Unser Caddy sauste durch dichten Wald, schmale Baumstammalleen entlang und rumpelte schließlich eine holprige Kopfsteinpflasterstaße hinunter. Hinten schrien die Jungs: “Hurra, wir sind da”, bevor das Navi es sagen konnte. Über dem alten Backsteingebäude mit dem großen grauen Sprossenfenster vor uns ging die Sonne unter. Die Luft schimmerte butterfarben. Aus der Ferne hörte man ein Blöken. Das ganze hätte das Intro für einen Werbespot sein können…

In dem Werbespot hätten wir in diesem Moment ganz sicher lächelnd die Fruchtjoghurt-Becher auch einem Korb geholt. Oder ich hätte jedem einen Milchschoko-Riegel zugeworfen und etwas von “Wochenendglück” gesäuselt. In der Wirklichkeit dudelte keine Musik. In der Wirklichkeit schmiss sich einer meiner Söhne auf den Boden – weil er nach der eineinhalb stündigen Fahrt von Hamburg selbst gehen sollte. Auf der Rückbank funkelte eine riesengroße Apfelsaftpfütze. Und vom alten Bauernhaus brüllte einer meiner Söhne rüber: “Mama, komm schnell. Da wohnt ein Schaf in unserer Wohnung.”

Ein paar Minuten später saßen alle vier auf der Küchenarbeitsplatte, André und ich standen davor, auf Zehenspitzen, und schauten durch das Fenster in der Küche. Da wohnten tatsächlich zwei Schafe, zwar nicht in, aber neben unserer Küche und dank des Fensters gehörten sie nun quasi zur Familie. “Schlafen mit Schafen” in das Motto unseres Ferienhofs, mitten im Grünen, nicht weit entfernt von Ludwigslust. Ein Backstein-Idyll für Kinder. Und darum auch für Eltern. Aber auch für Nichteltern. Weil es einfach so besonders ist, so liebevoll und so voller Ideen steckt, dass wir auf der Rückfahrt gleich mal wieder überlegt haben, auch einen Ferienhof zu eröffnen.


Wie ich unser Urlaubsidyll gefunden habe? Ich habe es mir empfehlen lassen. Und zwar von Ilonka Schäfer, die die Online-Reiseagentur “The Little Voyager” betreibt. Auf ihrer Seite zeigt Ilonka zur Zeit 28 verschiedene Unterkünfte in zehn Ländern – und es werden immer mehr. Ilonka sucht auf Anfrage die perfekte Urlaubsdestination – und zwar für jedes Budget und für jeden Geschmack. Ilonkas Beratung, Hilfe und auch Begleitung vor und während des Urlaubs ist wahnsinnigerweise völlig umsonst und kostet die Reisenden genau so viel, als wenn sie direkt buchen würden. Ilonka testet jede Unterkunft vorweg, schaut vor allem auf Kinderfreundlichkeit (eingezäunte Pools, Spielzeug, Hochstühle etc.), alles soll aber auch für die Eltern ansprechend sein.

Kinderfreundlichkeit bedeutet für Ilonka nämlich nicht, dass an jede Wand eine Maus gemalt ist (Yes!). Sondern, dass Kinder Platz haben, um sich auzutoben. Dass es bestenfalls Naturerlebnisse gibt und Orte an denen sie kreativ werden können. Dazu ein paar Tiere vielleicht. Und es bedeutet auch, dass sich die Eltern wohlfühlen. Wenn die kopfmäßig entspannen können, ist das nämlich auch für die Kinder herrlich entspannend.


Ilonkas Projekt ist ein absolutes Herzensprojekt, gegründet aus ihrem Frust übers nächtelang Suchen nach besonderen Orten und Unterkünften. “Ich versuche, allen Familien so gut es geht zu helfen”, sagt Ilonka. “Es ist mir einfach wichtig, dass Familien einen entspannten, schönen Urlaub zusammen verbringen können, damit sie Qualitätszeit zusammen haben und neue Erfahrungen sammeln können.” Reisen ist Ilonkas Leidenschaft, die übrigens inzwischen mit ihrem spanischen Mann und zwei Kindern dauerhaft in Spanien lebt. Mit ihrer kleinen Reiseagentur möchte sie uns alle mit ihrer Leidenschaft anstecken. Sie ist eine richtige Reise-Flüsterin, mit lauter Geheimtipps, wie eine gute Freundin. Bloß eben richtig professionell.

Als ich mit Ilonka über das Konzept ihrer kleinen Reiseagentur gesprochen habe, kamen wir darauf, dass uns beide zum Beispiel Plastikstühle und Werbesonnenschirme in Unterkünften total stören. Mag oberflächlich klingen, ist aber so. Ich brauche kein Fünf-Sterne-Hotel zum Entspannen, überhaupt nicht. Aber ich entspanne mich besser in einer hübschen Umgebung. Gern alt, aber aus schönen Materialien. Das ist wie eine kleine Dauer-Streicheleinheit für Augen und Kopf. Und über gute Ideen kann ich mich tagelang freuen.



Gute Ideen gibt es in Middenmank reichlich. Die Begrüßungstafel im Flur, die ganz entspannt verrät, in welcher Wohnung man wohnt. Die Ferienwohnung, die einfach schon mal offen ist und in die man sofort und zu jeder Zeit einziehen kann. Der mit Kreide notierte Hinweis, dass die Besitzer Andy und Britta ganz entspannt später zum Begrüßen und für mehr Infos vorbei kommen. Der Tischlerschuppen, in dem Kinder und Eltern aus Holz und etlichen Bastelmaterialien etwas zusammen bauen können. Die Schaukel im Baum mitten auf der Schafweide, die bitte unbedingt betreten werden darf.

Die Sauna mit Stundenplan, in den sich die Familien eintragen können. Die Tiefkühltruhe voll mit vorgekochter Hausmannskost. Der Stockbrotteig in Gläsern im Flur, den man bloß noch mit Wasser anrühren muss. Die Angel- und Kanustelle hinten am Fluss, von der im Sommer Kanutouren starten. Sogar der alte Korb mit Bällen auf dem Hof ist hübsch. Und das kleine, zuckersüße Spielzimmer, mit einem Lesethron, unzähligen Bilderbüchern und einer lebensgroßen Puppenstube zum Mutter-Vater-Kind spielen erst. Holzmöhren zum Ernten aus einem Brettbeet gibts. Und im Flur einen Bildschirm, auf dem Fotos den Originalzustand des Hofes und die Umbaumaßnahmen zeigen.



Ich konnte mich nicht satt sehen an den Bildern, die zeigen, dass Middenmank mal eine richtig runtergekommene Ruine war. Mein Mann auch nicht. Wir beide haben da übrigens ein kleines Spiel. Wir zeigen uns regelmäßig alte Häuser und Höfe und fragen den anderen, ob wir das nehmen würden und was wir draus machen würden. Ich sage bei fast jedem alten Hof ja. Ganz ehrlich, beim alten Middenmank hätte ich wohl Nein gesagt. Hofbesitzer Andy und Britta hatten zum Glück eine Vision (und eine bessere Häuserfantasie) – und als Architekten zum Glück auch die richtigen Kontakte um diese umzusetzen. Jetzt wächst Middenmank ständig weiter. Und die guten Ideen auch.

Als wir an einem Nachmittag ale sechs draußen in der Sonne saßen, Schafe guckten, Sand buddelten und uns ein paar Schokoriegel teilten, war da wieder dieses Wochenend-Werbespotgefühl. Meine beiden Großen und ich blökten um die Wette, und ich gewann jedes Mal den Blök-Award, weil die Schafe direkt zurück blökten. “Wie machst du das Mama?”, fragte mein Größter, “Mama, mäh doch nochmal!”

Wir blökten um die Wette und hatten viel Spaß – bis mein kleinster Sohn in Schafmist ausrutschte. Also große Schweinerei statt Gegenlichtglück. Und natürlich Riesengeschrei statt Dudelmusik. Ist eben alles zum Glück ganz schön echt auf Middenmank. Allerdings würde es mich bei all den guten Ideen von Britta und Andy nicht wundern, wenn es bei unserem nächsten Besuch eine Schafscheißeentfernungstuchbox am Zaun gebe. Eine hölzern hübsche natürlich…




Noch ein paar fixe Middenmank-Tipps:
– Wir haben in der Ferienwohnung Däl gewohnt, zu der das große Dielentor-Fenster gehört. Absolute Empfehlung! Und reichlich Platz für viele Kinder (bis zu vier Erwachsene und vier Kinder).

– Unbedingt die Frühstücksbox mitbestellen. Es ist einfach irre gemütlich, morgens vor die Ferienwohnungstür zu schauen, die hübsche Kiste hereinzutragen und all die Köstlichkeiten in kleinen Döschen und Fläschchen auf dem Tisch zu dekorieren. Und absolut lecker ist es auch!

Wow-Wald. Klar kann man auch einfach so einen Waldspaziergang machen. Aber noch mehr Spaß macht es, wenn Opa Ritschie einem dabei ganz viel über Pflanzen und Tiere erzählt, wenn er ab und zu kleine Wald-Spiele anbietet – und wenn die Kinder ab und zu seinen Hund an der Leine führen dürfen. Beste Spazier-Motivation (sogar bei Winterkälte). (Kann man direkt bei Andy und Britta buchen).

Rumpel-Runde. Es macht riesig viel Spaß, sich von Andy hinten auf dem Anhänger per Trecker durch die hübsche Landschaft spazieren fahren zu lassen. Und man sieht und hört dabei noch viele spannende Dinge und Geschichten rund um das kleine, preisgekrönte Dorf Glaisin. Ich muss zum Beispiel immer noch schmunzeln, wenn ich an die Kirche denke…

Ferien mit Kindern, Bauernhof Urlaub,





Und noch ein paar Tipps für die Umgebung:
Klein und köstlich: Freunde von André und Britta betreiben die urige Brauerei Vielanker mit Restaurant, wo man richtig gut essen (und ein Bier trinken) kann. Am besten vorher reservieren (Lindenplatz, 19303 Vielank). Und für den nächsten Tag vielleicht gleich eine Auerochsensafari buchen?

Groß und gut: Richtig gut essen kann man auch auf dem Hof Denissen. Ich war erst ein wenig irritiert aufgrund des riesigen Parkplatzes und der Blink-Kronleuchter über Stühlen mit Giraffenfellmuster. Aber das Essen war wirklich richtig, richtig lecker. Und die beeindruckende Firmen und Familiengeschichte des Besitzers in der Speisekarte habe ich mit den Jungs auch sehr gern gelesen. (Ludwigsluster Str. 2119288 Wöbbelin)




Ludwigslust ist ein hübscher kleiner Ort mit einem Schloss und einem der architektonisch ungewöhnlichsten Schlossvorplätze, die ich je gesehen habe: Ein klitzekleines Fachwerkhaus neben dem anderen und ganz am Ende, direkt gegenüber vom Platz, eine beeindruckend große Kirche. Lohnt sich auf jeden Fall, sich das einmal anzusehen.

Richtig leckeren, mit Liebe selbstgebackenen Kuchen, haben wir in Ellis Café geholt und gleich im Auto aufgegessen, weil er einfach so lecker aussah (und schmeckte). Außerhalb der Saison wechselnde Öffniungszeiten, daher am besten einmal kurz durchklingeln, ob Elli da ist: Telefon: 03874 3299791, Schloßstraße 24, 19288 Ludwigslust.

Nach Schwerin ist es übrigens auch nicht weit. Wir sind dort nur kurz vorbeigefahren, aber das Schloss sah aus wie im Märchen. Da möchte ich unbedingt nochmal hin.
PS. Sucht ihr noch Reise-Inspiration für den Sommer? Schaut euch auch unbedingt Ilonkas übrige Tipps an, einer schöner als der andere…
PPS. Und habt ihr noch Tipps für die Gegend Ludwigslust? Bitte gern ergänzen!!!
PPPS. Offenlegung: Für die Recherche für diesen Artikel durften wir vergünstigt in Middenmank Urlaub machen.

Liebe Grüße,

Claudi