Erbsen sind der Ekelgegner. Sollte ich es doch mal wieder wagen, unter die gekochten Möhren noch ein paar dieser knallgrünen Hülsenfrüchte zu schmuggeln, ist das Protestgeheuel laut. Denn so unterschiedlich meine Kinder auch sind – auf eines können sie sich meist einigen: Gemüse fällt eigentlich nicht unter Nahrungsmittel. Oder “Bäh”, wie mein Jüngster es gern kurz und prägnant zusammenfasst, wenn er den Brokkoli auf seinem Teller böse anstarrt. Nur: Ausgewogene Ernährung funktioniert aus Elternsicht nicht ausschließlich über Kohlenhydrate, Fett und Zucker. Bleibt die Frage: Wie kommt regelmäßig Grünzeug in die Kinder…?

Am besten geht Gemüse bei uns nonchalant. Nicht einzeln ausgestellt auf dem Präsentierteller – wie es in der fixen Alltagsküche ja oft der Fall ist: Kartoffelmus, Möhrchen, an Lieblingstagen noch ein Würstchen dazu. Oder auch sechs, wenn es nach meinem Ältesten geht, der lieber eine Packung Wiener solo verdrückt und das Gemüse großzügig auf Papas Teller schiebt.

Ich kann’s ihm nicht mal verdenken: Er hat ein Vegetarier-Trauma.

Als Kleinkind wollten wir ihn zumindest in der Kita vegetarisch ernähren, weil wir den Caterer so mies fanden. Nur: Irgendwann bekamen wir spitz, dass er stattdessen kein vegetarisches Menü bekam, sondern nur die meist bis zur Unkenntlichkeit verkochten Beilagen – während alle Kitakumpanen sich über Frikadellen und Schnitzel hermachten. Und er als Kompensation auf jedem Grillfest so viele Würstchen aß, bis er Bauschmerzen bekam.

Danach schworen wir uns jedenfalls, keinem unserer Kinder mehr grundlegend in die Ernährung reinzufunken. Bis auf die Sache mit dem Gemüse halt. Denn auch, wenn wir mittlerweile komplett entspannt sind, was den Verzehr von Fleisch anbelangt: Ohne Gemüse ist einfach doof, weil ungesund. Außerdem verpasst man als Grünzeug-Verweigerer auch geschmacklich das Beste, kann ich als glühender Ottolenghi-Küchen-Fan nur sagen.

Zurück zu den Alltagshacks, wie wir unseren Kindern Spinat und Co möglichst unauffällig unterjubeln.

Perfekt eignen sich dafür Pastasoßen, in die kleingehackt Staudensellerie, Paprika oder Zucchini ihren Weg finden. Und im Verbund mit der Lieblingspasta plus sehr viel “Parmesahne” (Wortkreation meines Jüngsten) verzehrt werden. Meist ohne Murren, weil der überwiegende Teil der Nahrung auf dem Teller als essbar identifiziert wird. Funktioniert auch gut mit Reispfannen, in die als dominanter Bestandteil ein als lecker befundenes Gemüse kommt (bei uns zumeist Mais) – und das restliche Grünbeiwerk notgedrungen mitgegessen wird.

Worauf sich hier erstaunlicherweise auch alle Familienmitglieder einigen können, sind sämige Suppen. In die kommt alles, was die Gemüseschublade so hergibt, gern mit Curry, Kokosmilch und einem fruchtigen Bestandteil wie Mango gepimpt – und jedes Kind isst mindestens eine Schale, ohne stattdessen nach Müsli oder anderen Alternativen zu schreien.

Nicht zu vergessen der bunte Nachmittagsteller, der einen ähnlichen Effekt wie eine Autofahrt in den Urlaub hat: Wenn den Kindern langweilig ist und Essen in greifbarer Nähe, dann wird es mehr oder minder blind vertilgt. Also lege ich neben Apfelschnitze und Kekse gern noch Rohkost – meist ist der Teller zum Abendbrot hin leer.

Den beiden Schulkinder verabrede ich außerdem gerade oft mit “Polly und Pelle in der Küche“.

Denn Claudi hat neben “Barfuß in der Küche” ja auch noch dieses tolle Kinderkochbuch geschrieben, das Kindern Lust macht, sich selbst mit Zutaten am Herd auszutoben – sogar mit grünen. Und es ist immer noch etwas anderes, wenn ich meinen Großen sage, dass Petersilie unglaublich gesund ist und definitiv nicht direkt ungegessen auf den Kompost gehört – oder wenn sie selbst im Kochbuch über “Geheimes Wissen Petersilie” lesen. Klingt gleich viel spannender, klar.

Denn das wunderhübsch illustrierte Buch ist keine reine Rezeptesammlung, sondern vielmehr ein großer, bunter Kosmos rund um Ernährung – mit Experimenten, Wissen, Spielen, Bastelideen und 60 Koch-Inspirationen – einmal durchs ganze Jahr.

Und je älter die Kinder, desto neugieriger und verständiger sind sie ja. Die Fitmacher- versus Schlappmacher-Teller aus Claudis Buch zeigen so viel besser als jede meiner mütterlichen Ermahnungen, welche Nahrung wichtig für Kopf und Körper ist (und welche eben nicht). Mutiger werden die Kinder ja auch mit den Jahren: Wenn meine Großen dann auch noch so etwas wie Limonade mit – huch – Basilikum selbst herstellen, “die richtig gut schmeckt, Mama!!”, ist viel in Sachen Grünzeug-Verständigung gewonnen. Hier geht es direkt zum Shop.

Vielleicht ist es so, dass die Kinder das Gefühl haben müssen, selbst auf den Geschmack zu kommen.

Sich freiwillig damit beschäftigen wollen: Wenn sie allein kochen. Wenn sie aus unserem Hochbeet ein Blatt Rauke abzupfen und das erste Mal diesen pfeffrigen Geschmack auf der Zunge haben. Eine leuchtend rote Johannisbeere aus der Naschecke kosten. Jeden Tag nach den Baby-Zucchini zu schauen.

Wenn sie von meiner Asia-Bowl probieren wollen, eigentlich wegen der Reisnudeln, aber dann merken, wie gut marinierter Tofu schmeckt (was sie zuhause nie anrühren würden, sollte ich den auf den Tisch stellen!). Wenn sie sich im Urlaub trauen, das erste Mal eine Garnele zu essen – und plötzlich zu Seafood-Fans werden.

Letztlich ist es wohl wie mit allen Erziehungsversuchen: Es geht darum, die Kinder zu begeistern, keinen Druck auszuüben – und ihnen die Zeit zu geben, die sie eben brauchen, um auf den Geschmack jenseits von Pasta, Pizza und Popcorn zu kommen.

Nächstes Jahr pflanze ich einfach mal Erbsen an. Vielleicht klappt’s ja so mit der Aussöhnung.

Essen eure Kinder freiwillig Gemüse? Und kennt ihr noch mehr Tricks, ihnen Grünzeug ins Essen zu schmuggeln?

Alles Liebe,

Katia