Ich habe kürzlich jemanden kennen gelernt – und mich Hals über Kopf verknallt. Dabei ist es jemand, den ich eigentlich schon ziemlich lange kenne. Wir haben uns nur einfach verdammt lange nicht getroffen. Zehn Jahre, um genau zu sein. So lange, wie ich Mutter bin. So lange war ich nicht mehr länger als die Dauer von ein paar Stunden komplett mit mir allein zu Haus. Bis zu diesen Ferien: Fünf Tage ohne Kinder, ohne Mann, nur ich und der Sommer. Und dabei habe ich mich haltlos in mein neues, altes Prä-Mama-Ich verliebt…
Ok, vielleicht habe ich mich nicht gleich schockverliebt. Denn ehrlich gesagt wusste ich erstmal gar nicht so recht, was ich als erstes fühlen, was ich als erstes machen sollte: Der Mann und die Jungs noch bei Oma an der See, meine Tochter im Ponycamp – und was wollte ich jetzt eigentlich…?
Ich war fast ein wenig überfordert, ich hätte ja alles sein, empfinden, machen können.
Hätte mich rund um die Uhr verabreden, ausgehen, eine Nacht durchtanzen, das Haus umstreichen, mich komplett neu erfinden können. Stattdessen habe ich erstmal gar nichts gemacht. Und mich dem Glücksgefühl hingegeben, das ein leeres Haus auslösen kann, wie Claudi an dieser Stelle schon einmal schrieb.
Dem simplen Glück, dass die Dinge an ihrem Platz bleiben, die Küchenanrichte sich nicht innerhalb von Augenblicken mit Bergen an dreckigem Geschirr und klebrigen Essensresten füllt. Dass nicht im Fünf-Minuten-Takt “Mamaaaa”-Geheul aus einem der drei oberen Kinderzimmer ertönt.
Dass es so still ist, dass ich mich wieder hören kann.
Dass es so aufgeräumt ist, außen wie innen, dass ich mich wieder sehen kann: Wer ich bin, wenn ich nicht dauernd funktionieren, organisieren, arbeiten, trösten, schlichten, kochen, helfen, andere lieben muss. Wenn ich meine Gefühle nur für mich habe. Wenn ich auf mein Bauchgefühl höre, statt dem rappelvollen Familienplaner hörig zu sein.
Was mich überrascht (und auch ein wenig beruhigt) hat: Ich habe mich gar nicht so sehr verändert. Ich bin gar nicht so weit weg von mir. Ich für mich allein bin einfach eine Art Urlaubsedition meiner Selbst: Entspannter, lässiger, fauler. Ich für mich allein schlafe länger, esse unregelmäßiger, plane weniger. Ich für mich allein verbringe ganze Tage am Lieblingssee, wühle stundenlang in Beeten und genieße, dass mich niemand dabei unterbricht. Ich für mich allein fläze mich komplette Nachmittage mit einem Schmöker aufs Daybed und vergesse alles um mich herum.
Es war ein wenig wie ein Ferien-Flirt: Intensiv, einmalig, endlich.
Keine Verpflichtungen, keine Versprechungen, nur das große Jetzt. Ein wenig Wehmut, dass es schon so bald vorüber sein würde. Ich habe niemanden vermisst, keine Sekunde, meine Kinder nicht, meinen Mann nicht, nicht unseren üblichen Trubel. Aber mein altes Ich eben auch nicht.
Schließlich sind solche Solo-Zeiten ja auch prädestiniert dafür, dass eigene Leben gedanklich auseinanderzunehmen: Lebe ich, wie ich es wollte? Fehlt mir etwas? Bereue ich etwas? Muss ich etwas verändern, damit ich glücklicher bin?
Nein, ich musste nach diesen fünf herrlichen Tagen nicht Reißaus nehmen.
Musste mich und mein Leben nicht neu erfinden. Nur ein wenig zu mir zurückfinden, zu den Dingen, die ich mag, zu meinem Rhythmus, wie er eigentlich wäre, zu meinem Tempo, meinen Wünschen. Und wie das so ist mit Ferienflirts – man nimmt dann doch etwas davon in den Alltag zurück: Den frischen Glow, das kleine Lächeln bei der Erinnerung an einen schönen Moment – und den unbedingten Wunsch, in Kontakt zu bleiben.
Und da bin ich nun: Zurück im chaotischen Mama-Dasein – und flirte auf Distanz mit meiner Urlaubsedition: Wild entschlossen, mich bald wieder zu treffen, wenigstens kurz. Für den Glow. Und das gute Gefühl. Außerdem habe ich so eine Ahnung, dass daraus irgendwann etwas Ernstes werden könnte. In bummelig 15 Jahren, da ist das letzte Kind vielleicht aus dem Haus.
Und ihr: Habt ihr in letzter Zeit auch mal mit euch selbst geflirtet?
Foto: Shutterstock
Alles Liebe,
Hallo Katia.
Das hört sich toll an!! Ich habe Angst vor der Stille und dem Alleinsein :-(. Nach 4 Kindern in 10 Jahren und ständigem Chaos, Lachen und Heulen, kann ich mir das Alleinsein gar nicht mehr vorstellen und weiß gar nichts mehr mit mir anzufangen. Außer zu putzen und zu bügeln fällt mir gar nichts mehr ein. Ich bin ständig geistig auf der Suche nach einer neuen Herausforderung , hoffe, wenn es dann einmal mit dem alleinesein soweit ist, bin ich gefestigter als momentan.
Wünsche Dir einen schönen Tag :-)) Danke für den Text! Liebe Grüße, Daniela
Hej liebe Daniela, das wars auch! 🙂 Und ich kann dich beruhigen: Man braucht keine Angst davor zu haben, im Gegenteil. Wir waren doch alle mal frei und ungebunden, und dieses alte Ich gibt’s immer noch, verborgen unter vielen Mama-, Familien- und sonstigen Schichten. Es ist eine spannende Begegnung – ich würd’s sofort wiederholen. 🙂 Alles Liebe dir und deiner Bande, Katia
Lieblingssatz: „Ich für mich allein bin einfach eine Art Urlaubsedition meiner Selbst“
Genau so.
Wie großartig, diese Erfahrung zum ersten Mal zu machen. Wobei- ich fands bei den folgenden Malen auch noch großartig 😉
Dieses Urlaub machen in den eigenen vier Wänden- Urlaub vom Alltag, von der Familie, aber vor allem eben auch von sich selbst in dieser Version, die man eben so entwickelt im Laufe der Zeit- ich hätte sofort wieder Lust!
Hej, ich glaub dir sofort, dass sich dieser Flirt nicht abnutzt… 😉 Ich konnte es so sehr genießen, weil ich eben ganz bewusst nicht in diesen Haushalts-/Aufräum-/Alltagstrott verfallen bin. Nur meine Bücher, der Sommer und ich. Schlage ich meinem Mann fürs nächste Jahr direkt noch einmal vor! Und liebsten Dank für dein nettes Feedback, das freut mich immer sehr! Alles Liebe, Katia
Hallihallo liebe Katja,
Vielen Dank für den tollen Text, ich kann so mitfühlen. Mein Mann packt unsere beiden Kinder jeden Sommer in unseren Landrover und geht mit ihnen ein paar Tage zelten. Ich bleib dann zu Hause und bin ganz für mich. Manchmal bleiben sie drei manchmal sieben Tage, ganz nach Lust und Laune ( und Wetter) . Als wir damit angefangen haben waren die Kinder 3 u. 6, jetzt sind sie 10 u. 13. also habe ich schon einige male mit mir selber Ferien gemacht. Die ersten zwei drei male habe ich jeweils das Haus aufgeräumt , in den Kinderzimmern aussortiert und neugeordnet. Ich habe mir auch immer ein neues tolles Gestaltungsprojekt ausgedacht und in den Kinderzmmern umgesetzt . Manchmal habe ich zusatzlich Kleinigkeiten gekauft eingepackt und aufs Bett gelegt….das war natürlich toll für die Kinder, als sie nach Hause kamen. Aber ich habe auch gemerkt, dass es wieder nichts
für mich war. Nun sind eipaar Jahre vergangen und ich habe Jahr für Jahr dazugelernt. Und dieses Jahr habe ich es das erstemal geschaft , wircklich nur Sachen für mich zu machen. Es war soooo herrlich. Und wie du, habe ich nichts und niemanden vermisst.
Natürlich habe ich mich aber sehr gefreut, als alle stralend und braungebrannt plötzlich wieder im Gaten standen und riefen: ” Mama wir sind wieder da !
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Christina
Hej liebe Christina, ehrlich gesagt war ich anfangs auch versucht, das leere Haus dafür zu nutzen, endlich mal die Kinderzimmer in einen akzeptablen Zustand zu versetzen, mir Gedanken über Interior-Projekte für den Herbst zu machen. Aber dann war der Sommer einfach zu verlockend und in mir war auch ein spürbarer Widerstand gegen all das, was meinen Alltag sonst so oft ausmacht. Und es war für mich die beste Entscheidung, mich nur und ausschließlich um mich und meine Bedürfnisse zu kümmern. Jederzeit wieder! Wie schön, dass du es auch für dich so gut nutzen konntest. Vielleicht solte ich meinem Mann auch mal vorschlagen, mit den Kindern zu campen…;-) Alles Liebe aus dem Norden in die Schweiz, Katia