“Mama, wo ist Omas Himmel jetzt eigentlich genau…?”, fragte meine Tochter plötzlich nach dem Abendbrot. Ich war ein wenig überrumpelt, schließlich lebt meine Mutter schon seit knapp zehn Jahren nicht mehr – und ist lange vor der Geburt meiner Mittleren gestorben. Aber natürlich war ich auch überrumpelt, wie einen das Thema Tod immer überrumpelt, weil wir es am liebsten weit von uns schieben. Weil wir uns und unsere Kinder davor schützen wollen. Nur: Am Ende tun wir niemandem einen Gefallen, wenn wir das Thema totschweigen…

Ein Tisch mit Dia de los Muertos Deko

Kinder brauchen Wahrheit und Sicherheit, habe ich mal irgendwo gelesen. Sie wollen die Welt, wollen das Leben verstehen – und dazu gehört eben auch dessen Ende. Und es ist Aufgabe von uns Eltern, ihnen ehrlich davon zu erzählen, ohne Ängste zu schüren.

Fakt ist: Wir müssen mit unseren Kindern über den Tod sprechen, ihn erklären, damit sie ihn verstehen.

Meine Tochter reagiert allerdings sehr sensibel auf das Thema. Ich erklärte ihr an dem Abend, dass ich mir vorstelle, dass Oma als eine Art Schutzengel auf uns achtgibt. Ich finde den Himmel zwar ein schönes Bild, hänge aber als Atheistin keinem Glauben daran an. Und finde es daher auch schwer zu vermitteln, dass es nach dem Tod einen Ort gibt, an dem wir es uns so richtig gut gehen lassen.

Was ich aber glaube: Dass die Toten einen Platz in unserem Herzen haben, in unseren Erzählungen – und so ein Teil von ihnen, vielleicht ihrer Seele, bei uns bleibt. Und so habe ich das auch meiner Mittleren erklärt. Die dennoch kurz darauf in sturzbachartige Tränen ausbrach, weil sie den Gedanken an den Tod und ein unwiderrufliches Ende einfach so schrecklich findet. Ich kann es ihr nicht verdenken.

Oft gehen Kinder aber viel unbefangener mit den Themen Tod und Trauer um als wir Erwachsenen.

Meine Tochter ist allerdings generell für starke Gefühle gut (hier habe ich schon mal über die großen Gefühle kleiner Kinder geschrieben) – und kann sich schwer davon abgrenzen. So auch beim Thema Tod: Als unsere Nachbarskatze überfahren wurde, war sie völlig außer sich, der Gedanke an ihre verstorbene Oma bringt sie regelmäßig zum Weinen – wie ganz generell der Gedanke an die Endlichkeit des Lebens, ganz gleich von wem.

Und doch: Es ist wichtig, immer wieder mit ihr darüber zu sprechen. Es nicht nebulös zum Tabu-Thema zu machen. Es gibt da dieses Lied, “Sterben” von MINCK. Im Refrain heißt es: “Sterben muss ein jeder, der eine früh, der andere spät. Ich hoff’, dass sich die Welt für mich noch lange, lange weiterdreht. Alles, was jetzt da ist, muss irgendwann mal fort, damit es nicht zu voll wird an diesem wunder-, wunderschönen Ort.” Manchmal hören wir uns das gemeinsam an und reden darüber. Dass ihr Leben doch gerade erst anfängt. Dass auch Papa und Mama bestimmt noch ganz lange für sie da sind.

Aber wir reden auch darüber, dass niemand weiß, wann genau wir sterben.

Dass wir nur dieses eine Leben haben – das wir deswegen so doll leben, genießen, feiern sollten, wie wir können. So wie es ihre Oma gemacht hat, die lange krank war und dennoch am Ende ihres Lebens fand, sie hätte ein gutes gehabt. Weil darin so viele schöne Dinge passiert sind. Und dann überlegen meine Tochter und ich gemeinsam, was an unserem Leben eigentlich gut ist – und wenden uns wieder dem Hier und Jetzt zu und nicht dem Ende in ferner Zukunft.

Ich weiß noch, dass ich auf der Beerdigung meiner Mutter meinen damals eineinhalbjährigen Sohn in der Obhut der Großeltern gelassen habe, weil ich nicht wollte, dass er mich weinen sieht. Ich hatte Angst, das würde ihn zu sehr verunsichern. Dabei meinen Trauer-Experten: Das können Kinder besser verstehen als Erwachsene – man sollte es ihnen nur erklären. Ich war damals dennoch froh, mich nur auf meine eigenen Gefühle konzentrieren zu können.

Auch beim Tod des eigenen Haustieres sollten Eltern die Kinder mit einbeziehen.

Als unsere erste Familienkatze unter die Räder kam, rieten uns die Kita-Erziehrinnen mit Nachdruck, sie gemeinsam zu beerdigen. Sie noch einmal anzuschauen, sie anzufassen, um zu begreifen: Sie ist nicht mehr da. Die Kinder haben ihr kleine Geschenke mit ins Grab gelegt, einen Blumenstrauß, ich war total erstaunt, wie gut sie das verkraftet haben. Und doch wollte mein Sohn sie Stunden später wieder ausgraben, weil er unbedingt mit ihr kuscheln wollte…

Klar, gerade in akuten Situationen kann das Thema herzzerreißend sein. Und natürlich konfrontiert es einen immer wieder mit eigenen (Berührungs-)Ängsten – ich bin auch nicht tiefenentspannt, wenn ich mir vorstelle, irgendwann nicht mehr Teil dieses Lebens zu sein.

Umso wichtiger ist es, im Alltag und beiläufig dafür eine Sprache zu finden. Obwohl meine Tochter eigentlich Bücher und Filme meidet, die den Tod thematisieren – für den fantastischen Pixar-Film “Coco” macht sie eine Ausnahme: Er spielt am mexikanischen Día de los Muertos und schafft es, wunderbar bunt und lebensbejahend den Tod ins Leben zu bringen. Wir haben ihn bestimmt schon mindestens fünf Mal geschaut.

Es gibt auch viele gute Bücher, die Kindern den Tod verständlich machen:

  • “Die besten Beerdigungen der Welt”: Ich mag vor allem den Humor und die tollen Zeichnungen in Ulf Nilssons und Eva Erikssons Buch, in dem drei Kinder eine Beerdigungs-AG gründen, um allen toten Tieren die beste Beerdigung der Welt zu verschaffen.
  • “Leb wohl, lieber Dachs”: Das Buch spricht auch schon kleine Kinder ab vier, fünf Jahren an – ich kenne es aus der Kita meiner Kinder.
  • Eine ganze Liste mit Büchern über den Tod und Streben hat die Zeitschrift Eltern hier schon einmal zusammengestellt.

Und hier habe ich auch schon mal über das Thema geschrieben.

Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Fällt es euch leicht, mit den Kindern darüber zu sprechen?

Foto: Shutterstock

Alles Liebe,

Katia