Würde ich heute noch mal nachts ins Freibad einbrechen? In der Drogerie einen Lippenstift mitgehen lassen? Im Korsage-Kleid durch die Dorf-Disco tanzen? Eher nicht – weil das eben Dinge sind, die man tut, wenn man jung ist. Wenn man sich ausprobiert, wenn das Leben noch voller erster Male, Verheißungen und Verbote steckt, die man unbekümmert umgeht. Wenn man sich noch traut, unvernünftig zu sein, lebenshungrig, rebellisch statt regelkonform. Meist endet dieses was-kostet-die-Welt-Haltung ziemlich bald, wenn man erwachsen geworden ist. Umso wichtiger, dass man bis Mitte 20 alles Essenzielle mitnimmt, um später nichts zu bereuen…


Ich krame jedenfalls gerade tief in meiner Erinnerung, was es eigentlich genau ist, dass einen Teen irgendwann zum Erwachsenen macht. Welche Erlebnisse und Fähigkeiten, welche Krisen, Gefühle und Begegnungen es braucht, um sich dann irgendwann dem Ernst des Lebens entgegenzustemmen. Was sollen meine drei Kinder getan, gelernt, gesehen haben, bevor sie Mitte 20 sind…?

Und welches sind die Skills, die essenziell sind, um die allerbeste Coming-of-Age-Geschichte zu erleben?

1) Steig nachts heimlich über den Freibad-Zaun. Keine Teenie-Biografie ist ohne dieses Erlebnis wirklich komplett. 2) Und wenn du schon mal da bist: Geh nackt schwimmen. Fühlt sich fantastisch an! 3) Küsse jemanden, den du besser nicht küssen solltest – weil er nicht gut für dich, vergeben, kompliziert ist. Mach es trotzdem. Und genieße diesen herrlich verbotenen Kick. 4) Verliebe dich mit Haut und Haar – es sollte sich mindestens nach “für immer” anfühlen.

5) Wenn dir dein Herz gebrochen wird – lerne mit Liebeskummer klarzukommen. Es wird nicht das letzte Mal in deinem Leben sein. Gute Freunde, eine Literpackung Eis und Lieblingsserien helfen. 6) Lauf einmal vor der Polizei weg. Oder wenigstens vor Kartenkontrolleuren des öffentlichen Nahverkehrs. 7) Tu etwas richtig Dummes – und bieg es selbst wieder gerade. 8) Übernachte einmal nachts allein in der Natur. Hilft gegen Ängste aller Art.

9) Betrink dich maßlos – und lerne deine Grenzen kennen.

10) Gib dich mal für einen Tag als jemand anderes aus. 11) Lerne so viele Sprachen wie in deinen Kopf passen. Ganz gleich, wie ätzend die entsprechenden Fach-Lehrer an der Schule auch sein mögen. 12) Und dann geh auf Reisen, in so viele unterschiedliche Regionen, Länder wie möglich. 13) Mach am besten ein Auslandsjahr (wir fangen schon mal an zu sparen…).

14) Verlauf dich absichtlich und ohne dein Handy in einer fremden Stadt – und vertraue auf dein Bauchgefühl statt auf Google Maps. 15) Finde dich ganz generell gut im echten Leben zurecht. Lebe, flirte, streite analog, nicht digital. 16) Hau styletechnisch ordentlich auf den Putz – Mama MUSS die Augen darüber verdrehen und “So willst du aus dem Haus…?!?” japsen.

17) Liebe deinen Körper wie er ist. Vergleiche sind scheiße und führen nur zu Stress. Glaub dieses eine Mal deiner Mutter: Du bist schön wie du bist.

18) Suche dir Freunde aller Geschlechter. 19) Versuch in den coolsten Club der Stadt zu kommen. Türsteher sind harte Nüsse und eine Schule fürs ganze Leben! 20) Dann tanz bis zum Morgengrauen durch – und gehe direkt im Anschluss katerfrühstücken. 21) Lerne gut zu streiten. 22) Werde glühender Fan – einer Band, eines Schauspielers, eines Influencers. Und dann tapezier deine Zimmerwand mit peinlichen Postern. Wenn man das dann überhaupt noch macht.

23) Probier aus, wie viel Sex, Drugs & Rock’n’Roll in dir steckt. 24) Mach einen Selbstverteidigungskurs. 25) Und ein Survivaltraining schadet auch nie. 26) Schleich dich nachts heimlich aus dem Haus. 27) Geh auf ein Konzert – und direkt vorne in den Moshpit. Ist ein irres Gefühl, in einer Menschenmasse in kollektiver Entfesselung zu sein. 28) Hör so viel Musik wie du kannst. Ist der Soundtrack deines Lebens und immer ein Gefühlsgarant – in allen emotionalen Schattierungen. 29) Kenne die Dinge, die dir guttun: Sport, Freunde, Natur.

30) Hab mindestens fünf Gerichte, die du auswendig kochen kannst. Und ich meine jetzt nicht Spaghetti, Ravioli und Tortellini.

31) Hab ein solides Grundverständnis von Waschmaschinen, Akkuschraubern und Bohrmaschinen. 32) Hatte ich schon Knutschen erwähnt? Ist nie wieder so aufregend, intensiv und weltverändernd wie mit 16. 33) Unterhalte dich mit jemandem über das Leben, der deutlich ärmer ist als du – und mit jemandem, der viel reicher ist.

34) Betrachte einen Toten. 35) Fühle dich dennoch unsterblich. 36) Engagier dich für eine Sache, brenn dafür – Veganismus, Fridays für Future, Schulpolitik – und eck damit an. 36) Verteidige deine Meinung. 37) Spiel, sprich, sing einmal vor richtig großem Publikum. Lampenfieber ist ein großes, wichtiges Gefühl.

38) Sei unvernünftig, brich Regeln. Und sag mir hinterher nicht, ich hätte dir dazu geraten.

39) Leg auf einer Party auf. 40) Geh mit deinem Crush ins Kino – und wehe, du weißt hinterher, worum es in dem Film ging! 41) Lerne mit Mobbing umzugehen. 42) Mach einen miesen Job, um Geld zu verdienen. Nichts ist so einprägsam wie in schummrigen Schuhladenkellern Schnürsenkel einzufädeln. 43) Schwänz die Schule für ein Date mit jemandem, der es wert ist – und erklär dich hinterher dem Schulleiter. 44) Hab BFF-Beef und vertrag dich tränenreich.

45) Mach dich einmal komplett zum Deppen und verbuche es als Erfahrung. 46) Bezeichne deine Eltern als langweilige Loser. Beschwer dich bloß hinterher nicht, wenn ich dafür dein Handy einkassier. 47) Hab (safer) Sex, damit du weißt, was du willst – und was nicht. 48) Geh sehr viel tanzen, ist ein Lebensgefühl. 49) Schreib Tagebuch.

50) Zelte auf einem Festival (und lerne Dixie-Klo-Vermeidungsstrategien).

51) Lass dir von niemandem erzählen, man könne nicht einen ganzen Sommernachmittag auf der Strandliege rumhängen und nichts tun – man kann! 52) Kenne ausreichend Lifehacks bei Kater. 53) Steh zu großen Gefühlen! So viel Drama wie zwischen 13 und 18 traut man sich später selten. 54) Versprich deinen Eltern, dass du sie auch nach deinem Auszug besuchen willst. Und halte dich dran – sonst wirst du enterbt…! 55) Sei stolz auf dich, vertrau dir – und koste das Leben aus. Es ist alles in allem ziemlich wunderbar.

Ähnlichkeiten zu lebenden Personen sind natürlich rein zufällig.

Was würdet ihr euren Kindern raten?

Alles Liebe,

Katia