Ich habe eine CD mit französischen Chansons. Wenn etwas wirklich doof ist, dann lege ich sie ein, bei drei Ladungen Wäsche zum Zusammenlegen zum Beispiel, oder beim Belege für die Steuererklärung raussuchen – aus meiner wilden Steuererklärungbelegschublade (mit einem ungeduldigen Mann im Hintergrund) – und schwups fühle ich mich nicht mehr verwaschen oder versteuert, sondern leicht, beschwingt und wunderbar. Wäre unser Sommerurlaub 2016 eine CD – er wäre diese…
Nein, es ist nicht immer leicht, mit drei kleinen Kindern einen dreiwöchigen Roadtrip durch Deutschland, Frankreich und Italien zu machen – soviel gleich vorweg. Manchmal schreien alle auf einmal, fragen schon vorn am Elbdeich: “Wann sind wir da?”, produzieren Tonnen von Dreckwäsche, meckern weil es mal nur “ein Eis am Tag gibt” oder haben einfach keine Lust auf einen romantischen Spaziergang nach dem Abendbrot. Das alles, das fühlt sich schwer nach Steuererklärung an. Weil Kinder aber auch zuhause brüllen, fragen, verdrecken und Eis wollen, kann man das alles auch wunderbar in eine schöne, spannende Umgebung verfrachten und damit das Nervige tausendmal besser machen. Das ist die CD. Man könnte auch sagen: Wenn sie brüllen, einfach mal die Chansons lauter drehen. Rien ne va plus…
Ohne Quatsch, unsere Kinder haben das alles in diesem Urlaub ganz wunderbar gemacht. Und es vergeht bis heute kein Tag, an dem sie nicht fragen, ob wir sofort wieder losfahren können. Wenn ich dann sage, aber denkt doch mal, die lange Fahrt, dann schlucken sie erst und hopsen dann: “Och die, egal. Fahren wir?”
André und ich lieben diese Art des verreisens: ins Auto und los, das Gefühl von Freiheit, von Abenteuer. Ein Hauch von Weltreise, bloß gerade noch arbeits- und kostenkompatibel.
Wir sind so vereist bevor wir Kinder hatten und waren bereits letztes Jahr so unterwegs und ich denke, wir haben die Kinder bereits angesteckt mit unserer Roadtriplust. Auf jeden Fall fragten sie nach ein paar Tagen an einem Ort immer: “Und wohin reisen wir morgen?” Ein bisschen Bammel hatten wir allerdings schon und hatten daher alles vorgebucht dieses Mal, alles bis auf unsere Spontanverländerung in Italien, das aber vor allem, weil in Frankreich im August Hochsaison ist und es wirklich sehr, sehr voll wird. Außerdem ist es nicht ganz einfach zu fünft etwas zu finden.
Wir sind von Hamburg zunächst nach Düsseldorf gefahren, wo wir Freunde besucht haben, dann nach Strasbourg, wo wir durch die hübsche Altstadt spazierten und in einem sehr netten Mobilheim auf einem noch netteren Stadt-Campingsplatz schliefen. Vor dort ging es nach La Ciutat, dann rüber nach Hyéres, Saint Tropéz und auf die Ile de Porquerolles und ganz spontan noch nach Italien, an den Lago di Como und auf dem Rückweg noch zu Freunden nach München. Wenn ich an unseren Urlaub denke, dann sehe ich uns über altes Kopfsteinpflaster bummeln, vorbei an pastellfarbenen Fassaden mit entzückend ablätternder Farbe und knallgrünen Kletterpflanzenranken davor.
Ich sehe die Kinder mit ihren Surfbrettern gegen die Sonne in Richtung Strand flitzen und spüre wieder das wunderbare Gefühl im Bauch, den ganzen Tag nichts zu tun zu haben (außer vielleicht zu überlegen, welche Leckereien ich aus den früh am Morgen auf dem Markt gekauften Sachen zaubere). Ich fühle wieder kühles Meerwasser, an meinen Füßen, an den Waden und am Bauch und lache darüber, wie meine Kinder immer gelacht haben, weil ich jedes Mal so lange ins Wasser brauche. (Und wie sie immer für mich gezählt haben: “Eins, zwei, drei, bei vier ist es vorbei, beim fünften Male schallt es beim sechsten Male knallt es.” Und dann, dann haben sie ordentlich gespritzt). Ich sehe uns Eis und süße Melonenscheiben essen, noch mehr Eis und saftigen Salade Nicoise und Zitronenhuhn. (Ich erinnere Tjelles Eisnase, knallblau, innen und außen, und frage mich wie er es geschafft hat, tatsächlich seine komplette Nase in eine Kugel Eis zu stecken).
Ich rieche Sand und Salz und Kiefernwälder, süße Sommerabendluft und ihr Draußenhaar. Ich höre uns quatschen und Quatsch reden und lachen und Träume spinnen und erklären und vorlesen. (Ich glaube, ich bin tatsächlich eine bessere Mutter im Urlaub. Gelassener, geduldiger, mit mehr Lust, Dinge in Ruhe zu erklären, auch ein, zwei, drei Mal. Mit mehr Verständnis für kicherkomische Unterhaltungen zwischen Vier- und Sechsjährigen.)
Und unter all das mischen sich diese klimpernden, federleichten französischen Chansons. Ich hatte die CD nicht mal dabei, trotzdem ist die Musik der Soundtrack unserer Reise. Leicht und beschwingt und fröhlich und mit einem Lächeln auf den Lippen. Eine durchgehende, zauberhafte Hintergrundmelodie, die selbst gelegentliches Brüllen und Streiten locker überdeckte.
Ich habe für euch aufgeschrieben, was uns an den einzelnen Orten am besten gefallen hat. Vielleicht seid ihr ja auch mal da.
Meine Tipps für Düsseldorf:
KAUFEN: Wunderschöne Vintageteile, auch fürs Kinderzimmer, gibt es in der Vintage Fabrik, Nordstraße 4. Schönste Stricksachen für Kinder von der zauberhaften isländischen Marke Aswegrow und die allerschönsten Rattanschaukeln gibt es im Laden 69 in der Lindenstraße. (Leider hatten wir keinen Platz im Auto). Bunte Möhren, lila Kartoffeln und dunkles Brot an den duftenden Marktständen auf dem Carlsplatz kaufen. Herrlich.
SPIELEN: Liebt jedes Kind: den tollen Spielplatz am Hofgarten. Mitten in der Stadt, aber mit einem kleinen Wald drumherum.
SCHLAFEN: Wir haben bei Freunden übernachtet, hätten wir das nicht, hätte ich vielleicht hier gebucht.
NASCHEN: Törtchen bei Törtchen Törtchen. Und eine Kugel Mohn- und Tonkabohnen-Eis bei Nordmanns Eisfabrik.
Meine Tipps für Strasbourg:
SCHLAFEN: Die Kinder haben es geliebt: in einem Holzchalet (oder nächstes Mal im Zirkuswagen) schlafen auf dem tollen Indigo Campingplatz. Mit dem Auto ist man blitzschnell in der Stadt.
ESSEN: Herrlich entspannt bei Pur eine Quiche mit Salat verputzen bei milder Sommmerabendluft mitten in der Grand Rue.
STAUNEN: Bootsfahrt mit Kopfhörern und Kinderkanal. Wunderbar. Außerdem unbedingt angucken, wie die Menschen früher gelebt haben (und im Keller selbst Puppenstuben basteln) im tollen Elsässischen Museum.
KAUFEN: Brotdosen und Lichterketten und dies und das und am liebsten alles für Kinder kaufen bei Le Petit Souk in der Grand Rue.
Meine Tipps für La Ciutat:
SCHLAFEN: Wir haben in Kristins Ferienwohnung gewohnt, die wir über Airbnb gefunden hatten. Die gemütliche Wohnung mit der knallroten Wand hat unzählige Stufen, was unsere Kinder absolut spannend fanden und liegt perfekt, in einer kleinen Seitenstraße direkt am Hafen.
ESSEN: Auf einem hübschen Platz vor einer Kirche bei Kitch and Cook drei köstliche Gänge verputzen, die Kinder toben mit den Kindern der anderen Gäste übers Kopfsteinpflaster und dann die drei Besitzer, die so charmant sind wie ihr köstlicher Schokoladenkuchen zum Nachtisch in der Mitte flüssig. Unbedingt hingehen, wenn ihr mal da seid.
BADEN: Es gibt wunderschöne Strände in den Calanques, den kleinen Buchten, die man nur mit dem Boot über nach einer Wanderung erreicht, mit drei kleinen Kindern und Bollerwagen nicht wirklich möglich. Wir waren meist in der kleinen Bucht Plage du Mugel, die sehr hübsch, aber im August leider auch sehr voll ist. Gleich daneben ist ein kleiner, zauberhafter botanischer Garten, in dem es sich wunderbar flanieren, spielen und schnuppern lässt.
MACHEN: Sich trauen und die Route de Crete entlang fahren und über die steile Küste und die atemberaubenden Ausblicke staunen. Außerdem: in eins der schaukelnden Ausflugsboote steigen und sich durch die Calanques schippern lassen. Traumhaft schön.
Meine Tipps für Hyéres:
ESSEN: Tagfrisches Obst, Gemüse und Eier am Samstag auf dem herrlichen Markt an der Avenue Gambetta kaufen und abends etwas daraus zaubern.
SCHLAFEN: Wir haben in Pauls großer Altbauwohnung mitten an der lebhaften Rue Gambetta geschlafen. Die Wohnung ist wunderschön, mit ein wenig Schrammelcharme und meterlangem Rundumbalkon und Paul ist absolut freundlich. Abends spielt in der Bar unten manchmal eine Band Livemusik auf der Straße, wir standen dann oben mit einem Glas Rosé auf dem Balkon und haben uns gefreut (über die Musik, die Stimmung, über das Leben – und das Kinder trotz des Lärms so gut schlafen können.
KAUFEN: Hübsche Jugendstilplakate gibt es in den kleinen Gassen der Altstadt. Und einen kleinen Laden mit unzähligen Körben, betrieben von einer Deutschen, die einst die Liebe nach Hyeres gebracht hat. Ich kann mich leider nicht mehr an den Namen erinnern, aber man stolpert über den Laden, wenn man in der Altstadt bummelt. Es gibt dort auch Öle und Seifen und hübsches Porzellan. Wir haben drei bunte Körbe aus Elefantengras gekauft – einen für jeden der Jungs.
NASCHEN: Frische Pfirsiche, zuckersüße Feigen vom Markt.
ANSEHEN: Saint Tropéz, liegt ganz in der Nähe. Den Promistrand Ramatuelle und die Altstadt. Alles zauberhaft.
BADEN: Mein Favorit ist der Plage l’Allmanarre, eine Landzunge mit kilometerlangem, hellen Sandstrand auf der einen Seite und flachem, unberührtem Sumpf mit Flamigos auf der anderen. Traumhaft schön. Und im Gegensatz zu Italien muss man keine Liege oder Sonnenschirme buchen (hat allerdings auch keinen Spielplatz zum Kinderbespaßen für zwischendurch).
Meine Tipps für den Lago di Como:
NASCHEN: Ein Eis in einem der unzähligen Läden. Natürlich. Und Kaffee (egal in welcher Form, autsch, sooo viel besser als in Frankreich). Und die Törtchen aus einer der vielen Konditoreien in den alten Gassen. Lecker.
BADEN: Der kleine Strand in Bellano liegt wunderbar. Mit Blick auf die Berge, Funkelwasser und einen kleinen steinigen Fluss im Rücken (und einem kleinen Spielplatz in der Nähe).
Wart ihr schon mal an einem von den Orten? Habt ihr noch Empfehlungen? Bitte ergänzt gerne all eure Tipps bei den Kommentaren.
Eine schöne Woche,
Ich liebe Roadtrips! Und deine Fotos sind so wunderschön, dass ich direkt Lust bekomme, alle Kinder einzupacken und loszufahren!
Genauso haben wir es auch im letzten Jahr zum ersten Mal gemacht: in unserer gemeinsamen Elternzeit Südfrankreich mit dem Auto. Von Mai bis Juli, vor der Hauptreisezeit und es war toll!! Beide Kinder (jetzt 2 und 4,5) haben das toll gemacht. Wir hatten uns zu viele Gedanken über unsere erste lange Autoreise gemacht. Wir hatten eine Woche für die Hinfahrt mit verschiedenen Stopps, zwei Wochen in Le Lavandou in einer gerade frisch renovierten Ferienwohnung mit Blick aufs Meer, waren dann zwei Wochen auf Korsika und im Anschluss noch zwei Wochen im schönen Fréjus. Unsere Wohnungen lagen fußläufig zum Strand, da wir keine Lust hatten, immer das Auto zu packen. Von Fréjus aus haben wir einige Tagesausflüge, auch mit dem Zug , gemacht. 2017 geht es wieder nach Fréjus, weil es uns dort sooooo gut gefallen hat. Leider dann “nur” drei Wochen.
Toller Trip. Ich liebe die Märkte im Süden… ein Traum.
Wir fliegen nächstes Jahr mit Kind nach New York und freuen uns wie bolle. Das Alter eurer Jungs ist für NYC übrigens perfekt. Super kinderfreundliche Stadt. Zwar kein Roadtrip, aber trotzdem irre viel Abenteuer!
Liebe Claudi, wir planen auch einen Trip in der Elternzeit (Kinder 4 Jahre und 10 Monate) im September . Wir wollen unbedingt mit dem Auto fahren und würden uns gern mal an Frankreich versuchen ( wir sind große Italien Fans) und da ein bisschen rumreisen und vielleicht über Italien zurück. Wie seid ihr damals auf die Ziele gekommen und kannst du die so weiterempfehlen? Oder hat jemand noch ein paar Tipps für schöne Frankreich Ziele und Übernachtungsmöglichkeiten?
Ja, unsere Ziele waren super. Ich suche sie mir immer im Internet, aus Reiseführern zusammen oder frage Locals. Ganz viel Spaß euch!