Eigentlich verwunderlich, dass ich als Kind überhaupt Freunde hatte: Meiner Sammlung von Kinder- und Jugendbüchern nach zu urteilen, kann ich nicht viel anderes getan haben als zu lesen. Pro Tag ein Roman war jedenfalls keine Seltenheit. Bis heute ist Lesen eine meiner größten Leidenschaften. Und ich bin immer wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass meine Kids nicht nur meine Statur und meine blauen Augen erben würden – sondern natürlich auch die Liebe zum Lesen. Das mit der Optik hat ziemlich gut hingehauen – das mit den Büchern leider nicht: Meine Kinder sind kleine Lesemuffel. Und ich muss gestehen, dass mich das mehr wurmt als es sollte…

Ich habe wirklich alles getan, um meine Kinder zu Lese-Lovern zu machen: Habe in ihren Zimmern Bücherregale befüllt, bevor sie überhaupt selbständig krabbeln konnten. Habe vor allem meinem Ältesten alle Kinderbuch-Klassiker von Raupe Nimmersatt bis Ronja Räubertochter vorgelesen – letzteres schon im zarten Alter von fünf. Habe ihm jeden (!) Harry-Potter-Band vorgelesen, Wälzer wie Die Unendliche Geschichte und die fantastischen Fantasy-Welten von Cornelia Funke.

Nur: Meine Kinder lieben es zwar immer noch, sich von mir vorlesen zu lassen – selbst zu einem Buch greifen sie aber viel zu selten.

Es ist ja auch gar nicht so, dass ich nicht mehr gern vorlese. Aber mittlerweile habe ich drei Kinder und dachte, zumindest die Älteren würden sich ab einem gewissen Alter abends mit ihrem aktuellen Lieblingsbuch ins Bett verkrümeln, um bis zu Einschlafen noch eine und noch eine und noch eine Seite zu lesen – wie sie es bei mir immer erbetteln. Und ich hätte dann ausreichend Lese-Kapazitäten für den Jüngsten, der naturgemäß mit all diesen Dingen immer ein wenig kürzer kommt als die großen Geschwister.

So viel zu Wunsch und Wirklichkeit. In Wahrheit verbringe ich immer noch sehr viel Zeit in ALLEN Kinderbetten beim Vorlesen – manchmal von drei Büchern hintereinander. Von Drachenreiter zu Solupp zum Weihnachtszwölf. Das bringt mir zwar immer noch Spaß, aber es frisst halt auch ganz schön viel Zeit. Mal abgesehen davon, dass ich so verwundert bin, dass meine großen Kinder offenbar einfach keine Lust haben, selbständig zu lesen.

Selber zu lesen, bedeutet doch vor allem Freiheit: Die Freiheit, in andere Welten einzutauchen. Die Freiheit, komplett selbstbestimmt wirklich nur noch ein Kapitel zu lesen.

Ich kann einfach nicht begreifen, dass sich meine Kinder freiwillig um diese Erfahrung bringen, ganz und gar einer Geschichte zu verschwinden. Teil eines anderen Lebens zu werden. Um das Gefühl der Verbundenheit mit Figuren, die einem so sehr ans Herz wachsen. Ich habe mir als Kind auch gern vorlesen lassen – aber sobald ich selbst ohne große Schwierigkeiten durch die Ponygeschichten von Sigrid Heuck kam, war Schluss damit. Denn: Die Vorleser hatten doch nie so viel Zeit wie ich Bock auf die Geschichte hatte.

Auch in diesem Fall muss ich aber wohl wieder anerkennen: Meine Kinder führen nicht meine eigene Kindheit weiter. Sie lieben Geschichten, aber Lesen liegt ihnen einfach nicht. Oder zumindest nicht so sehr am Herzen, dass sie sich dafür viel Zeit nehmen würden. Wobei: Ein Kind hat sogar häufiger ein Buch in der Hand, erzählt mir von erfolgreich absolvierter Lesezeit für die Schule. Was ja auch schon toll ist. Aber jedes Mal ist es ein anderes Buch – es scheint diesen Sog, den eine gute Geschichte auf einen ausüben kann, gar nicht zu kennen. Und am liebsten werden sowieso Clever & Smart-Comics konsumiert.

Ich habe kurz überlegt, ob ich das Vorlesen für die älteren Kinder gänzlich einstellen soll. Und die Idee dann ganz schnell wieder verworfen.

Denn beim Lesen haben wir immer eine gute Zeit. Und das ist neben den vielen nervigen Alltagsthemen wie Schule, Hausaufgaben und Mithilfe im Haushalt gerade essenziell: Eine gemeinsame schöne Erfahrung, ein Thema, das uns verbindet, eine Leidenschaft, die wir teilen – wenn auch anders als gedacht.

Und nein, leider kommen hier selbst Hörbücher nur bedingt gut an. Von sich aus hören die Kinder meist lieber sehr leicht konsumierbare Hörspiele im Dunstkreis von Sport- und Comedy-Themen – ehrlicherweise bluten meine Ohren und mein Literatur-Herz dabei gleichermaßen. Und weil ich immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben habe, dass es nur das eine, richtige Buch braucht, um aus meinen Kindern doch noch irgendwann Leseratten zu machen, bleibe ich da dran. Will jetzt mit der Tintenwelt starten. Mal schauen, ob der Funke überspringt.

Fünf Bücher-Empfehlungen für Lesemuffel:

Wer Kinder mit Fußball-Faible hat, der sollte es mal mit “Der Wunderstürmer”-Reihe probieren. Tatsächlich so lustig geschrieben, dass ich es gern vorgelesen habe, obwohl mir das Thema an sich eher abgeht. Sind mittlerweile immerhin schon bei Band fünf angekommen – und haben uns auch einiges davon im Wechsel vorgelesen.

Fantasy ist hier hoch im Kurs – und ich lese das Genre lustigerweise nur als Kinder- und Jugendbuch gern. Nach “Harry Potter” kam die “Drachenreiter”-Reihe dran – nicht nur ich bin ein riesiger Fan von Cornelia Funkes komplexen Welten.

Über eine Freundin haben wir die Bücher von Sabine Bohlmann entdeckt – die liebt meine Mittlere sehr: “Frau Honig” (so was wie die moderne Mary Poppins-Version) läuft hier tatsächlich auch als Hörbuch in heavy rotation und “Ein Mädchen namens Willow” ebenfalls.

“Sommerby” habe ich mit beiden Großen wahnsinnig gern gelesen (Band 4 erscheint im Februar 2024!) und “Solupp” läuft bei der Achtjährigen gerade gut.

Habt ihr ihr noch mehr Tipps? Und habt ihr Lesemuffel oder Lese-Lover zuhause?

Alles Liebe,

Katia