Einen Hachz-Moment hatte ich gleich zu Beginn. Wir waren ganz entspannt über Nacht mit der Fähre nach Sardinien gefahren, hatten gut geschlafen und wurden morgens vom Sonnenaufgang geweckt. Auf dem Weg zur ersten Unterkunft entdeckte ich aus dem Auto diesen Blick: grünes Land, ein Streifen knallblaues Wasser und eine kleine Insel: Bella Italia meets Thailand. Ein echter Wow-Blick. “Guck dir das an!”, raunte ich André zu und verdrehte meinen Kopf. Aber da waren wir längst vorbeigefahren. Als ich wenig später die Gardine in unserem Apartment zur Seite schob, dachte ich, ich träume. Denn da war er, genau dieser Blick…

Eine ganze Woche hatte ich ihn für mich und ich habe stundenlang meergesehen.

Gleich morgens, wenn die andere noch schliefen, mit einer Tasse Instantcafé auf dem Balkon. Beim Frühstück und erst Recht abends, wenn sich der Himmel über der kleinen Insel namens Tavolara genauso rotorange färbte, wie der Aperol Sprizz in meinem Glas. Wir lieben die Geschichte des kleinen Hügels im Meer: Angeblich ließ sich nämlich im 19.Jahrhundert der Korse Giuseppe Bertoleoni mit seiner Familie auf der zuvor von ein paar Fischern bewohnten Insel nieder.

Als 1836 der echte König Carlo Alberto auf Tavolara an Land ging, begrüßte ihn Bertoleonis Sohn mit den Worten: “Der König von Tavolara begrüßt den König von Sardinien und wünscht ihm einen angenehmen Aufenthalt in seinem Reich”. Der König fand das angeblich so lustig, dass er Giuseppe die Mini-Insel schenkte. Noch heute leben 10 bis 15 Nachfahren Bertoleonis auf der Insel und betreiben dort unter anderem ein Restaurant. Ansonsten ist die Insel seit 1952 zum großen Teil militärisches Sperrgebiet der NATO. Und mein Lieblingsausblick auf ganz Sardinien.

Auch unsere Unterkunft fühlte sich an wie eine Insel. Eine kleine Oase mit Pool und Palme in einer brütendheißen Steinwüste aus rostroten Häusern. Wir hatten ein einfaches, aber schönes Apartment über zwei Etagen, mit einer Terrasse direkt am Pool und eben diesem Balkon mit dem allerschönsten Blick. Die Fliesen in den Bädern erinnerten mich schwer an meine Oma, aber alles war sauber und die meiste Zeit verbrachten wir sowieso auf Balkon und Terrasse.

Bloß etwas gegen Ameisen sollte man im Juli mitnehmen – das war nämlich auf der ganzen Insel ausverkauft.

Den Pool haben wir mit anderen geteilt, aber da wir immer etwas später dran waren, als alle anderen, hatten wir ihn dann doch oft für uns. Wir sind zum einfach immer ein wenig später aufgestanden und haben am vorletzten Tag einen Pooltag gemacht, statt am Tag vor dem Abreisetag, wie die anderen Gäste (da waren wir nochmal auf der Insel unterwegs). So merkten wir überhaupt nicht, dass die Anlage ausgebucht war. Es war herrlich, stundenlang auf der Liege am Pool zu lesen, während die Kids darin zufrieden planschten. Mich hat der Innenhof mit den orange Häusern irgendwie an gute, alte Melrose Place-Zeiten erinnert. Meine Männer sind lieber mit Karacho in den Pool gesprungen, wenn keiner guckte.

Der kleine Ort Porto San Paolo, in dem unsere Unterkunft lag, etwas eine halbe Stunde von Olbia entfernt, ist erstaunlich untouristisch. Zwei Supermärkte, zwei große Eisdielen und ein paar Restaurants auf dem Weg zum Hafen. Dort bloß ein paar dümpelnde Fischerboote und ein schmaler Streifen Strand. Sardinien ist sehr unaufgeregt und ursprünglich hier. Ich fand den Ort ideal für Ausflüge in die Umgebung. Und da wir nahezu die ganze Insel umrundet haben, kann ich sagen: die Ecke ist meine Zweitlieblingsecke (nach den Wahnsinnsstränden im Süden). Und für mich definitiv am vielfältigsten.


Unser schönstes Date auf der Insel war das mit den Delfinen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es in Europa freilebende gibt. Vor der Bucht Golfo Aranci wohnt eine ganze Delfinsippe im Meer und beinahe jeden Abend kommt sie dem Land ganz nah, um in der Fischzucht vor der Küste entspannt zu Abend zu essen.

Wir haben eine kleine Tour gebucht, sind mit einem Schnellboot über die Wellen gehopst und haben dann in der Dämmerung in der Bucht treibend gewartet. Es war so aufregend, auf’s Meer zu schauen und nach den Tieren Ausschau zu halten. Und dann! Waren sie plötzlich da und sprangen direkt vor uns aus dem Wasser. Ein wunderschönes Erlebnis.

Unsere Tipps für den Nordosten Sardiniens

SCHLAFEN:
Ich mochte unsere Apartmentanlage sehr, obwohl das Apartment kein bisschen schick war. Typisch süditalienisch, einfach möbliert, viel Orange, Plastikmöbel und Fliesen in Schlüpferbeige mit Blumenmuster. Aber: Es war sauber, der Garten der Anlage ist super schön und sehr gepflegt – und der Blick von Apartment C10 ein Traum. Es gibt sogar einen Tennisplatz – dafür war es dieses Jahr aber viel zu heiß.

ESSEN:
Zu sechst nicht einfach und vor allem teuer auf Sardinien. Ich liebe die italienische Küche, aber ein Menus aus Vorspeise, Primi, Secondi und Hauptgericht gehen echt ins Geld. Und von einer Primi-Pasta-Portion werden meine Kinder leider nicht mehr satt. Eine gute Idee ist Pizza, die ist beinahe überall bezahlbar – allerdings konnten meine Jungs sie nach drei Abenden nicht mehr sehen. Wir haben dann meistens fix Pasta selbstgekocht. Und Unmengen an duftend roten Tomaten mit Burrata verspeist.

Sehr gut, aber auch ziemlich teuer essen kann man in Porto San Paolo hier. Der Blick und das Essen sind ein Traum. Bitte unbedingt reservieren, wir haben nur mir Riesenglück einen Tisch bekommen.


STRÄNDE:

Karibische Strände wollten wir sehen – und die haben wir auch bekommen. So viel Türkis funkelt in Europa wohl nirgends. In keinem Urlaub zuvor war ich so viel im Wasser, weil es noch nie so klar, so warm und so lange so flach war.

Allerdings sind wir auch bis nach Sardinien gefahren, um trotz Hauptsaison weniger überfüllte Strände zusehen – und das hat leider nicht geklappt. Bei den schönsten Stränden muss man sich sogar vorher anmelden, voll waren sie dann trotzdem. Das minderte mein Urlaubsgefühl zwischendurch ein bisschen. Vielleicht hätten wir noch weiter wandern müssen, aber da streiken meine Jungs. Und bei 40 Grad ich leider auch. Bekannte haben sich ein Kanu gekauft (und hinterher wieder verkauft) und sind damit in die abgelegenen Buchten gefahren. Vielleicht wäre das eine Idee für’s nächste Mal.

Hier unsere Strand-Favoriten im Nordosten Sardiniens

Lu Impostu: Am ersten Tag hatten wir keine Ahnung, dass wir uns am Brandchini voranmelden müssen und mussten auf diesen ausweichen. Schöner, breiter Strand mit ein paar Wellen. Meine Jungs mochten ihn sehr. Ich mochte die Badewannenbuchten lieber.

Cala Banana: Ein kleiner, entspannter Strand ohne Eintritt. Man kann Tretboote mieten und gegen Gebühr auf einer Burg aus Plastik im Wasser klettern. Gute Idee, hatte auf meine Kinder allerdings dieselbe Wirkung wie Quengelware im Supermarkt. Ich mag den entspannten Strand trotzdem sehr.

Cala Brandchini: Die schönste Bucht. Glasklares, leuchtend türkisfarbenes Wasser vor der malerischen Rückseite des Tavolaras. Die Farben und die kunterbunten Verkaufsboote haben wirklich Karibikflair. Allerdings ist er trotz Eintrittsbeschränkungen zum Schwitzen voll. Am Schönsten fand ich es am Abend, als viele Menschen schon weg waren – und vier Wildschweine kamen. Hier kann man sich für den Strand anmelden.

Porto Pollo: Hier gibt`s hohe Wellen und viele Surfer – perfekt für meine Jungs. Und ich mochte die hippe Beachbar Rupi’s sehr.

Cara Sessari: Eine kleine Bucht mit mehreren netten Beachbars, in dem unsere Delfintour startete. Leider in den Sommerferien auch so, so voll.

AUSFLÜGE:

Porto Cervo: Es macht Spaß, an den riesigen Yachten vorbeizuschlendern, die im Hafen liegen. Bei den meisten kann man den Besitzer googeln und ein paar Hintergrundgeschichten lesen. Ist ein bisschen wie durch eine Gala spazieren. Ansonsten fand ich den Ort, den Karim Aga Khan IV Mitte der 60er Jahre ganz bewusst als Urlaubsziel für exklusive Feriengäste erschuf, ein wenig drüber.

Durch die pastellfarbenen Häuserzeilen mit den Edelboutiquen wehte ein Hauch von Künstlichkeit, erinnerte mich alles ein wenig an Disneyland. Ein nettes, einigermaßen bezahlbares Restaurant gibt’s dort, das wussten wir von Freunden (nämlich das hier). Leider hatten wir nicht reserviert. Statt dann in einem der anderen snobbigen Restaurants 30 Euro für eine Margarita auszugeben, fuhren wir lieber in Richtung zuhause – und aßen in einer Trattoria am Straßenrand.

Cala Medusca: Unbedingt wollte ich diese berühmte Bucht sehen, in der unter anderem der neue Disney-Film Mermaid gedreht wurde. Meine Männer machten auf dem steinigen Weg bei knapp 40 Grad allerdings schlapp. Ich wanderte also schweißnass allein weiter – und es stimmt. Die Bucht ist wirklich schön. Allerdings war sogar sie viel zu voll.

Delfintour: Ich hatte unsere Bootstour hier gebucht und das war super nett. Los ging’s gegen Abend am Cala Sessari.


ANREISE:

Knapp 900 Euro hat die Fähre von Livorno bis Olbia für uns sechs und unseren Caddy gekostet. Das hatte uns ein paar Jahre davon abgehalten, nach Sardinien zu fahren. Im Nachhinein finde ich es immer noch teuer, habe aber von vielen von euch gehört, dass Fähren nach Norwegen beispielsweise im Vergleich noch viel teurer sind. Wir fanden spitze, dass wir über Nacht gefahren sind. Dadurch spart man zwei Übernachtungen, verliert keine kostbare Urlaubszeit und die Überfahrt ist rein kleines Abenteuer.

Klappe auf, Klappe zu – und da. Die Anreise ist dank Fähre so schön einfach.

Wir hatten zu sechst eine Kabine mit vier Betten und kleinem Bad gebucht, das hat nicht viel mehr gekostet, und würde ich immer wieder so machen. Ich würde immer ein Picknick einpacken, wir haben auf dem Hinweg auf der Fähre gegessen und die schlappen Pommmes und Pasta muss ich nicht nochmal haben.


UND SONST NOCH?

Die Müllfrage: Ich fand es tragisch, dass überall auf der schönen Insel so viel Müll liegt. Nach drei Wochen dort hatte ich allerdings – ein bisschen – Verständnis. Denn: Das Trennungssystem an den Tonnen war auch für uns schwer nachvollziehbar. Bei vielen Abfällen wusste ich einfach nicht, in welche Tonne sie mussten. Eine volle Windel zum Beispiel? Zur Auswahl standen: Pappe, Glas, Plastik, feuchter Biomüll, trockener Biomüll. Na, wo hinein hättet ihr sie geschmissen? Eine Restmülltonne gibt es weit und breit nicht auf Sardinien. Genauso wenig wie Mülleimer an vielen Stränden, Parkplätzen oder Spielplätzen.

Das Brötchenproblem: Wir waren super enttäuscht von den Bäckern auf Sardinien. Oft gab es keinen, wenn es einen gab, dösten in der Vitrine drei oder vier angetrocknete kleine Küchlein herum. Die knackigsten Brötchen (und Croissants) haben wir schließlich beim Lidl (!) in der Vitrine entdeckt, was ich ziemlich traurig fand. Also wer noch ein Abenteuer sucht: Ich denke eine Bäckerei auf Sardinien hat großes Potential.

Das Fischfeuerwerk: Wir hatten vorher keine Ahnung, dass es rund um Sardinien so viele bunte Fische in Ufernähe gibt. Nehmt also unbedingt einen Schnorchel mit. Gerade im hüfttiefen Wasser rund um die Felsen in den Buchten herrscht kunterbuntes Flossengetümmel. Wunderschön und sehr besonders!

Besser früher oder später dran sein: Ich könnte mir vorstellen, dass Sardinien noch viel schöner ist, wenn man außerhalb der Hauptsaison dort hinreist. Also mit kleinen Kindern – oder mit Schulkindern vielleicht besser in den Herbstferien.

Habt ihr noch Tipps für die Gegend rund um Olbia? Ich freue mich über jeden Tipp!

Alles Liebe,

Claudi