Auch auf die Gefahr hin, dass ich hiermit direkt wieder einen Shitstorm ernte: Den Spielbesuch meiner Kinder wähle ich mittlerweile auch danach aus, ob ich die betreffenden Freunde mag. Jaja, ich weiß, es sind die Freunde meiner Kinder, es ist ihre Wahl, ich muss ja nicht mit ihnen spielen. Schon klar, aber ich muss sie ja mitversorgen, betreuen, sie trösten, bespaßen, kurz: sie aushalten – zumal, wenn die Kinder noch relativ klein sind. Und dann macht es für mich einen himmelweiten Unterschied, ob ich die Kinder wirklich mag – oder sie einfach nur, sorry, ätzend finde…

Schließlich hat man ja auch schon mit Kindern eine Chemie. Und die funzt – oder eben nicht. Es gibt Kinder, die würde ich ohne zu zögern adoptieren, weil sie so gut zu meinen Kindern, zu uns als Familie passen. Und es gibt solche, die am liebsten nie wieder einen Fuß über meine Schwelle setzen sollen. Weil sie einfach nervig sind, unhöflich, vorlaut. Weil sie meine Kinder in mir fremde Wesen verwandeln, die für die Dauer des Spielbesuchs einer Gehirnwäsche unterzogen scheinen. Klar weiß ich, dass das Kind nicht unbedingt der Alleinverursacher für sein Verhalten ist. Aber dessen Eltern habe ich ja nicht bei mir zu Gast…

Wenn es wirklich die große Liebe zwischen den Kids ist, versuche ich die Verabredungen auf die andere Familie umzulenken.

Dann muss ich mich wenigstens nicht die ganze Zeit darüber ärgern, dass das Besuchskind “Bitte” und “Danke” offenbar für Fremdwörter hält, mich und meine Aufforderungen geflissentlich ignoriert und obendrein den halben Kühlschrank leerfuttert – und vornehmlich Mamas Lieblingsprodukte. Natürlich kann ich nur hoffen, dass sich mein Kind auswärts besser benimmt als sein Freund. Wobei: Ich habe hier schon einmal über garstige Gören, nämlich meine eigenen, geschrieben – die woanders ziemlich Zucker sind…

Ich erinnere mich noch gut an meine Teen-Zeit, als meine Mutter sich eines Abends vor mir aufbaute und sagte: “Wenn ich deinen Freund A. noch einmal in meiner Küche antreffe und er es nicht mal für nötig hält, mir Hallo zu sagen, dann setzt der hier keinen Fuß mehr rein!” Damals war ich tödlich beleidigt, schließlich pflegten meine Eltern eigentlich eine Kultur des offenen Hauses. Mittlerweile kann ich sie so verdammt gut verstehen:

Wenn man sich in seinem eigenen Zuhause nicht mehr wohlfühlt, weil es von kleinen oder größeren Unsympathen bevölkert wird – dann hört der Spaß wirklich auf!

Weil: Kleine Quälgeister für die Dauer eines Nachmittags zu beherbergen ist das eine. Aber wenn meine Kinder auch nur ansatzweise nach mir kommen, laden sie spätestens ab Pubertätsbeginn ganze Horden von Freunden ein, die sich im Zweifel SEHR heimisch bei uns fühlen. Ich kann nur hoffen, dass sie überwiegend mit netten Teens abhängen. Also solchen, die ich auch nett finde.

Meine Eltern haben damals aus der Not eine Tugend gemacht: Weil mein Zimmer so was wie das inoffizielle Jugendzentrum unserer Kleinstadt war und tagtäglich gut besucht, haben sie ihr Esszimmer für generationsübergreifende Verständigung geöffnet – und nicht selten saßen meine Freunde, meine Eltern und ich bis spät bei einer Flasche Wein zusammen. Allerdings nur mit den Freunden, die auch meine Eltern mochten.

Natürlich sage ich meinen Kindern nicht, wenn ich einen ihrer Freunde nicht leiden kann.

Muss ich vermutlich auch gar nicht – bestimmte Schwingungen spüren sie vermutlich auch so. Dass mein Lächeln ein wenig gequält, dass meine Stimme eine Spur schriller ist. Dass meine Bereitschaft, im Viertelstundentakt Marmeladenbrote zu schmieren, deutlich abnimmt. Ich verhindere solchen Spielbesuch nicht mit allen Mitteln, wenn es denn ein Herzenswunsch ist. Aber ich forciere diese Beziehungen auch nicht. Und hoffe insgeheim darauf, dass es sich einfach um Phasenfreunde handelt, die ebenso schnell wieder verschwinden, wie sie mal gekommen sind.

Wer meine Haltung merkwürdig findet: Ich habe drei Kinder, die ähnlich freigiebig mit Freundschaften sind, wie ich selbst es war und immer noch bin. Sprich: Wir haben fast jeden Nachmittag zwischen vier bis sechs Kinder in Haus und Garten rumrennen. Das ist eh schon immer ziemlich wuselig und weit entfernt von einem entspannten Nachmittag, wie ich ihn mir vorstellen würde. Wenn es sich dann noch um Kinder handelt, die mir gehörig auf den Zeiger gehen, weil sie Streit machen, nicht mitmachen, Blödsinn machen – dann ist meine Grenze ziemlich schnell strapaziert.

Wenn wir Spielbesuch haben, dann bitte solchen, der unseren Nachmittag entspannt und nicht noch stressiger macht als eh schon.

Da bin ich ganz klar egoistisch. Schließlich bin ich diejenige, die am Ende alles abpuffern muss – zwischenkindliche Dramen, Tobe-Verletzungen, Zerstörungen an Haus und in den Beeten. Das nehme ich nur dann gern auf mich, wenn ich die Kinder wirklich ins Herz geschlossen habe.

Manchmal werde ich aber auch positiv überrascht: Nach einer längeren Spielpause eines von mir als Blage verbuchten Kindes, trafen sich meines und das andere wieder bei uns – und plötzlich war es ganz anders. Kein Streit, kein Nerv, kein dem-Gör-geig-ich-jetzt mal-die-Meinung-Impuls von mir. Vielleicht muss man einfach immer die nächste Entwicklungsstufe abwarten.

Mit A. und mir und meiner Mutter wurde es übrigens damals nichts mehr. Kein Wunder: Der Typ war ein verzogener, egoistischer, blasierter, kleiner Mistkerl. Denke ich heute in der Rückschau. Sorry, Mama! Aber es gibt offenbar so was wie ausgleichende Gerechtigkeit…

Ganz ehrlich: Findet ihr Freunde eurer Kids auch manchmal dämlich…?

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Alles Liebe,

Katia