Puh …! In der derzeitigen Welt- und damit verbundenen Stimmungslage ist es wirklich schwer, den Kopf nicht automatisch hängen zu lassen. Oder ihn gleich ganz in den Sand zu stecken, weil einem alles zu viel wird. Ich bin vom Naturell her eh kein besonders optimistischer Typ, bei mir ist das Glas auch häufiger halb leer und “alles wird gut” halte ich je nach Tagesform für eine glatte Lüge. Und doch gibt es Menschen, die trotz großer persönlicher und globaler Krisen gnadenlose Optimisten sind. Und ich frage mich: Wie machen die das bloß? Und könnte ich das vielleicht auch lernen? Die verblüffend einfache (und optimistische) Antwortet lautet: Ja!


Im SZ Magazin las ich vor einiger Zeit ein spannendes Interview mit der Pädagogin Heike Führ, die vor einigen Jahren das Buch “Hoffnung – Vom Pessimisten zum Optimisten” veröffentlicht hat. Und zwar nicht in platter mit-diesen-7-Tipps-werden-Sie-bis-morgen-zum-Optimisten-sonst-Geld-zurück-Manier. Sondern auf Basis eigener, ziemlicher mieser Erfahrung mit langwieriger Krankheit und Tod eines geliebten Menschen. Und doch ist sie überzeugte Optimistin und sagt im Interview mit der SZ, dass man nicht zwingend als Optimist geboren sein muss, um einer zu werden: “Optimismus kann sich auch später im Leben entwickeln.” Es besteht also Hoffnung für mich und alle anderen, die mitunter eher düster in die Zukunft schauen.

Optimismus ist nicht allein eine Haltung – oft hat es auch etwas mit Handeln zu tun.

Denn Optimisten sind keine Naivlinge, die die Augen vor dem Zustand der Dinge oder der Welt verschließen würden. Im Gegenteil, wie Heike Führ im Interview bekräftigt: “Optimisten sind bereit, sich dem jeweiligen Problem zu stellen und es anzugehen. Jede Handlung ist ein Schritt nach vorn. Optimisten wollen sich nicht beherrschen lassen von schlechten Stimmungen, das heißt aber nicht, dass sie sie nicht zulassen. Sie geben ihnen eben nicht die Oberhand, vor allem nicht über einen längeren Zeitraum.“

Optimisten verheddern sich – anders als notorische Pessimisten – nicht in Problemen und dem dazugehörigen blöden “bringt-doch-eh-nichts-Gefühl”. Sprich: Sie kapitulieren nicht einfach, sondern sind bereit, Schwierigkeiten ins Auge zu sehen, Lösungswege zu finden – und sie dann auch zu gehen. Und sie haben im Hinterkopf, dass vermeintliche Probleme auch mindestens zu 50 Prozent die Möglichkeit bieten, sich doch zum Guten zu entwickeln. “Die Wahrscheinlichkeit, dass sich etwas als positiv herausstellt, ist schließlich genauso groß wie das Gegenteil”, so Führ. Und: “Etwas als gegeben anzunehmen, auch etwas, das einem missfällt, empfinde ich schon als optimistisch, da man gleichzeitig nach vorn blickt und sich der Situation stellt.”

Natürlich schüttelt man einen dafür nötigen Perspektivwechsel nicht einfach aus dem Ärmel.

Aber helfen kann einem dann vielleicht wirklich unser mittlerweile fortgeschrittenes Alter – und die damit verbundene Erfahrung der Welt. Denn selbst wenn wir schlechte Erlebnisse gemacht haben, dass das Leben nicht dauernd und immerzu die bestmöglichen Optionen für uns bereithält, dass die Dinge auch mal mehr als schieflaufen können – kein Zustand bleibt auf Dauer. Oder wie Heike Führ es so schön pragmatisch formuliert: „Kein Mist bleibt ewig, irgendwas passiert immer.“

Und so ist es wohl eine Trainingsfrage, wie wir auf unser Leben schauen – wenn wir genau hinschauen. Denn natürlich ist ein Krieg, die Inflation oder die Energiekrise bedrohlich – und doch passieren in unserem Leben zugleich Dinge, die schön sind. Die das latent negative Gefühl von Angst oder Sorge nicht ungeschehen machen, aber dem etwas entgegensetzen, was ein Lächeln, auch mit Blick nach vorn, durchaus lohnt.

„Das schlägt sich im Lebensgefühl und der Lebensqualität wieder“, bestätigt Führ. Man kann also durchaus sorgenvoll Richtung Ukraine schauen – und sich dennoch guten Gewissens an einem banalen Zoobesuch mit den Kindern freuen. Dankbar zu sein, gerade für das vermeintlich Selbstverständliche – Familienalltag, Gesundheit, Frieden – ist ein häufiger Begleiter von Optimisten.

Optimismus bedeutet für mich manchmal auch eine gesunde Portion Eskapismus.

Nicht alles wissen zu wollen, kann mitunter ganz hilfreich sein. Die schiere Masse an Konflikten kann einen in Summe einfach lähmen. Und so halte ich mich gern an mein liebstes Erziehungsprinzip „choose your battles“ – und übertrage es auf das negative Gedankenkarussell in meinem Kopf.

Ich kann nicht zeitgleich jede denkbare Krise zu meiner eigenen machen. Die Dosis macht das Gift. Und gerade ist es für mich besser, eher auf homöopathische Dosierung zu setzen, was den aktuell an vielen Ecken desaströsen Zustand der Welt und damit unser aller Gegenwart anbelangt. Denn: „Ein Knackpunkt ist, dass man sich darauf konzentriert, aus jeder Situation das Beste machen zu wollen“, ist Führ überzeugt. Und das geht für mich nur, wenn ich nicht auf zu vielen potenziell pessimistischen Themenfeldern unterwegs bin.

Sonst wird der Optimismus gleich wieder im Keim erstickt.

Am besten fahre ich, wenn ich die Probleme in der Reihenfolge ihres Auftretens löse. Zumindest die, die ich lösen kann. Denn manches muss ich einfach loslassen. Ich habe gerade keinen Lösungsweg dafür, dass alles teurer wird, nicht dafür, dass nicht weit entfernt immer noch ein Krieg tobt.

Ich tue, was ich tun kann, im Kleinen. Mich engagieren, wo ich kann. Meine Kinder zu beherzten und friedfertigen Menschen zu erziehen. Und zwischendurch muss und darf ich mir immer wieder eine Verschnaufpause gönne, um mir zu vergegenwärtigen, was im Leben bereits ohne mein Zutun einfach gut und schön ist.

Alles wird – zumindest nicht nur schlecht. Und vielleicht sogar besser, als ich es erwarte. Das ist doch schon mal ein guter optimistischer Anfang, wie ich finde.

Wie schafft Ihr es gerade, positiv nach vorn zu schauen?

PS: Die Zitate stammen allesamt aus diesem spannenden Interview des SZ-Magazins.

Foto: Shutterstock

Alles Liebe,

Katia