraits mit meiner Klasse zu zeichnen. Danke, danke, danke!
Liebe Grüße,
Maria
Danke für diesen gut verständlichen Crashkurs – das werde ich direkt die Tage mit meinen zwei Großen ausprobieren❣️ Übrigens gehöre ich zu den frustrierten Erwachsenen, die auf dem Kindheitsstand maltechnisch stehengeblieben sind (dafür sorgten leider zwei sehr uncharmante und wenig anerkennende Kunstlehrerinnen in den ersten Jahren) ??
Hallo Claudia.
Ich bin eher eine stille Leserin. Ich mag deinen Blog sehr und habe auch schon einige Rezepte/Ideen nachgemacht. Toll, wenn man so kreativ ist wie du es bist.
Ich darf nun mal eine Frage meiner Tochter weitergeben: Hast du einen Tipp für Brillenträger bzw. gilt es da etwas besonderes zu beachten?
Sie will das Portrait-Malen unbedingt bald ausprobieren.
Vielen Dank für deine Tipps.
Viele Grüße Kathrin
Liebe Kathrin,
einige Kinder haben sich auch bei mir wieder mit Brille gemalt. Einen Trick gibt es nicht, einfach im Spiegel genau schauen, wo der Bügel verläuft. Die Gläser würde ich einfach durchsichtig lassen, sprich nur den Rahmen malen.
Viel Spaß!
Alles Liebe,
Claudi
Gibt es vielleicht noch eine Idee für Brillen -Gesichter? Habe es Grad ausprobiert mit deiner Anleitung, echt super. Nur bei der Brille bin ich stecken geblieben.
Huhu, leider kenne ich keinen speziellen Hilfstipp für die Brille.
Einfach im Spiegel anschauen um die Form möglichst genau zu treffen.
Die Gläser würde ich einfach frei lassen.
Ganz viel Spaß dabei und alles Liebe,
Claudi
Hallo Claudi,
Die Anleitung ist einfach genial und macht richtig Spass. Vielen Dank dafür ! Ein kleines aber gibt es trotzdem. Man sollte nie vergessen, dass Bilder Momentaufnahmen sind, daher zeichnen die Kinder eher ihre momentane Grundstimmung als einen Charakterzug.
Viele Grüsse aus der Schweiz
Christina ( Maltherapeutin )
Hallo Claudi,
Ich lese so sehr gerne bei dir!
Danke für diese wunderbare Anleitung. Haben wir gerade eben gemacht und festgestellt dass Wimpern
gar nicht so einfach zu malen sind. Meiner Tochter hat es sehr gefallen und sie schickt dir einen Emoji ?
Huhu, das stimmt. Wimpern sind auch nicht leicht. Und Nasen auch nicht, oder?
Am allerschwersten sind Hände, finde ich. Aber die sind ja beim Portrait zum Glück nicht dabei.
Liebe Grüße,
Claudi
Das ist ein ganz toller Artikel. Habe heute mit meinen Töchtern Portraits nach der Anleitung gemalt. Sogar die Fünfjährige hat ein unglaublich ähnliches Bild gemalt. Ich bin echt baff. Danke für die Anregung.
Wie schön, das freut mich sehr!
Alles Liebe,
Claudi
[…] auch ein Selbstportrait eine schöne Idee für das Wochenende. Hier bei Claudia gibt es einen Crashkurs für Kinder. Aber unabhängig davon, ob das Bild nun ähnlich sieht oder nicht: Auch kleineren Kinder können […]
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