Ich fühle mich in letzter Zeit häufig so alt. Wenn ich in den Spiegel schaue, wenn ich gesiezt werde, wenn die Knie knirschen. Wenn ich zu meinen Kindern Sachen sage, die so 80er klingen. Wenn ich merke, dass außer mir praktisch niemand mehr freiwillig Skinny Jeans trägt. Wenn ich mich so schrecklich erwachsen-abgeklärt zurücklehne und andere den ganzen Spaß haben lasse, für den ich mich irgendwie auch zu alt fühle. Für schaukeln auf dem Spielplatz, zum Beispiel. Oder rutschen im Schwimmbad. Pfff, Kinderkram! Oder…?
Als ich mich kürzlich von den Kindern für einen Besuch im Spaßbad breitschlagen ließ, war ich nicht mal annähernd so happy wie sie. Weil sie vorher nur gestritten hatten, war ich eigentlich schon drauf und dran, alles abzublasen. Aber als wir kurz darauf bei den wilden Wasserrutschen ankamen, war die Stimmung meines Trios kaum zu toppen. Ich setzte mich schicksalsergeben an den Fuß des Turms und sah ihnen dabei zu, wie sie Runde um Runde, johlend, lachend und strahlend aus den Röhren rausgeschossen kamen – und nicht genug bekamen von dem Kick, der die ganze Chose offenbar für sie war.
Ein echter Laune-Booster, dachte ich noch, als mein Großer mich plötzlich entschlossen vom Stuhl zerrte und Richtung Rutsche schob – “Das MUSST du auch mal ausprobieren, Mama!”
Und so fand ich mich mit einem Schwimmreifen so groß wie ein Traktorteil wieder, allein unter Kindern, die sich alle klitschnass und kichernd vor dem schwarzen Loch der Rutschenröhre ballten und es kaum erwarten konnten, sich Hals über Kopf in das gähnende Dunkel zu stürzen. Hoffentlich guckt keiner, schoss es mir durch den Kopf, bevor ich selbst durch die Rutsche des Todes sauste – kreischend, mich an den Reifen klammernd – und mit einem Gefühl im Bauch, das ich schon ziemlich lange nicht mehr hatte.
Diese Art von Übermut, die man eigentlich mit der Kindheit abstreift. Diese übersprudelnde Freude, die im Magen wie Champagner prickelt, dieses noch-mal-noch-mal-Gefühl, das man sich als Erwachsener irgendwie abtrainiert hat. Es fühlte sich grandios an. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich an dem Tag die Rutschen runtergejagt bin – es war ein High, von dem ich nicht genug bekommen konnte. Vergessen war, dass ich eigentlich nur als unbeteiligter Zuschauer danebensitzen, mich nicht nass machen, auf keinen Fall ins piewarme Chlorwasser wollte.
All das über den Haufen zu werfen, um den größten Spaß seit Wochen zu haben, war der schönste Prinzipienbruch seit sehr langer Zeit.
Wenn man sich Jahre jünger fühlen will, sollte man einfach viel häufiger Kinderkram machen. Daran erinnerte ich mich auch kürzlich, als ich einem langweiligen Spielplatznachmittag entgegensah – der Herzenswunsch meines Jüngsten. Während er wie ein Äffchen den Kletterturm rauf- und runterkraxelte, nahm ich die Schaukel ins Visier. Nicht so eine alberne Babyschaukel, sondern eine stabile Holzteil, mit dem man bis hinauf in den Himmel steigen kann. So wie ich es früher als Kind bei uns im Garten immer getan habe.
Ich überlegte nur kurz, dann schwang ich mich auf das Holzbrett und hinauf zu den Wolken. Es war ein Gefühl wie Fliegen, das stetige Hinauf und Hinab zwischen Himmel und Erde, Gedanken, die man ziehen lässt, um sich ganz diesem Moment hinzugeben. Um dann den richtigen Augenblick abzupassen, in dem man auf dem höchsten Punkt des Himmelsblaus abspringt – und mehr oder minder elegant im Sand landet. “Mama, was machst du denn da…?”, fragt der Sechsjährige erstaunt. “Ich habe Spaß”, antwortete ich.
Warum ich diesen Kinderkram gerade jetzt wieder entdecke? Vielleicht, weil man in der Mitte des Lebens über die meisten vermeintlichen Peinlichkeiten hinaus ist.
Weil es einen nicht mehr so sehr kümmert, wie es aussieht, wenn die Fast-50-Mama auf der Schaukel lauter als ihr Kind juchzt. Weil es eine gute Gelegenheit ist, ein wenig Leichtigkeit ins Leben zu bringen, das an anderen Stellen häufig schwer und zäh ist. Weil es einen an sein früheres Ich erinnert, das längst vergessen schien.
Ja, vielleicht beginnt genau damit eine gewisse Schrulligkeit des Alters. Aber seit ich vergangenen Winter das erste Mal seit Jahrzehnten wieder auf einem Schlitten saß und den Deich runtergesaust bin, frage ich mich schon immer wieder: Warum sollte man sich das als Erwachsener entgehen lassen? Warum sollte ich nicht ausgelassen Trampolin springen (okay, vom strapazierten Beckenboden einmal abgesehen)? Es gibt darauf keine schlüssige Antwort. Insofern: Einfach machen!
Das Einzige, was ich übrigens nicht reaktivieren kann, ist Karussell fahren. Als ich vor einiger Zeit auf dem Hamburger Dom im Kettenkarussell saß, war ich noch eine halbe Stunde später grün im Gesicht. Dafür bin ich offenbar jetzt doch zu alt. Aber Autoscooter ging noch super…!
Macht ihr mitunter auch bewusst Kinderkram, um eure Laune zu pimpen? Freu mich über Tipps!
Foto: Shutterstock
Alles Liebe, habt Spaß im Leben,
Hallo Katia,
ich liebe es zu rutschen. Es macht einfach soooo viel Spaß. Bei allem anderen wird mir leider auch schlecht. Aber für Spaßbäder bin ich immer zu haben.
Liebe Grüße aus Bayern
Doro
Hej liebe Doro, wie schön, eine Mitrutscherin 😉 Schockt! Viel Spaß beim Bauchkribbeln, alles Liebe, Katia
Ich habe Achterbahn fahren für mich entdeckt. Hab ich mich früher nie getraut. Und dieses Jahr meinen Kindern zuliebe getan. Und was soll ich sagen? Es war sooo toll. Wollte gleich 3x hintereinander rein 😀
Ich liebe auch diese Seilbahnen auf Spielplätzen 😀
Hej liebe Janna, mega! Die Kids wollen mich eh auf den Winterdom schleppen – das MUSS ich einfach mal wieder ausprobieren. Viel Spaß weiterhin, alles Liebe, Katia
Oh ja! Ich liebe Schaukeln! Wenn mein Kleiner zu cool dafür wird, brauche ich dringend ein neues Alibi-Kind! Und weil ich ein sehr ängstliches Kind habe, mache ich auch immer wieder viele Sachen, die ich eigentlich nicht mehr brauche, um zu zeigen, wie toll das ist und das man keine Angst vor Höhen, Abfahrten und Co. haben muss und bin dann auch immer ganz stolz, dass ich mich überwunden habe :).
Hej liebe Michaela, Alibi-Kind – das feier ich! 🙂 Und wie cool, dass du den Vorturner für dein Kind machst – meine brauchen mich nicht dafür, das regeln die alles selbst. Ich darf es einfach zum Spaß machen – herrlich! Alles Liebe, Katia
Hallo Katja,
Ich war Gestern zusammen mit meiner 15jährigen Tochter am Benson Boon Konzert in Zürich. Oh, war das toll !Als er auf die Bühne kam, hab ich mit all den jungen Frauen mitgekreischt. Ich (48 j )fühlte mich richtig wohl und jung zwischen all den Teenys und jungen Groupies.
Vor einpaar Wochen hab ich es gewagt mit dem Fahrrad einen steilen Abhang runter zu rasen ohne zu bremsen…..das war weniger gut, ich hatte einen Sturtz, aber zum Glück hab ich mich nicht schwer verletzt. Und ich habs auch nicht bereut, das gemacht zu haben. Schon lange hab ich mich nicht mehr so lebendig gefühlt.
Seit einpaar Monaten habe ich das Bedürfnis wieder viel mehr zu unternehmen, was ich auch mache ! Und fühle mich dementsprechend auch viel jünger.
Liebe Grüsse aus der Schweiz
Christina
Hej liebe Christina, ja, ich habe wirklich das Gefühl, es liegt an diesem umwälzenden Alter, dass sich viele Dinge noch mal verändern – auch die Lust auf Unvernunft 😉 Und ausgelassen sein. Das Konzert klingt ganz herrlich! Das will ich auch dringend mal mit den großen Kids machen! Alles Liebe, Katia
Auf jeden Fall!
Hast Du mal die “Affen-Seilbahn” auf dem Spielplatz probiert? Großartig!
Und Schaukeln liebe ich, auch wenn ich feststellen muss, dass ich dabei ab und zu auch meinen Magen schon spüre (deshalb auch keine Achterbahnen und Karussells mehr).
Im Urlaub waren wir in einem wunderschönen kleinen Hotel auf den Azoren und die hatten im Frühstücksraum vorm Kamin eine Schaukel mit Blick aufs Meer – das wär’s! Den Meerblick haben wir nicht, aber immerhin einen Kamin und ich denke, dass es eigentlich doch total egal ist, dass das Kind inzwischen zu alt dafür ist und die Ausreden nicht mehr zählt… ich hätte gerne eine Schaukel im Wohnzimmer!
Vielleicht gerade deshalb, weil der Alltagswahnsinn mit all seinen Herausforderungen gerade jeden Tag über mir zusammenbricht – da ist ein bisschen Leichtigkeit und das “noch mal, noch mal” Gefühl dringend angesagt!
Hej liebe Susanne, oh ja – eine Schaukel im Haus hatte ich zuletzt als Kind – und habe es geliebt. Geile Idee. Wär vielleicht was für unser Schlafzimmer, das hat ordentlich hohe Decken und Platz. Herrlich, danke dir! Alles Liebe und ganz viel Spaß, Katia
Hallo, da bin ich ja froh, dass ich nicht die einzige Mama bin, die Wasserrutschen, Wellenbäder und Spielplätze liebt. Vor allem diese Matten, mit denen man seine Kinder, wenn man den richtigen Takt findet, meterhoch katapultieren kann, mag ich an Spielplätzen sehr. Endgegner sind allerdings so Kletterparkous auf Abenteuerspielplätzen, irgendwie finde ich so ungesichert 1,5 m hoch und meine Knie zittern! Lustig ist, wenn ich mit meiner 11 jährigen und meinem 13 jährigen mal über den Spielplatz tobe oder durchs Schwimmbad flitze, schließen sich immer wieder fremde Kinder an, deren Eltern nur gelangweilt am Rand sitzen…
Hej liebe Kathrin, klingt, als wärst du Kinderkram-Spaßexpertin! 🙂 Gefällt mir, sehe sogar. Ich fange gerade erst wieder an – und habe vor, dabeizubleiben. Rumsitzen und andere den ganzen Spaß haben lassen, ist doch doof. Alles Liebe, Katia
Liebe Katia, auch Ü-70 Omas haben Spaß beim Schaukeln mit den Enkeln und fahren Schlitten am Deich, wenn denn mal Schnee liegt. Deine Kinder können es Dir bestätigen. Wenn es Spaß bringt und man fit ist, ist doch das Alter total egal. Liebe Grüße von Föhr
Hej liebe Enken, Omas sind sowieso die coolsten! 🙂 Ja, fit und fröhlich ist eine fantastische Kombi, um sich sehr lebendig zu fühlen. Bleib dabei! Alles Liebe zurück aus Hamburg, Katia
Ich liebe es auch, zu schaukeln und zu rutschen. Leider sind die meisten Schaukeln und Rutschen nicht gemacht für meinen etwas breiteren Mama-Po, so dass ich oft nur sehnsüchtig zuschauen kann. Wenn es doch eine breite Schaukel gibt, gibt es keinen Halt mehr für mich. Ich liebe dieses kribbelige Gefühl von Freiheit.
Die Seilbahnen auf Spielplätzen mag ich auch richtig gern. Leider sind sie oft auch so niedrig, dass es schwierig ist als Mama.
Danke für diesen tollen Artikel, der Mut macht, diese Freuden zu genießen, zusammen mit den Kindern – oder sogar mal ganz alleine in Ruhe….
Hej liebe Barbara, das klingt herrlich – kribbeliges Gefühl von Freiheit trifft es ziemlich gut! 🙂 Alles Liebe, Katia
Hej Katia,
verrätst du in welchem Schwimmbad ihr ward? Die Reifenrutsche klingt grandios!
Hab noch einen gemütlichen Novembertag 📖
Schneegrüße von der anderen Elbseite
Svea
Hej Svea, das war im Wonnemar in Wismar. 😊 Alles Liebe, Katia