Worauf mein Sohn sich diese Sommerferien am meisten gefreut hat? Dass er zu seinem 11. Geburtstag (und kurz vor Beginn der 5. Klasse) endlich sein lang ersehntes Handy bekommen hat. Ein Thema, das ihn und uns als Familie bestimmt bereits seit einem Jahr umtreibt: Handy ja oder nein? Wann ist überhaupt der richtige Zeitpunkt dafür? Wie viel Daddelzeit ist okay? WhatsApp oder SMS? Und was bedeutet das alles für die Medienzeit-Regel, die bislang bei uns gilt…?
Junge mit Handy vor der Nase
Wir haben den Zeitpunkt nach vielen Überlegungen bewusst gewählt: Einerseits ganz pragmatisch, weil unser Sohn für die weiterführende Schule täglich an einen halbstündig entfernten Ort pendelt und wir dafür eine Kontaktmöglichkeit wollten. Andererseits, um ihn nicht zu sehr von den anderen Kindern abzugrenzen: Die meisten seiner Klassenkameraden haben schon seit ein, zwei Jahren eigene Smartphones.

Dabei sind sich Experten einig: Kinder sollten eigentlich erst ab zwölf Jahren ein eigenes Handy haben.

Insofern ist es noch immer ein Kompromiss – aber einer, mit dem ich dachte, ganz gut leben zu können. Theoretisch. Denn ganz praktisch habe ich hier seit kurzem ein Kind, das mit seinem Kopf dauernd zwei Zentimeter über seinen Smartphone-Display klebt, nicht auf Ansprache reagiert und wenn es kommuniziert, nach weiterer Daddelzeit fragt – gern auch digital. Ein Kind, das mit dem Handy in der Hand aufsteht und wieder ins Bett geht. Als wäre das Smartphone eines dieser 90er-Jahre-Tamagotchis, die bei mangelnder Aufmerksamkeit eingehen würden…

Der Fairness halber sei gesagt, dass der Geburtstag zum Zeitpunkt dieses Posts gerade erst eine Woche her ist, das eigene Handy also noch nicht viel an Attraktivität eingebüßt hat. Nur frage ich mich gerade: Wird es das jemals…?

So war zumindest die Hoffnung und auch ein Grund dafür, warum das Handy auf dem Gabentisch lag und nicht in der Schultüte: Wir hatten darauf gebaut, dass sich das neue Spielzeug bis zum Schulstart sieben Wochen später schon so weit abgenutzt hat, dass sich der Fokus auf neuen Lehrstoff konzentriert – und nicht auf neue Apps.

Ohne Beschränkung geht jedenfalls nichts: Wir kastrieren das Kinder-Handy durch Familienfreigabe.

Rein auf vernünftige Absprachen kann man in Sachen Smartphone-Nutzung nämlich keinesfalls bauen – dazu ist die Anziehung einfach zu groß. Wir haben auf dem Handy keinerlei Daddelspiele installiert, sondern es lediglich mit einer sehr überschaubaren Anzahl von zusätzlichen Apps bespielt. Kicker, Sportschau, Spotify und Co. sind zudem durch die Apple-immanente Familienfreigabe beschränkt:

Sie sind zunächst auf eine Stunde pro Tag limitiert – darüber hinausgehende Medienzeit kann digital angefragt werden (und wird von mir meist konsequent ignoriert). Und zwischen 20 Uhr am Abend und 7 Uhr morgens ist das Handy komplett aus. WhatsApp erlauben wir noch nicht, dafür kann nahezu immer gesimst und telefoniert werden – als Kontaktmedium sehe ich nämlich den größten Vorteil des Handys.

Ich war jedenfalls ziemlich froh (und ein bisschen erleichtert), als mein Sohn sein Kick-Date auf dem Sportplatz kürzlich zwar per SMS traf – das Handy dann aber achtlos auf dem Sofa liegenblieb. Es gibt also auch ein analoges Leben im digitalen.

Was mich bei der Kinder-Handynutzung gerade am meisten erschreckt: Wie sehr es mein eigenes Verhalten spiegelt.

Denn was mich bei meinem eigenen Sohn gerade stört – das dauernde abgelenkt sein, der permanente Griff zum, der frequente Blick aufs Handy – zeigt mir leider ziemlich ungeschönt, wie sehr ich selbst von meinem Smartphone absorbiert werde. Furchtbar! Insofern justieren wir auch unsere familiären Medienregeln gerade für alle nach.

Und so funktioniert unsere Handy-Hygiene: Auch für uns Eltern kein Handy-Gedaddel vor 8 Uhr morgens (nur ein Blick auf die Schul-WhatsApp-Gruppen ist erlaubt, in denen wir verlässlich an die Dinge erinnert werden, die wir ansonsten immer vergessen…). Zu allen Mahlzeiten verschwinden die Smartphones außer Blick- und Griffweite und mindestens eine Stunde bevor gepennt wird, gehen sie in den Stand-By-Modus.

Wir haben außerdem beschlossen, dass die stündliche Daddel-Dosis am Handy Hörspiele und das freitägliche FIFA-Zocken (ebenfalls limitiert auf eine halbe Stunde) nicht tangiert – weil auf dem Smartphone eben keine typischen Daddel-Apps installiert sind. Sollte sich das ändern, wird neu verhandelt.

Übrigens sehe ich auch durchaus Vorteile, seitdem mein Sohn eigenes Handy hat:

So freut es mich bislang jedes Mal, wenn mein Telefon klingelt und ich das Porträt meines Großen als Anrufer sehe. Und sei es nur, dass er mir sagt, was ich ihm vom Supermarkt mitbringen soll – irgendwie ist das eigene Smartphone so ein neuer Meilenstein, der mich daran erinnert, wie groß mein Kind geworden ist. Wie eigenständig und unabhängig. Was ich generell eher begrüße als beweine.

Am schönsten finde ich aber, dass mein Großer mir jetzt häufiger SMS schickt: Am Abend seines Geburtstags bekam ich von ihm folgende Nachricht: “Ich gehe jetzt mal ins Bett, Mama.” Und gleich am nächsten Tag: “Guten Morgen, Mama.” Lustigerweise rührt mich das gerade fast genauso wie die ersten ungelenken Kritzel-Bilder der Kinder. Ich bin jedenfalls verdammt froh, dass ich nicht nur gestresst von diesem ganzen Handy-Thema bin.

Wie handhabt ihr die Handy-Nutzung eurer Kinder? Und sehr ihr darin nur Nach – oder auch ein paar Vorteile?

Foto: Shutterstock

Alles Liebe,

Katia