Meine beiden Großen und ich haben gerade gemeinsam die New Adult Serie Maxton Hall auf Prime geschaut und – ja! – sehr gemocht. Die Tatsache, dass es irgendwie albern ist, wenn deutsche Stimmen sich mit Mrs und Mr anreden, sind wir umgangen, in dem wir die Serie ab Folge 3 auf Englisch geguckt haben. Viel besser! Und so leicht die Serie auch ist, so schwer hat sie mich über toxische Beziehungen nachdenken lassen…
Denn Fakt ist: James in der Serie behandelt Ruby nicht nur einmal schlecht. Nicht untypisch für männliche Figuren in New Adult Reihen, aber eigentlich ungewöhnlich für die heutige Zeit, oder? Wo wir alles, was als klassisch männlich gilt, immer mehr hinterfragen. Stereotype sowieso. James toxisches Verhalten sorgt auf jeden Fall für Drama und das braucht es natürlich in Büchern und im Fernsehen. Eine funktionierende, wertschätzende Beziehung ist rein fiktional nun mal leider langweilig.
Aber wie viel toxisches Verhalten ist aufregend und sexy?
Denn das kann es bis zu einem gewissen Maß sein, oder war es zumindest mal, oder? Mich hat die Serie sehr darüber nachdenken lassen, wie sich meine Kinder wohl später in Beziehungen verhalten werden. Ich hoffe natürlich, dass wir ihnen allein durch unser Beziehungsvorbild einiges mitgegeben haben. Natürlich ist hier nicht alles rosarot, aber ich glaube, einiges machen wir ganz gut.
Außerdem hat mich die Serie zurückgebeamt in Zeiten, in denen ich ab und zu Typen anziehend fand, die sich mir gegenüber nicht immer gut benommen haben. Typen, deren Zuneigung ich mir unsicher und diese Unsicherheit nicht unanregend war. Und dann waren da sogar Exfreunde, von denen ich mich ab und zu echt hab schlecht behandeln lassen. Könnte mich jetzt noch drüber aufregen! Sofort sind mir diese drei toxischen Erlebnisse eingefallen…
Der Buffet-Boy
Ein Exfreund von mir, er arbeitete in der Hotelbranche, schenkte mir einmal ein Wochenende in einem recht guten Hotel (er hatte ja Beziehungen). Als ich mir einen zweiten Teller vom Buffet holte und meinen ersten zum Wiederauffüllen mitnahm, lachte er mich aus, nannte mich Pauschalpaula und gab mir zu verstehen, dass ich einfach keine Ahnung hätte. Sein Gesicht in diesem Moment – arrogant wie James! Ich hatte tatsächlich wenig Erfahrung, aber auch ich kannte die Regel, dass man sich jedes Mal einen neuen Teller nimmt. Hab es dennoch nicht gemacht. Die Sache ist heute eh anders, wegen Energiesparens, oder? Bis heute denke ich bei Buffets hin und wieder an den Mistkerl – und ärgere mich, dass ich ihm nicht einen Satz vor den Latz geknallt habe.
Gut gehalten!
Ein Exfreund, oder sowas ähnliches, begutachtete mich nach einer gemeinsamen Nacht mal ziemlich offensichtlich im Morgenlicht im Bett und schnurrte dann: “Für dein Alter hast du dich aber echt gut gehalten.” Ich war damals 26, haha.
Kuss-Gate
Nach einer privaten Party übernachteten wir mit ein paar Leuten in einem Raum, auf Luftmatratzen und in Schlafsäcken. Ich war mit meinem Freund da und natürlich ging ich davon aus, dass wir nebeneinander schlafen würden. Er überließ mir allerdings zu gern das einzige Sofa im Raum – und machte in dieser Nacht ziemlich sicher mit einer anderen herum – während ich ein paar Polster höher nicht schlafen konnte – und fassungslos schmatzenden Geräuschen lauschte. Vermutlich die dreisteste Sache, die mir je in Sachen Typen passiert ist und zum Glück war dieser Freund kurz danach mein Ex.
Großes Liebes- und Anziehungsmysterium also: Bis zu welchem Grad ist Lässigkeit, Provokation, „Nicht–wissen–woran–man–ist“, „Nicht-melden“ sexy? Und warum ist es das überhaupt? Auf jeden Fall ist die knisternde Unsicherheit sicher ein Grund, warum so viele männliche Hauptfiguren in diesen Romanen mit der Zielgruppe (junge) Frauen oft ein wenig bis manchmal sehr toxisch handeln. Ist ja auch bloß eine Geschichte und da kann man tollerweise vieles stellvertretend für die Wirklichkeit testen.
Das Problem? In der Realität checkt man oft nicht, wann zu viel zu viel ist, wann prickelnd zu toxisch ist.
Was ich echt schön finde: So verknallt ich damals auch war, so verrückt sie mich gemacht haben, so weh sie mir getan haben, so wenig denke ich heute an diese Typen.
Wenn bloß was wie: „Warum war ich bloß so blöd und habe mir das gefallen lassen?” Manchmal auch: “Danke, dass du mir gezeigt hast, wie ich nicht behandelt werden will.“ Ganz sicher denke ich an sie nicht mit Hachz und Kribbeln im Bauch. Gemeinsam Teenieserien schauen ist also eine tolle Sache, um mit seinen größeren Kindern über genau sowas ins Gespräch zu kommen.
Foto: Amazon Prime
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Alles Liebe,
Spannender Bericht! Mein inneres Schutzschild ist tatsächlich zu groß, als dass ich mich auf jemanden einlassen könnte, der mir gefühlt keine Sicherheit verspricht. Ich bin IMMER die Erste gewesen, die eine Situation oder Beziehung verlassen hat, wenn irgendetwas nicht richtig gepasst hat (auch von anderer Seite)…
Paxton Hall schau ich mir mal an 🙂 Wenn euch das Thema New Adult interessiert – Heartstopper war IMHO ebenso eine rührende Serie, auch wenn es primär um LGBTQ+ geht. Deutlich softer als Sex Education (da sind die Themen Gewalt, Drogen und Tod zusätzlich sehr präsent). Die Bücher liegen ja auch als Comic überall in den Geschäften aus – kennst du bestimmt schon.
Oh ich liebe, liebe, liebe Sex Education. Eine meiner Lieblingsserien.
Danke für den Tipp!
Claudi
Toxisch ist in irgendeiner Weise sexy und hat was anziehendes – aber es ist keine Dauerlösung und macht glaube ich nicht glücklich – ich bin froh, dass ich am Ende den humorvollen, den rücksichtsvollen und den fürsorglichen Mann gewählt habe, mit dem ich seit über 15 Jahren glücklich bin. Aber auch ich kenne solche Jugendgeschichten. Einen Typen (ich nenne ihn so, ein Mann war er noch nicht und für einen Jungen, dann doch zu jugendlich) lief ich quasi 3 Jahre blindlings hinterher. Wir trafen uns, es war jedes Mal heiß, kribbelnd, aufregend und man wusste nie so ganz, woran man bei ihm ist und wollte ihm trotzdem gefallen. Immer wieder fuhr ich nach Partys mit zu ihm und hoffte er würde endlich Nägel mit Köpfen machen und mir auch seine Liebe gestehen – falsch gedacht. Beim letzten Treffen brachte er mich nach Hause und wollte ein „Bild meiner (seine Worte) geilen Titten“ machen – ich erlaubte ihm dies nicht (zum Glück – im Nachhinein war ich zu der Zeit durchaus sehr naiv und viel zu romantisch eingestellt) und wachte endlich auf. Danach habe ich mich nie wieder bei ihm gemeldet und ihn auf Partys komplett ignoriert. Habe absolut aus der Sache gelernt und knapp 4 Monate später den Menschen kennengelernt, der seitdem mein Leben absolut positiv ausfüllt.
Ich habe einen Sohn und ich hoffe so sehr, dass wir ihm eine liebevolle Beziehung vorleben. Hast du mit deinen Söhnen über die Inhalte der Serie und über toxisches Verhalten gesprochen?
Alles Liebe
Oh man, sowas haben wir wohl (fast) alle durch. Und ja, irgendwie weiß man vielleicht gerade deshalb was man will – und einiges besonders zu schätzen.
Ja, wir sprechen viel drüber, dafür finde ich solche Serien als Anlass super. Sie hat auch die Sache mit dem schlagenden Vater sehr beschäftigt. Auch so ein Thema.
Danke für deine Offenheit und dein Vertrauen!
Alles Liebe,
Claudi
Liebe Claudi,
(Anmerkung der Redaktion: Achtung, Achtung, Spoiler zu Claudis Roman)
ja ja, die Liebe in Filmen und Büchern ist schon ein heißes Thema und ich frage mich ob diese Art Geschichten zu stricken wirklich die einzig wahre ist und bleiben muss, weil alles andere langweilig und fad ist.
Warum ist es langweilig? Mich würden gute Geschichten von anderen Ehepaaren wie und warum sie es schaffen ihre Liebe warm zu halten sehr interessieren.
Auch wie es andere hinkriegen sich immer wieder neu in den eigenen Mann bzw. Frau zu verlieben?
Aber nicht in trockenen Interviews sondern sehr gerne in Romanlänge:-)
Das würde im Alltag doch tatsächlich mehr helfen oder anspornen an der Beziehung festzuhalten und zu arbeiten, als der drölfzigste Roman, der mit einer Trennung beginnt, damit sich Frau neu verlieben kann, am Ende auch noch in einen echten Mistkerl, um mal den Bogen zum eigentlichen Thema zu kriegen;-)
Das schönste an deinem Roman fand ich ehrlich gesagt, dass die Beziehung gehalten hat und sie sich wieder gefunden haben! Endlich mal nicht das alte und immer gleiche”Neu ist immer besser “-Schema. Was meinst du, könnten mehr Geschichten dieser Art nicht auch helfen und Mut machen nicht aufzugeben, um sich was vermeintlich besseres zu suchen?
Ich finde die Botschaft Herzensmensch gefunden, dann festhalten und GEMEINSAM durch dick und dünn gehen so wichtig und so wunderbar. ( Auch wenn mir natürlich klar ist, dass das nicht immer geht).
Liebe Grüße
Susanne
Liebe Susanne. Danke, ich fand das auch mal was überraschend Neues. Habe es so gern geschrieben. Werde eine Spoilerwarnung vor deinen Kommentar schreiben, okay? Für alle, die meinen Roman noch nicht kennen.
Ich danke dir für deine Gedanken!
Alles Liebe,
Claudi
Danke für den Spoiler! Also echt danke 😃, ich überlege nämlich schon ne Weile, mir das Buch zu kaufen, aber nur wenn die Beziehung am Ende besteht. Alles andere mag ich grade nicht mehr lesen…
Ach, das passt doch.
Liebste Grüße
Claudi
ich bin sicher, dass das in der Sich-Findungs-Phase vielleicht manchmal anspornt, wenn sich jemand toxisch oder abweisend verhält, das weckt das “ich zeig dir mal, wie toll ich wirklich bin und dann wirst du es erkennen” Gefühl an glaube ich. Aber wie sehr man darauf anspringt oder nicht, hat glaube ich auch viel mit Prägung zu tun. Wie hat man selbst die Beziehung der Eltern erlebt, wie wurde man selbst als Kind von den Menschen, die einen “lieben” (die ersten Liebesbeziehungen im platonischen Sinn sind ja familiär) behandelt? Ich glaube schon, dass wenn man immer wieder gerade auf die Männer/Frauen steht, die eben keine Sicherheit und Verbindlichkeit geben sondern Zuwendung schwankend verteilen, dass man dann ein Thema mit dem hat, was man als Liebe gelernt hat. Man probiert sich in der Jugend ja aus und wenn man sich ein paar Mal solche Geschichten zum Ausprobieren leistet, ist da sicher nichts dabei. Aber wenn man sich dauerhaft schlecht behandeln lässt und nicht loskommt, darf man sich mit seinem Liebesverständnis und Selbstwertgefühl auseinandersetzen. Ich hoffe sehr, dass meine Kinder ganz deutlich spüren, dass Menschen, die einen nicht gut behandeln, keine guten Lebensbegleiter*innen sind, egal ob als Partner*innen oder Freund*innen. Von dem her: Make Verbindlichkeit und Vertrauen können great again! Und damit das passiert, müssen halt von Hollywood und Co. andere Geschichten erzählt werden. Denn so traurig es ist, wer aus unserer Generation hat sich nicht von dem Hollywood-Liebesgedöns, in dem die Frau immer erst den Mann überzeugen muss oder der Held die Frau rettet und es hört sowieso auf bevor das richtige Leben in einer Beziehung losgeht, befreien müssen? Eine klare Einordnung und ganz viel Sprechen mit den Kindern darüber, was Fiktion und was wirkliche Beziehungen sind (auch in Bezug auf Sex!) ist ganz ganz ganz wichtig als Einordnung glaube ich! Solche Serien nicht schauen ist keine Lösung, aber gemeinsam drüber reden dann unabdingbar.
Das hast du ganz toll zusammengefasst!
Danke dafür!
Alles Liebe,
Claudi