Kürzlich bekam ich ein Kompliment, das noch vor zwei, drei Jahren keines für mich gewesen wäre: Ich war auf dem Flohmarkt am Stand einer vielleicht Anfang 20-Jährigen, weil ich mich in eine kurze rosa Shorts schockverliebt hatte. Als ich sie anprobierte, sinnierte ich mit einer Freundin, ob ich so etwas Knappes überhaupt noch tragen könnte. Darauf die Verkäuferin: “Also, wenn ich in Ihrem Alter noch so eine Figur hätte – ich würd’s tun…”


Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte ich in dem Kommentar vor allem den Stachel meines fortgeschrittenen Alters herausgehört: Sie jung, ich nicht mehr.
Aber seit kurzem hat sich für mich etwas entscheidend verändert.

Als ich 40 wurde, trauerte ich meinen vergangenen 30ern mit viel Herzschmerz hinterher.

Sah auf der Straße wehmütig zehn Jahre jüngeren Frauen nach, sehnte mich insgeheim nach ihrem Lifestyle, ihren Möglichkeiten, ihren Körpern, die nicht drei Kindern das Leben geschenkt hatten. Ich hatte wenig ernsthaftes Interesse daran, meine Falten, die neuen Dellen zu akzeptieren, also ignorierte ich sie, so gut es eben ging. In Würde altern? Klang damals für mich nach Hohn. Ich wollte jung sein, jung bleiben, verdammt!

Ich war auf Dinge neidisch, von denen ich kurz zuvor nicht einmal Notiz genommen hatte – bei mir nicht und bei anderen auch nicht: Bombiges Bindegewebe, Beine ohne Besenreißer, ein Bauch, der sich nicht bei fortschreitender Tageszeit stetig runder formt. Ich nahm all das erst wirklich wahr, als es im Verschwinden begriffen war. Das Selbstverständnis meines eben-noch-jungen-Ichs wurde durchgerüttelt vom Abschiedsschmerz meines plötzlich mittelalten Seins.

Aber es ist doch immer die Frage, zu wem man sich in Relation setzt.

Mit wem man sich vergleicht – wenn man sich überhaupt vergleichen will. Ich kann nicht aus meiner Haut, so gern ich es oft würde. Aber mir war es nie egal, wie ich aussehe. Nur: Sich als Dreifach-Mutter von bald 45 Jahren mit 30-Jährigen messen zu wollen, kann nur nach hinten losgehen. Das zu wissen und auch wirklich zu fühlen, sind allerdings zwei komplett verschiedene Dinge.

Ich weiß nicht genau, wann und wie es gekommen ist. Es war ein schleichender Prozess. Aber seit einiger Zeit merke ich, wie sich mein Blick in die andere Richtung wendet. Wie ich Frauen studiere, die über 40, jenseits der 50 sind – und die mir ins Auge springen, weil ich sie spannend, schön, attraktiv, sexy finde. Die als Role Models für mich plötzlich deutlich mehr taugen als sehr viel jüngere Frauen, weil es eher ein Vergleich auf Augenhöhe ist. Weil wir alle schon deutlich mehr Leben hinter uns gebracht haben – dass man uns ansieht, uns ansehen darf.

Dass Frauen über 40 in der öffentlichen Wahrnehmung dennoch oft unsichtbar werden, ist immer noch eine traurige Tatsache.

Und zwar nicht nur in Hollywood-Filmen, in denen Frauen 40+ meist noch die Rolle der braven Mutter (und kurz danach: die der Großmutter!) übernehmen dürfen. Auch in unserer weit weniger glamourösen (aber ähnlich gnadenlosen) Alltagswelt, ist das ein Fakt. Ich stieß bei Nobodytoldme kürzlich auf eine spannende Aktion.

Weil es offenbar nicht mal in Bilddatenbanken Fotos von Frauen gibt, die Lust auf die Lebensmitte als attraktiven Lebensabschnitt machen, startete die Initiatorin einen Aufruf: Frauen jenseits der 40 sollten eigene Bilder hochladen, gern mit Alter versehen. “So sieht 54 aus” oder “So sieht 63 aus” liest man unter Bildern – mein Foto ist auch dabei. Vielleicht habt ihr auch Lust mitzumachen? Hier findet ihr alle Bilder und den entsprechenden Link.

Ich hab die rosa Shorts übrigens gekauft. Nicht aus Trotz, sondern weil ich fand, dass sie mir hervorragend stand. Und weil ich mich nicht unsichtbar machen möchte, niemals.

Vielleicht ist es genau an Frauen wie mir, dir und euch zu zeigen, wie schön, wie erstrebenswert diese Lebensphase ist. Zu wissen, was wir geschafft und geschaffen haben – und nach den anstrengenden Jahren wieder Raum in unserem eigenen Leben zu beanspruchen. Mit Zeit für uns nach Lust und Laune: für unsere Wünsche und Träume, für unsere Körper und unseren Style.

Denn wenn ich ganz ehrlich zu mir bin, hatte ich vor 15 Jahren vielleicht weniger Dellen an seltsamen Stellen – das bessere Leben hatte ich deswegen nicht. Und so verwende ich meine Energien gerade lieber darauf, mich genau jetzt zu feiern – für all das, was ich bin und kann. Und auch für meine Beine, meinen Hintern, meinen Bauch, an deren Zustand ich mich in zehn Jahren bestimmt mit ein wenig Wehmut zurückerinnern werde…

Hier und hier findet ihr noch weitere Texte, die sich um die formidable 40 drehen. Und ihr: Seid ihr fein mit 40plus?

Alles Liebe, lasst uns tolle 40er-Vorbilder sein,

Katia